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Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Titel: Die Diagnose: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gapper
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kostete ihn sichtlich Mühe.
    »Und?«, fragte ich, als er einstieg.
    »Besorgen wir uns einen Kaffee«, sagte er und warf den Motor an.
    Am Kreisverkehr in der Nähe des Gefängnisses war ein McDonald’s, dessen gelbes M an einem Pfosten über dem chaletartigen Schuppen befestigt war, und Joe bog schweigend auf den Parkplatz. Was auch immer er zu sagen hatte, er würde den Schlag nicht dadurch abfangen, dass er mich schick ausführte. Wir stellten uns für zwei labbrige, schaumige Cappuccinos an und gingen damit in eine leere Sitznische, wo Joe energisch den Inhalt seines Styroporbechers umrührte, als hoffte er, in ihren Tiefen irgendwo auf Aroma zu stoßen. Ich malte mir aus, wie die Inhaftierten über den Highway auf diesen Laden glotzten und sich nach einem Big Mac sehnten.
    Als Joe das Wort ergriff, war er ernster, als ich ihn je erlebt hatte. Die Unterredung mit Baer hatte seine meist gute Laune merklich gedämpft.
    »Es tut mir leid, was da drin passiert ist«, sagte er. »Es klang, als wäre es nicht lustig gewesen. Der Typ ist ganz schön hart. Ich bin froh, dass ich nicht öfter hier draußen zu tun habe. Im Vergleich zu Suffolk County ist New York City der reinste Spielplatz.«
    »So ist es mir im Zeugenstand auch vorgekommen«, sagte ich.
    »Ich will ehrlich sein, die Geschichte mit der Gulfstream gefiel mir schon nicht, als Sie mir davon erzählt haben. So was kommt bei einer Jury nicht gut an, obwohl Sie nur Ihr Bestes getan haben, um dem Typ zu helfen. Was mir Sorgen bereitet, ist, dass Baer vieles weiß, was er für unseren Geschmack nicht wissen sollte. Es klingt, als hätte er noch mehr im Ärmel. Jemand hat mit seinen Detectives gesprochen. Normalerweise würde ich auf die Verteidigung tippen, doch das ergibt keinen Sinn. Die wollen schließlich nicht, dass es so aussieht, als hätte Shapiro geplant, Greene zu erschießen.«
    Joe rührte noch ein paarmal in seinem Becher – er hatte ihn noch nicht an die Lippen gehoben – und betrachtete mich eindringlich.
    »Was meinen Sie, wer hat geplaudert?«
    »Ich weiß nicht.«
    Er sagte nichts, doch als er schließlich einen Schluck aus seinem Becher nahm, hielt er den Blick weiter unverwandt auf mich gerichtet. Er machte sich nicht die Mühe, seine Ungläubigkeit zu verbergen. Unter diesem südlichen Charme, dem fröhlichen Geplauder, ging mir in diesem Augenblick auf, steckte ein Anwalt, der es gewohnt war, Lügen aufzuspüren, und dessen Geduld mit meinen Halbwahrheiten erschöpft war.
    »Ich verrate Ihnen jetzt etwas, was Roger gesagt hat, als er mich das erste Mal nach Ihnen fragte«, sagte er. »Er sagte: ›Mein Sohn ist ein sehr kluger junger Mann, aber er hat Geheimnisse. Man weiß nie genau, was er denkt. Vielleicht ist er deswegen so gut in seinem Job.‹ Ich muss sagen, Ben, ich glaube, er kennt Sie sehr gut. Es gibt so einiges, was Sie während der ganzen Affäre für sich behalten haben. Bis jetzt war das okay. Sie hatten vermutlich Ihre Gründe. Aber vielleicht ist Ihnen noch nicht klar, wie ernst die Sache inzwischen ist.«
    »Doch. Ich hab’s da drin gerade herausgefunden«, sagte ich, ohne auf seinen Hauptvorwurf einzugehen.
    »Ich frage Sie also noch einmal: Was meinen Sie, wer hat geplaudert?«
    Ich schaute aus dem Fenster. In der Ferne lagen das Gefängnis und der Wald, der ein paar Meilen südlich in Niederungen und Dünen überging. Den Siedlern von Long Island war es nicht gelungen, die salzigen Lande am Meer zu kultivieren, und sie hatten ihre besten Grundstücke an denjenigen verkauft, der sie haben wollte. Ich dachte daran, wie Anna mir bei meinem letzten Besuch den Rücken gekehrt hatte und an diesem Strand davongegangen war. Ich hatte alles getan, worum sie mich gebeten hatte, doch jetzt würde ich ihr nicht mehr die Treue halten. Die Platzwunde an meiner Stirn war so gut wie verheilt, die blauen Flecken fast ganz verblasst, und ich berührte sie, als ich sprach.
    »Das hier«, sagte ich. »Ich bin nicht zufällig überfallen worden. Jemand ist mir in den Park gefolgt und hat mich angegriffen. Er hat auch meine Wohnung durchwühlt.«
    »Fahren Sie fort«, sagte Joe leise.
    »Ich war an dem Abend mit einer Frau aus. Sie heißt Anna Amundsen. Ich habe sie …« Ich unterbrach mich ein paar Sekunden, bevor ich fortfuhr. Es fühlte sich noch schrecklicher an, als ich es laut aussprach. »Ich habe sie kennengelernt, als ich bei Harry in East Hampton war. Sie ist seine Haushälterin.«
    »Mist«, sagte Joe. Er war völlig

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