Die Diener Der Eosi
Hassan hat deutlich gemacht, daß die Frauen im gleichen physischen Zustand zurückkehren müssen, in dem sie hergebracht wurden. Er ließ außerdem durchblicken, daß Häuptling Matern bereits eines der moderneren Stammesoberhäupter ist.«
Kris atmete zischend aus.
»Aber beruhigen Sie sie nur nicht«, warnte Leon. »Es tut ihr ganz gut, wenn sie Angst hat. Dorothy und ich haben uns darüber unterhalten, daß ein Aversionszustand wie Angst dazu benutzt werden könnte, bestimmte erwünschte Reaktionen hervorzurufen wie zum Beispiel die Bereitschaft zu kooperativerem Verhalten. Wenn es tatsächlich etwas gibt, wodurch das hartgesottene Biest eingeschüchtert wird, dann sollten wir es ruhig erhalten, oder?«
»Stimmt.«
Leon gab den Jungen eine dritte Injektion. Er zählte Tabletten ab und füllte sie in ein Glas für Parmitoro, damit er sie während der nächsten zehn Tage den Jungen gab. Dann verabschiedeten die beiden Mediziner sich förmlich voneinander.
Die drei Besucher begaben sich zum Schlafen ins Scout-Schiff, und die Botany-Nacht war noch nicht einmal zur Hälfte vorüber, als die Jungen sich zu erholen begannen. Am Morgen, als Leon nach seinen jungen Patienten schaute, hörte Kris ein merkwürdiges Geräusch. Es war zwar sehr leise, aber eindeutig fremd.
Sie gab Zainal ein Zeichen und deutete auf den Laufgang. Zwei Mädchen aus dem Diplomatischen Corps, Floss war eine von ihnen, versuchten sich in das Frachtabteil zu zwängen. Es war das Öffnen der Schiebetür, das Kris geweckt hatte. Zainal hatte sich Floss geschnappt und Kris das andere, jüngere, Mädchen, als vier Massai-Frauen erschienen.
»Wenn du dich anständig benimmst«, sagte Kris ernst, während die vier Massai-Frauen das Kommando über die verhinderten blinden Passagiere übernahmen, »wird sich niemand an dir vergreifen. Aber wenn du weiterhin so störrisch bist, nun …« Kris hob die Hände, um anzudeuten, daß sie auf die weitere Entwicklung keinen Einfluß mehr hätte.
Floss wurde unter der Sonnenbräune, die sie mittlerweile erworben hatte, totenblaß. Dann raffte sie sich auf, um heftig zu widersprechen, aber sie wurde von der führenden Massai-Frau derart heftig gekniffen, daß das Schimpfwort, das sie Kris entgegenschleudern wollte, in einem Schmerzensschrei unterging. Zainal zog Kris mit sich ins Schiff. »Sie mag dich nicht, oder?«
»Ich kann es ihr nicht übelnehmen, aber sie hat es sich selbst zuzuschreiben. Wer nicht hören will, muß fühlen.« Sie deutete auf Floss, die einen großen Korb auf dem Kopf balancierte und zwischen zwei großen Massai-Frauen eingeklemmt war. Sie bewegten sich mit einer Eleganz und Grazie, die Floss noch erlernen mußte. Das Mädchen schluchzte leise vor sich hin. Die führende Frau hatte ihren Arm energisch ergriffen.
Kris gefiel der von den Massai praktizierte Sexismus überhaupt nicht, aber wenn Floss dadurch Disziplin beigebracht wurde, kehrte sie vielleicht als nützliche Siedlerin nach Retreat zurück.
Die Einzelheiten dieses medizinischen Vorfalls wurden umgehend Ray Scott mitgeteilt, und die anderen Catteni versammelten sich. Nachdem Zainal sich dazu äußerte, was er mit dem olkiloriti zu erreichen versuchen wollte, schüttelten Nitin und Kasturi sofort den Kopf.
»Eosi sind sich sehr wohl bewußt, daß sogar die Emassi in ihrer nächsten Umgebung eine Gelegenheit ergreifen würden, sie zu vergiften. Alles, was sie zu sich nehmen, wird zuerst von einem Catteni getestet«, meinte Ninety düster.
»Vielleicht wirkt das Zeug auch nur bei jungen Organismen, die noch keine Abwehrstoffe gegen gefährliche Substanzen produziert haben«, sagte Kamiton.
»Wollen Sie nicht mal versuchen?« sagte Leon und holte ein Röhrchen hervor, das eine kleine Menge von zermahlenem olkiloriti enthielt. Der Australier hatte einen seltsamen Humor.
Zainal streckte die Hand aus, aber Kamiton griff zuerst zu. Er zog den Korken heraus und roch daran.
»Sehen Sie? Es ist nicht gefährlich …« Seine gelben Augen begannen zu flackern, und er verfiel in krampfhafte Zuckungen und er rutschte vom Stuhl, auf dem er saß, hinunter.
Leon wurde aktiv. Glücklicherweise hatte er seinen Arztkoffer bei sich. Halblaut vor sich hin murmelnd, welche Dosis wohl ausreichen mochte, um die Reaktion zu mildem, füllte er eine Spritze. Zainal und Kasturi versuchten Kamiton daran zu hindern, sich bei seinen heftigen Anfällen selbst zu verletzen, und da sie sehr stark waren, hatten sie Schwierigkeiten, ihn festzuhalten.
Weitere Kostenlose Bücher