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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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riechende, grünlich schwarze Deckblatt, eine kleine ausländische Flagge mit Sternen und Balken und dem Motto MARKE SIEG . Kriegsschund von den Yankees, keine echte Virginia. Er warf sie fort, dass sie funkensprühend von der Seite eines Zigeunerwagens abprallte, wo ein dunkelköpfiges Kind in Lumpen sie rasch aufhob.
    Zu Mallorys Linker schnaufte ein funkelnagelneuer Dampf wagen durch die Menge, der Fahrer aufrecht auf seinem Kutsch bock. Als der Mann seinen Bremshebel zog, ertönte am Bug des Dampfwagens eine Bronzeglocke, und die Leute machten dem Fahrzeug verdrießlich Platz. Die Passagiere des Dampfwa gens räkelten sich auf samtbezogenen Sitzen, der zusammenfaltbare Funkenschild war zurückgeschoben, um die Sonne einzulassen. Ein grinsender alter Stutzer in Glacéhandschuhen trank Champagner mit ein paar jungen Damen, entweder Töchtern oder Mätressen. An der Tür des Dampfwagens schimmerte ein Wappen mit einem azurblauen Zahnrad und gekreuzten silbernen Hämmern. Das Emblem war Mallory unbekannt, der die Wappen aller gelehrten Lords kannte – doch war er schwach auf dem Gebiet der geadelten Industriellen und Kapitalisten.
    Der Dampfwagen fuhr ostwärts zu den Derbygaragen; Mallory schloss sich dem Fahrzeug an, das ihm den Weg freimachte, und hielt mit Leichtigkeit Schritt. Er lächelte, als andere Kutscher mit ihren verängstigten Pferden kämpften. Während er in den eingedrückten breiten Radspuren des Dampfwagens einherging, mitunter etwas stolpernd, zog er sein Notizbuch aus der Tasche und durchblätterte die farbenfrohen Seiten des Anhangs zur wappenkundlichen Bestimmung. Es war die Ausgabe vom letzten Jahr, und er konnte das Wappen nicht darin finden. Schade, aber es bedeutete nicht viel, da allwöchentlich neue Lords in den Adelsstand erhoben wurden. Als standesgemäßes Fortbewegungsmittel erfreute sich der Dampfwagen unter den Lords größter Beliebtheit.
    Die Maschine steuerte auf die grauen Dampfwolken zu, die hinter den Tribünen von Epsom mit ihren von Säulen getragenen Dächern aufstiegen. Langsam überwand sie die Bordsteinkante einer gepflasterten Zufahrtstraße. Mallory konnte jetzt die Garagen sehen, ein langes, weitläufiges Bauwerk im modernen Stil, aus Eisengerüsten, die mit genietetem Zinkblech bedeckt waren; die harten geraden Linien wurden da und dort von bunten Wimpeln und den Blechhauben von Ventilatoren unterbrochen.
    Er folgte dem schnaufenden Dampfwagen, bis dieser langsam in eine freie Garagenbox fuhr. Der Fahrer öffnete die Ventile und ließ einen pfeifenden Dampfstrahl ab. Die Passagiere waren kaum über die ausklappbaren Stufen ausgestiegen, als auch schon ein paar Mechaniker mit Vaselinetöpfen und Fettpressen zur Stelle waren, um den Wagen zu warten. Der Lord und seine beiden Begleiterinnen passierten Mallory auf ihrem Weg zur Haupttribüne. Britanniens emporgekommene Elite vertraute darauf, dass er sie bewundernd beobachtete, und ignorierte ihn mit heiterer Gleichgültigkeit. Der Fahrer schleppte einen großen Esskorb hinterdrein. Mallory tippte an seine gestreifte Mütze, die zufällig derjenigen des Fahrers glich, und zwinkerte, aber der Mann reagierte nicht.
    Mallory schlenderte das Garagengebäude entlang, machte einzelne Dampfwagen mit Wappen aus seinem Bestimmungsbuch aus und markierte jede neue Sichtung mit seinem Bleistiftstummel und einem Gefühl von Befriedigung. Hier war Faraday, der große Physiker und Gelehrte der Royal Society, dort Colgate, der Seifenmagnat, und hier, wirklich ein Fang, der visionäre Baumeister Brunel. Einige wenige Dampfwagen trugen alte Familienwappen: Großgrundbesitzer, deren Väter Dukes und Earls gewesen waren, als es solche Titel noch gegeben hatte. Einige Mitglieder des gefallenen alten Adels konnten sich Dampfwagen leisten; einige hatten mehr Initiative als andere und taten, was sie konnten, um mitzuhalten.
    Als er den südlichen Teil erreichte, fand Mallory ihn abgesperrt mit einer Barrikade aus sauberen neuen Sägeböcken, die nach Pech rochen. Dieser Abschnitt war für die Rennwagen reserviert und wurde von einer Abteilung uniformierter Polizei bewacht. Einer der Beamten war mit einem Cutt-Maudsley-Selbstlader von einem Modell bewaffnet, das Mallory vertraut war, da die Wyoming-Expedition sechs von diesen Gewehren mitgeführt hatte. Zwar hatten die Cheyenne den kurzen, in Birmingham hergestellten Maschinenkarabiner mit einer gewissen Ehrfurcht betrachtet, doch hatte Mallory die Erfahrung gemacht, dass diese Waffe launisch

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