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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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Schlägen in die Baumwolle. Fraser steckte den Kopf aus der Deckung und erwiderte das Feuer.
    Sie stießen einen weiteren Ballen hinaus, dann einen dritten. Fraser sprang zu ihnen in den Graben. In einer hektischen Minute hatten sie sich in den Stapel gearbeitet wie Ameisen in eine Schachtel Würfelzucker.
    Ihre Position war jetzt offensichtlich, aber die Kugeln schlu gen harmlos in die Festung der Baumwollballen. Mallory zog eine Handvoll Baumwolle heraus und wischte sich Schweiß und Blut von Gesicht und Armen. Das Bewegen von Baumwollballen war Schwerarbeit; kein Wunder, dass die Südstaatler sie ihren Schwarzen überließen.
    Fraser wühlte sich zwischen zwei Ballen vor, sodass ein schmaler Spalt entstand. »Geben Sie mir eine andere Waffe.« Mallory reichte ihm den langläufigen Revolver des Markgrafen. Fraser besah ihn, zielte über Kimme und Korn, nickte. »Feines Stück …« Er feuerte, und eine Salve von Gewehrschüssen antwortete. Tom, grunzend vor Anstrengung, hob und stieß einen Ballen von der Rückseite des Stapels, um mehr Raum zu schaffen; der Ballen prallte auf etwas mit einem Krachen wie von einem zersplitternden Klavier.
    Sie machten Inventur. Tom hatte eine Derringer-Pistole mit einer geladenen Kammer; nützlich vielleicht, wenn die Anarchisten wie enternde Piraten ihre Festung stürmten, aber nicht auf eine größere Distanz. Mallorys Ballester Molina hatte noch drei Patronen. Frasers Pfefferstreuer hatte gleichfalls noch drei Ladungen, und der Revolver des Markgrafen eine volle Trommel mit fünf Patronen. Des Weiteren hatten sie einen leeren Einzellader-Karabiner und Frasers kleinen Totschläger.
    Von Brian war nichts zu sehen.
    Aus den Tiefen des Lagerhauses kamen zornige, gedämpfte Rufe – Befehle, dachte Mallory. Das Gewehrfeuer hörte ziemlich unvermittelt auf und machte einer unheilvollen Stille Platz, die von raschelnden und hämmernden Geräuschen unterbrochen wurde. Er spähte über den Rand eines Ballens vor ihm. Kein Feind war zu sehen, aber man hatte die Tore des Lagerhauses geschlossen.
    Etwas wie eine dunkle Wolke zog über das Lagerhaus, als hätte sich der Dunst weiter verdichtet, und unter dem Glasdach breitete sich ein düsteres Halbdunkel aus.
    »Sollten wir nicht einen Ausbruch versuchen?«, fragte Tom.
    »Nicht ohne Brian«, sagte Mallory.
    Fraser schüttelte missmutig den Kopf, ohne seinen Zweifel auszusprechen; es war klar genug.
    Sie arbeiteten eine Weile weiter, erweiterten ihren Raum, gruben sich tiefer ein und wuchteten weitere Ballen auf ihre Brustwehr, damit sie als Zinnen dienten. Der Lärm ihres Tuns zog neuerliches Feuer auf sich. Immer wieder blitzte es aus dem Halbdunkel und Kugeln schlugen in die Baumwollballen oder prallten kreischend von den Eisenträgern der Konstruktion ab.
    Mehr Befehle, dann wurde das Feuer eingestellt. Ein kurzes Trommeln ging über das Dach hinweg und verlor sich rasch.
    »Was war das?«, fragte Tom.
    »Regen!«, sagte Fraser. Mallory sagte nichts. Ein Ascheregen schien ihm mittlerweile wahrscheinlicher.
    Plötzlich hellte sich die Düsternis wieder auf. Mallory spähte zwischen zwei Ballen hindurch. Ein kleiner Trupp der Banditen war barfuß beinahe bis an den Fuß des Bollwerks geschlichen und schickte sich an, die Ballen zu erklettern, ein paar von ihnen mit Messern zwischen den Zähnen. Mallory brüllte einen Alarmruf und begann zu feuern.
    Er war augenblicklich geblendet vom eigenen Mündungsfeuer, aber der Revolver stieß und lud sich in seiner Hand, schien ein eigenes Leben zu haben, und im Nu waren die drei letzten Patronen verschossen. Aber nicht vergeudet, denn auf so kurze Distanz hatte er nicht fehlen können. Zwei Angreifer lagen am Boden, ein Dritter kroch davon, und die Übrigen flohen Hals über Kopf.
    Mallory hörte sie fluchen und durcheinanderreden, als sie sich außer Sichtweite neu gruppierten. Entschlossen, sein Leben teuer zu verkaufen, umfasste Mallory den heißen Revolverlauf, um die Waffe als Keule einzusetzen.
    Wieder erzitterte die Luft unter dem furchtbaren Krachen von Brians Pistole.
    Die darauffolgende momentane Stille wurde von Schreien zerrissen. Eine lange und quälende Minute verging, erfüllt von den wilden Schreien der Verwundeten und Sterbenden, von Flüchen, Getrampel und Geklapper.
    Plötzlich katapultierte sich eine dunkle Gestalt in ihre Mitte, die den Gestank von Pulverrauch mitbrachte.
    Brian.
    »Gut, dass ihr nicht auf mich geschossen habt«, sagte er. »Verdammt dunkel hier,

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