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Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
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Doch das behielt sie für sich. Es war zu lächerlich. Eva
konnte ihren Freundinnen alles sagen. Dass ihre Fantasien vor allem um Thomas
Steiner kreisten, verschwieg sie lieber.

27
    Es regnete die halbe
Nacht, es regnete in den frühen Morgenstunden, es regnete zum Sonnenaufgang.
Draußen zerrte der Wind an den Plastikplanen, drinnen zerrte das ewige Tropfen,
das man aus dem oberen Stock hörte, an den Nerven. Am Morgen führte Carolines
erster Griff zum Lichtschalter. Noch immer kein Strom. Es gab keine Drohanrufe,
aber auch keine Antworten auf die drängenden Fragen über Steiner.
    Normalerweise war
Carolines Stimmung nicht vom Wetter abhängig. Was machte es in ihrem Kölner
Alltag schon aus, ob es regnete, schneite, der Wind blies oder die Sonne
brannte? In Birkow fühlte sie sich zum ersten Mal den Naturgewalten
ausgeliefert. Ohne Strom reduzierte sich das Leben auf die elementarsten
Bedürfnisse. Essen, Schlafen, im Warmen sein. So hatte sie sich Kikis »Zurück
zur Natur« nicht vorgestellt.
    Caroline trat auf die
Terrasse. Die Sonne würde noch fast eine Stunde brauchen, bis sie sich ihren
Weg gebahnt hatte. Sie sehnte sich nach einer Tasse heißen Milchkaffees, nach
einem warmen Ofen und frisch aufgebackenen Croissants. Scheinbar ziellos
durchstreifte sie den Garten. Die Feuerstelle von gestern hatte sich in einen
kleinen dreckigen Tümpel verwandelt, auf dem kleinen Gemüsebeet ertranken die
zarten Pflänzchen, die Kiki schon mal für das Aussetzen im großen Beet
vorgezogen hatte. Fast unmerklich zog es sie zum See hinunter. Richtung
Fischerhütte. Dorthin, wo Thomas Steiner residierte.
     
    Aus dem Schornstein stieg
gemütlich Qualm auf. Es roch angenehm nach frisch verbranntem Holz. Vorsichtig
näherte sie sich, als die Tür plötzlich aufschlug. Caroline konnte sich gerade
noch hinter einem Stapel Holz verstecken.
    Trotz frischer
Temperaturen und leichtem Regen brach Steiner zu einem morgendlichen Tauchgang
im See auf. Er trug Badehose, um den Hals ein Handtuch und einen Regenschirm.
Er war nicht so untersetzt, wie sie das erwartet hatte. Eher kräftig und
durchtrainiert. Caroline verbot sich, ihn näher in Augenschein zu nehmen. Das
war kein Mann, betete sie sich vor, das war ein Verdächtiger. Sie wollte sich
nicht, wie die Freundinnen, von seinem geheimnisvollen Charme den Verstand
vernebeln lassen.
    Auf dem roten Stoff
seines Regenschirms prangte das Logo einer Frankfurter Bank. War das Zufall?
War der Schirm in der Fischerhütte liegen geblieben? War er Kunde dieser Bank?
Oder gar Mitarbeiter? Es gelang Caroline nicht, sich Thomas Steiner an einem
Bankschalter vorzustellen. Oder an irgendeinem anderen Ort der Welt. Es war,
als hätte er nie etwas anderes gemacht, als Strom zu produzieren und beim
Aufbau eines provisorischen Grills zu helfen. Irgendwie gehörte er hierher, in
diese Landschaft.
    Am Ende des Stegs legte
Steiner den Schirm ab und warf sich mit einem beherzten Kopfsprung in den See.
Seine Schwimmzüge waren kraftvoll. Zügig ließ er das Ufer hinter sich. Caroline
kontrollierte ihre Uhr. Wenn er fünf Minuten nach draußen schwamm, würde er
mindestens fünf Minuten für den Rückweg brauchen. Zeit genug, sich einen
Überblick zu verschaffen. Vorsichtig testete sie die Türklinke. Die
Fischerhütte war unverschlossen. Caroline warf einen letzten Blick auf den
Schwimmer, der dort angekommen war, wo das matte Blau des Sees in das Grau des
Himmels überging. Zögernd betrat sie den Raum. Merkwürdig, so ohne Erlaubnis
das Leben eines Fremden zu betreten. Die Fischerhütte empfing sie mit molliger
Wärme und karger Ausstattung in edlem Weiß. Ein Esstisch, ein Sofa, ein Regal
mit Büchern, mehr passte nicht in den Wohnraum. Vorne und hinten rechts gingen
Türen in die Küche und den Schlafraum ab. In der Ecke stand der braune
Lederkoffer, der im Tageslicht schäbig aussah. Steiner musste entweder arm oder
weit gereist sein. Der Koffer war leer. Steiner hatte all seine Besitztümer
ausgepackt und ordentlich verstaut, als plane er einen längeren Aufenthalt. Auf
dem Nachttisch die Autobiografie eines schwedischen Operntenors und ein
Geo-Heft über Neuseeland. Caroline probierte seine Lesebrille aus. Er war
gehörig weitsichtig. Im Badezimmer, wie Judith richtig vermutet hatte, ein
Nasenhaarschneider, Haarwuchsmittel und ein teures Maniküreset. Sie gab einem
plötzlichen Impuls nach und roch an seinem Aftershave. Verstohlen sah Caroline
aus dem Badezimmerfenster auf den See. Steiner war

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