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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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französisierter Rennbahnstutzer. Als ich die Dame verteidigte, ging er mit einem Stilett auf mich los! Stach mich ins Bein. Ich glaube, ich kann von Glück sagen, dass die Klinge nicht vergiftet war.«
    »Vielleicht war sie es«, meinte Fraser. »Die meisten Gifte sind viel weniger wirksam, als die Öffentlichkeit annimmt …«
    »Nun, ich schlug den Halunken nieder und vertrieb die bei den von ihrem Opfer. Der Mann – ich hielt ihn zuerst für einen Zuhälter – gelobte zweimal, dass er mich töten werde. Mich ›vernichten‹ war, glaube ich, das Wort, das er gebrauchte … Dann merkte ich, dass die Dame nur Lady Ada Byron sein konnte. Sie begann, in einer sehr seltsamen Art und Weise zu sprechen – als stünde sie unter Drogeneinfluss oder sei vor Angst wie betäubt und ohne Verstand. Sie bat mich, ich möge sie zur Königlichen Einfriedung begleiten, doch als wir uns der Absperrung näherten, entkam sie mir durch einen Trick – ohne auch nur ein Wort des Dankes für meine Bemühungen.«
    Mallory machte eine Pause, befingerte seinen Tascheninhalt. »Ich denke, das ist der Kern der Sache im Wesentlichen, Sir. Kurz danach gewann ich einen hübschen Batzen Geld, indem ich auf einen Dampfwagen setzte, den ein Freund von mir konstruiert hatte. Er gab mir sehr nützliche Informationen, die mich im Handumdrehen von einem bescheidenen Gelehrten zu einem bemittelten Mann machten. So groß diese Veränderung gewesen ist, zu der Zeit schien sie viel unbedeutender.«
    »Ja, ich verstehe.« Fraser ging schweigend weiter.
    Sie durchquerten die hektische Geschäftigkeit von Knights bridge, und Mallory wartete darauf, dass Fraser etwas sagen würde, doch der Beamte blieb still. An den hohen Eisengittern des Green Park wandte sich Fraser um und beobachtete längere Zeit die Straße hinter ihnen. »Wir können nicht durch Whitehall«, sagte er endlich. »Ich kenne einen Weg hinten herum.«
    Mallory nickte. Er folgte Frasers Führung.
    Vor dem Buckingham-Palast war Wachwechsel. Die Königliche Familie verbrachte den Sommer in Schottland, wie es ihre Gewohnheit war, aber die Palastwache führte auch während der Abwesenheit der Königin das tägliche Ritual aus. Die Palastwache marschierte stolz in der allerneuesten und außerordentlich praktischen britischen Militäruniform, dem grau-braunen Krim-Kampfanzug, wissenschaftlich ge fleckt, um das Auge des Feindes zu täuschen. Das klug ersonnene Gewebe hatte die Russen völlig verwirrt, wie man hörte. Hinter den Marschierenden zog ein Gespann Artilleriepferde eine Orgel mit Dampfpfeifen, deren fröhliches Schmettern und stürmisches Dröhnen seltsam verloren und unheimlich durch die reglose, verdorbene Luft tönte.
    Mallory hatte Fraser Zeit gelassen, zu einer Schlussfolgerung zu gelangen. Schließlich konnte er nicht länger warten. »Glauben Sie mir nicht, dass ich Ada Byron begegnete, Mr. Fraser?«
    Fraser räusperte sich und spuckte diskret beiseite. »Doch, Sir, ich glaube Ihnen. Die Sache gefällt mir nicht sehr, aber ich sehe darin nicht viel, was mir Anlass zur Verwunderung sein könnte.«
    »Nein?«
    »Nein, Sir. Ich glaube, ich sehe klar genug, was hinter der Affäre steckt. Es ist Ärger mit dem Glücksspiel. Lady Ada hat einen Modus.«
    »Einen Modus – was ist das?«
    »Es ist eine Legende in Spielerkreisen, Dr. Mallory. Ein Modus ist ein Spielsystem, ein geheimer Kniff mathematischer Manipulation, um möglichst oft und hoch zu gewinnen. Jeder spitzbübische Locher sucht einen Modus, Sir. Es ist ihr Stein der Weisen, ein Mittel, um durch Beschwörung aus leerer Luft Gold zu machen!«
    »Ist das möglich? Ist eine solche Analyse möglich?«
    »Wenn es möglich ist, Sir, könnte Lady Ada Byron es vielleicht tun.«
    »Die Freundin und Schülerin von Babbage«, sagte Mallory. »Ja – ich kann es glauben. Ja, wirklich.«
    »Vielleicht hat sie einen Modus, vielleicht glaubt sie auch nur, dass sie einen hat«, fuhr Fraser fort. »Ich bin kein Mathe matiker, aber ich weiß, dass es noch nie ein Wett- oder Glücks spielsystem gegeben hat, das etwas wert war. Jedenfalls ist sie wieder in eine garstige Geschichte hineingetappt.« Fraser grunzte angewidert. »Sie ist schon seit Jahren hinter diesem Locher-Phantom her und hat Umgang mit sehr schlechter Gesellschaft – Gaunern, betrügerischen Lochern, Wucherern und Schlimmeren. Sie hat in einem Maße Spielschulden angehäuft, dass eine einzige Indiskretion genügen könnte, um einen öffentlichen Skandal auszulösen!«
    Mallory

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