Die Diener Der Eosi
Verzweiflung.
»Um so mehr Grund für dich, deine Einstellung zum Leben auf Botany zu überdenken«, sagte Kris. Sie hatte bereits einiges über die Verstümmelung weiblicher Genitalien gehört, die von einigen afrikanischen Stämmen praktiziert wurde.
Floss machte eine plötzliche Bewegung, die eine Attacke gegen Kris sein sollte und von der Kris meinte, daß sie sie als Reaktion auf ihre bissige Bemerkung durchaus verdient hätte, als die Massai-Frau auch schon eingriff, Floss packte und aus der Hütte hinauswarf. Kris konnte den dumpfen Laut hören, als das Mädchen unsanft auf der harten Erde landete. Sie nahm sich vor, dafür zu sorgen, daß die weiblichen Angehörigen des Diplomatischen Corps während ihres Aufenthalts bei den Massai nicht allen Ritualen unterzogen wurden. Sie hätten jemanden mitnehmen sollen, der Swahili beherrschte. Wie sollte sie diesen Punkt nur erklären?
Sie warteten. Sie kämpften mit kalten Umschlägen gegen das Fieber der Jungen und benetzten die mit Geschwüren bedeckten Körper.
Es war schon dunkel, als Leon ein Thermometer aus Bazils Achselhöhle zog und ausrief: »Das Fieber sinkt!«
Kris war gerade im Begriff, einen kalten Umschlag zu wechseln, als sie bemerkte, daß aus den Geschwüren keine Flüssigkeit mehr austrat. Überdies hatte auch der unangenehme Geruch merklich nachgelassen.
»Hey! Seht mal!« Sie deutete auf ein Geschwür. »Es trocknet aus.«
Zainal entfernte sofort Perans Verbände. Sein jüngerer Sohn schien ebenfalls auf die Behandlung zu reagieren.
»Vier Stunden sind vorbei«, sagte Leon. »Zeit, ihnen eine weitere Injektion zu geben.«
Während der nächsten vier Stunden schienen die Geschwüre schubweise auszutrocknen, angefangen auf der Brust und in Richtung der unteren Gliedmaßen fortschreitend. Die Temperatur der Jungen sank auf einen normalen Wert, und die beiden fielen in einen tiefen Schlaf.
»Erfahrungsgemäß seid ihr Catteni gegen die vielfältigen Leiden, mit denen wir Menschen uns herumschlagen müssen, nicht gefeit«, sagte Leon, als sie die Hütte verließen und in die frische Nachtluft hinaustraten.
»Haben sie dieses olkiloriti genommen?« wollte Zainal wissen.
Materu nickte. »Es wird sehr fein zermahlen und dann mit Wasser eingenommen.«
»Könnte es sein, daß ich weiß, was Sie denken, Zainal?« fragte Leon, und ein Lächeln spielte um seine Lippen.
»Das Problem wäre, ‚wie’.«
»Ja, das wäre es«, sagte Leon.
Kris hatte keinerlei Schwierigkeiten, ihrem Gedankengang zu folgen, aber sie hatte wirklich keine Idee, wie man den Eosi das olkiloriti verabreichen sollte. Wie sollten sie die Eosi außerdem dazu bringen, eine tödliche Dosis zu schlucken? Oder wenigstens soviel, daß es heftige allergische Reaktionen hervorrief.
»War die allergische Reaktion für die Jungen lebensgefährlich?« wollte sie von Leon wissen. Sie selbst war in ihrem ganzen Leben noch nicht einmal mit Gift in Berührung gekommen.
Er wiegte den Kopf. »Wenn die Antihistamine nicht gewirkt hätten, wären sie wahrscheinlich nicht mehr aufgewacht.« Er schaute zu der Hütte zurück. »Sie brauchen immer noch sehr viel Pflege … und keine weitere Kräutermedizin. Ich hoffe, daß Parmitoro deswegen nicht allzu beleidigt ist.«
»Er wäre sicherlich erst recht beleidigt gewesen, wenn Sie gekommen und die Jungen gestorben wären«, meine Caleb Matern und lachte.
»Ich habe eine Salbe, die ich auch eingesetzt habe, um Wunden der Catteni zu heilen«, sagte Leon und öffnete seinen Arztkoffer. »Sie dürfte beim Abheilen der Geschwüre helfen. Auch das Meerwasser hat eine heilende Wirkung. Können sie schwimmen, Zainal?«
»Jetzt können sie es«, erklärte Caleb mit seiner tiefen Stimme, und im Licht der Taschenlampen funkelten seine Augen.
»Sobald die Geschwüre sich ganz geschlossen haben, sollten sie im Meer schwimmen. Das Salz besitzt eine hervorragende Heilwirkung.«
»Sollen sie denn in meiner Obhut bleiben?« wollte der Häuptling von Zainal wissen.
»Ich wünsche es«, erwiderte Zainal mit Nachdruck.
»Und wie geht es den anderen, Chief?« erkundigte Leon sich und grinste vielsagend.
»Sie lernen ständig etwas Neues.«
Kris zupfte an Leons Ärmel, damit er hörte, was sie ihm zuflüsterte. »Floss hat schreckliche Angst, daß die Massai irgend etwas mit ihr tun … da unten.« Sie deutete auf die entsprechende Stelle.
Leon hatte Mühe, nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. »Das kann ich mir gut vorstellen. Aber keine Sorge.
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