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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
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kann man so nicht
sagen«, verkündete Bruno. »Das kommt auf die Dacheindeckungsart an. Wenn wir
uns da geeinigt haben, kann ich mit dem Rechnen anfangen. Bauholz nach
Kubikmeter, Ab- und Aufstellen des Gerüsts, Schalung, Unterdeckbahn plus
Dacheindeckung, Heizung muss natürlich berücksichtigt werden, Dämmung, Elektro,
Wasser…«
    Kiki wurde jetzt schon
schwindelig.
    »Amen«, rief Greta
panisch. Und dann noch einmal: »Amen.« Das war kein Kommentar zum allgemeinen
Trauerspiel, sondern die Aufforderung, auf den Arm genommen zu werden. Kiki
konnte ihre Tochter verstehen. Sie hätte auch am liebsten irgendwo Schutz
gesucht. Und Max war, wie üblich, weit weg.
    »Ich bewundere deinen
Mut«, hatte Judith gesagt, als sie zum ersten Mal von ihren Plänen berichtet
hatte.
    Diese Unerschrockenheit
kam Kiki langsam abhanden. Von der Sandkrugschule waren es sechzig Kilometer
bis zur Ostsee, dreißig Meter zum eigenen Badesee und drei Schritte bis zum
finanziellen Abgrund. Leider. Es gab Momente, da zweifelte sie, ob der Umzug
wirklich so eine gute Idee gewesen war. Heute Morgen war sie sich sicher: Es
war der größte Fehler ihres Lebens.
    Der ursprüngliche Plan
hatte vorgesehen, dass sie möglichst viele Renovierungsarbeiten in Eigenregie
ausführten. Leider hatten sie sowohl Max’ freie Zeit als auch das eigene
handwerkliche Potenzial überschätzt. Kikis bautechnische Erfahrung beschränkte
sich auf die Herstellung maßstabsgetreuer Modelle. Eins aber wusste sie von
ihren Designprojekten: Wer aufgibt, hat verloren.
    »Wann können Sie
anfangen?«, fragte sie tapfer.
    »Fräulein Kiki«,
stöhnte Schwarzer auf. Er nannte sie immer Fräulein Kiki. Das klang nach
Hamburger Amüsiermeile, war aber nicht wirklich amüsant. »Fräulein Kiki. Ich
hab Sie wirklich gerne«, gestand er. »Aber unsere Buchhaltung kann Sie nicht
ausstehen.«
    Die Buchhaltung, das
war Peggy, seine Frau, die sich neben ihrem Job bei OBI ,
der dem Bauunternehmer Schwarzer satte Prozente beim Einkauf von Material
garantierte, höchstpersönlich um die finanziellen Belange ihres Mannes
kümmerte. Jedes Mal, wenn Kiki ihr auf der Dorfstraße begegnete, drohte Peggy
mit dem Gerichtsvollzieher. Den kannte Kiki auch schon. Der war leider schwul
und unempfänglich für Kikis blaue Augen und Blauäugigkeit.
    »Die ganzen alten
Rechnungen sind noch offen.«
    »Sobald der
Pensionsbetrieb einmal läuft…«
    Doch Bruno wollte Kiki
nicht zuhören. »Ich muss weiter«, beschied er. »Der Sturm hat meinen
Auftragskalender durcheinandergepustet.«
    So einer wie Schwarzer
wurde überall gebraucht.
    »Wir haben noch drei
Wochen bis zur Eröffnung«, verhandelte Kiki weiter. Sie trug schwer an der Last
der Verantwortung und an Greta, die auf ihrem Arm beinahe einschlief.
    »Ich habe es Ihnen
gleich gesagt, Fräulein Kiki. Die Schule ist ein Fass ohne Boden. Sie wollten
ja nicht hören.«
    Bruno redete sich in
Rage: »Die Leute aus der Stadt wollen nie hören. Ich sag’s denen immer. Das
wird teuer. Wissen Sie, wie viele ich gesehen habe, die an diesen Häusern
verzweifelt sind? Ihr Vorgänger hat katholischen Selbstmord begangen. Mit
Rotwein. Dem billigsten noch dazu. So runtergekommen war der.«
    Kiki sagte nichts mehr.
Im Hintergrund hatten sich die Freundinnen eingefunden. Das Feuer für den
Kaffee loderte. Sie hatten die Köpfe eng zusammengesteckt. Kiki ahnte es schon:
Da wurde geflüstert, gemunkelt und Klartext geredet. Sie hätte ihren
Freundinnen so gerne vermittelt, dass sie alles im Griff hatte und nur noch ein
paar Details fehlten, bevor das Bed & Breakfast eröffnen konnte. Ihr
fehlten Argumente. Vor allem solche Argumente, mit denen man Rechnungen
begleichen konnte.
    Schwarzer stieg in
seinen strahlend weißen Porsche Cayenne und wendete mit quietschenden Reifen.
Der Schotter flog Kiki um die Ohren.
    »Man sieht gleich, wenn
ein Handwerker zu viel verdient«, tröstete Judith. »Da fährt das Geld, das er
seinen Kunden zu viel berechnet.«
    Kiki überlegte
fieberhaft, was sie tun sollte. Es ging ans Eingemachte. Wenn Schwarzer jetzt
wegfuhr, waren alle Anstrengungen vergeblich gewesen. Kiki gab sich keiner
Illusion hin, dass sie von einem anderen Handwerker eine andere Antwort
bekommen würde. Was waren ihre Alternativen? Geschlagen nach Köln zurückgehen?
Aufgeben? Niemals. Besser, sie unternahm einen letzten Versuch. Energisch
stellte sie sich Schwarzer in den Weg: »Sie machen mir bis morgen einen
Kostenvoranschlag«, sagte sie in bestimmenden

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