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Die Deutschen

Die Deutschen

Titel: Die Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Müller
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für den anderen Tag bestimmte Brot aufgegessen, am nächsten Morgen aber kein neues Brot bekommen, sie waren deshalb nicht zum Dienst angetreten. Nach dem energischen Eingreifen des Ersten Offiziers, dem sie geantwortet haben, sie hätten Hunger, sind sie aber sofort an Deck erschienen.
    Etwas später, etwa Mitte Juli, sind auf dem Schiff ›Posen‹ die Backschaften geschlossen zum Oberingenieur gekommen und haben ihm erklärt, sie wollten keine Mairüben haben, weil die Leute sie doch nicht essen wollten: die Rüben waren tags zuvor schlecht geworden. Der Oberingenieur hatte nach seiner eigenen Aussage bei den Akten die Heizer angefahren: ›Ihr verfluchten Schweinehunde, ihr sollt froh sein, daß ihr überhaupt noch was zu fressen bekommt! Eure Kameraden in Flandern haben ganz andere Gefahren auszustehen und beklagen sich nicht!‹ … Auf der Prinzregent Luitpold‹ hat ein zweiter Hungerstreik am 19. Juli stattgefunden. Die Backschaften holten das Essen nicht ab und erklärten, sie äßen keine Steckrüben. Als es dann Dörrkohl gab, haben sie gegessen …

Am Nachmittag des 20. Juli fand der Ausmarsch von der ›Pillau‹ statt, das heißt, es entfernten sich ohne Erlaubnis vom Schiff ›Pillau‹, das in der Werft lag, etwa 140 Mann und kehrten erst bei Beendigung der Dienststunden zurück. Urlaubsverweigerung war der Grund dieses Ausmarsches.
    Am 1. und 2. August kam es dann auf der Prinzregent Luitpold‹ zu dem ›großen Ausmarsch‹, das heißt zu den Vorgängen, die den Anlaß boten, eine feldkriegsgerichtliche Untersuchung einzuleiten, in deren Verlauf die bisher genannten Vorfälle auf den einzelnen Schiffen mit zur Sprache kamen und schließlich die Todes- und Zuchthausstrafen gefällt wurden.
    In der 3. Heizerwache der ›Prinzregent Luitpold‹ herrschte besondere Unzufriedenheit, weil den Heizern des öfteren Freiwache und Kinobesuch durch militärischen Dienst entzogen wurden. Am Morgen des 1. August war das wieder der Fall. Deshalb entfernten sich früh um 9 Uhr 49 Mann heimlich vom Schiff, lagerten bis 11 Uhr am Deich und kamen dann zurück. Von den 49 Ausflüglern wurden 11 mit Arrest bestraft. Über das Herausgreifen einzelner zur Bestrafung entstand lebhafter Unwille auf dem ganzen Schiff; man hatte erwartet, daß alle oder keiner bestraft würden. Als Demonstration gegen die Bestrafung ihrer Kameraden verließen am 2. August früh 7 Uhr etwa 400 Mann der Besatzung das in der Werft liegende Schiff und zogen nach Rüstersiel in eine Wirtschaft, wurden aber nach einigen Stunden ohne Anwendung von Gewalt zurückgeholt.
    Vierzehn Tage später, am 16. August mittags, sollte die Mannschaft des Schiffes ›Westfalen‹ zum Kohleneinnehmen antreten. Von der iv . Division traten aber 30 bis 40 Leute nicht an mit der Begründung, sie hätten keine Kohlenzulage zum Essen bekommen. Daraufhin wurde dem Kommandanten der ›Westfalen‹ ein Memorandum folgenden Inhalts auf den Tisch gelegt:
    ›Auf Grund der letzten Ereignisse an Bord s.m.s. ›Westfalen‹ sind eine Anzahl braver und tüchtiger Kameraden plötzlich in Haft genommen worden, nach unserer Ansicht vollkommen schuldlos. Wir fragen deshalb nachdrücklichst an:
    1. Aus welchen Gründen werden diese Leute festgehalten?
    2. Wie lange gedenkt man, diese Leute noch festzuhalten?
    3. Was wird mit diesen Leuten geschehen, welche übereilt festgenommen und somit unschuldig ihrer Freiheit beraubt wordensind?
    Von der genauen Beantwortung dieser Fragen wird es abhängen, welche Gegenmaßnahmen unsererseits getroffen werden müssen, um unsere Kameraden vor derartigen Übergriffen zu schützen. Wir bitten um Antwort innerhalb 24 Stunden in Form einer Aussprache. … Sollte unsere Hoffnung auf Beantwortung unserer Fragen sich nicht bestätigen, machen wir darauf aufmerksam, daß wir mächtig genug sind, unseren Willen zu erzwingen, wenn es sein muß, mit Gewalt …‹«
    So hatte man noch nie mit den Kommandeuren Seiner Majestät gesprochen.
    Nach diesen Vorgängen werden mit allen Mitteln der Bespitzelung und der Provokation die Organisatoren des Aufstandes festgestellt. Eine große Verhaftungsaktion wird eingeleitet. Die Matrosen werden auf ihre »politische Zuverlässigkeit« überprüft und als Hochverräter behandelt, wenn es sich herausstellt, daß sie Mitglieder oder auch nur Gesinnungsgenossen der linken Sozialdemokratie sind. uspd -Führer lassen die Matrosen, die ihnen vertraut hatten, in diesem kritischen Augenblick im Stich: Sie wollen nichts

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