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Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Die Differenzmaschine: Roman (German Edition)

Titel: Die Differenzmaschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson , Bruce Sterling
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bis zur Unzuverlässigkeit war, da der Federmechanismus zum automatischen Nachladen allzu oft klemmte. Außerdem war die Waffe ungenau bis zur Unbrauchbarkeit, es sei denn, man feuerte die gesamten dreißig Schuss in einen Haufen von Verfolgern – was Mallory selbst einmal aus der Heckstellung des Dampfpanzerwagens der Expedition getan hatte.
    Mallory bezweifelte, dass der junge Polizist mit dem frischen Gesicht eine Ahnung hatte, was ein Cutts Maudsley anrichten konnte, wenn damit in eine englische Menschenmenge gefeuert wurde.
    Jenseits der Absperrung war jede der getrennten Boxen gegen Spione und neugierige Buchmacher mit hohen Trennwänden aus gespanntem Segeltuch abgeschirmt; die Spannseile hatte man an Fahnenmasten befestigt. Mallory arbeitete sich durch eine interessierte Menge von Zuschauern und Liebhabern des Dampfrennsports. Zwei Polizisten vertraten ihm den Weg, als er zum Tor hineinwollte. Er zeigte ihnen seine Karte mit der Bürger-Nummer und eine gedruckte Einladung von der Bruderschaft der Dampfmechaniker. Die Polizis ten notierten seine Nummer und überprüften sie anhand eines dickleibigen Verzeichnisses. Schließlich zeigten sie ihm, wo er seine Gastgeber finden konnte, und warnten ihn vor Ausflügen in andere Boxen.
    Als zusätzliche Sicherheitsvorkehrung hatte die Bruderschaft einen eigenen Ausguck ernannt. Der Mann saß auf einem Klappstuhl vor der Sichtabschirmung, blinzelte misstrauisch und hatte einen langen Schraubenschlüssel über die Beine gelegt. Mallory zeigte seine Einladung. Der Wächter steckte den Kopf durch die Zeltbahnklappe, rief: »Dein Bruder ist da, Tom«, und winkte Mallory durch.
    Das Tageslicht verschwand im Gestank von Fett, heißen Metallspänen und Kohlenstaub. Vier Dampfmechaniker in gestreiften Mützen und Lederschürzen beugten sich im grellen Schein einer Karbidlampe über eine Blaupause; hinter ihnen glänzten Lichtreflexe von Rundungen aus emailliertem Blech.
    Im ersten Augenblick seiner Überraschung hielt er das Ding für ein Boot, dessen scharlachrot lackierter Rumpf zwischen zwei großen Rädern aufgehängt war. Antriebsräder, wie er beim Nähertreten feststellte; die Pleuelstangen aus brüniertem Messing verschwanden in Öffnungen der leicht aussehenden Schale oder Hülle. Kein Boot, nein, es ähnelte mehr einem Tropfen oder einer großen Kaulquappe. Ein drittes Rad, ziemlich klein und ein wenig komisch wirkend, war am Ende des langen, zulaufenden Hecks oder Schwanzes beweglich gelagert.
    Er las den Namen, der in Schwarz und Gold auf den knolligen Bug gemalt war, unter einer facettenartig gekrümmten Anordnung kleiner, bleigefasster Glasscheiben: Zephyr.
    »Komm, Ned«, rief sein Bruder und winkte. »Nur keine Schüchternheit!« Die anderen schmunzelten über Toms Keck heit, und Mallory kam näher. Seine genagelten Stiefelsohlen klangen hell auf dem Zementboden. Sein kleiner Bruder Tom, neunzehn Jahre alt, hatte sich einen Schnurrbart zugelegt; er sah aus, als ob eine Katze ihn weglecken könnte. Mallory gab seinem Freund, Toms Meister, die Hand. »Das ist Mr. Michael Godwin, Sir!«, sagte er.
    »Dr. Mallory, Sir!« Godwin war ein blonder Ingenieur von vierzig Jahren, mit Bartkoteletten über pockennarbigen Wangen. Mittelgroß und stämmig, mit klugen, zurückhaltenden Augen, setzte Godwin zu einer Verbeugung an, besann sich eines Besseren, legte Mallory eine Hand auf den Rücken und stellte ihm seine Mitarbeiter vor. Dies waren Elijah Douglas, ein Geselle, und Henry Chesterton, ein Meister.
    »Es ist mir eine Ehre, Sirs«, erklärte Mallory. »Ich erwartete Besonderes von Ihnen, aber dies ist eine Offenbarung.«
    »Was halten Sie davon, Dr. Mallory?«
    »Weit entfernt von unserem Dampfpanzerwagen, würde ich sagen!«
    »Die Maschine wurde auch nicht für Ihr Wyoming gemacht«, fuhr Godwin fort, »und das erklärt die leichte Bauweise. Die Form ergibt sich aus der Funktion, wie Sie uns so oft sagten.«
    »Aber klein für einen Rennwagen«, sagte Mallory, etwas in Verlegenheit. »Und eigentümlich geformt.«
    »Nach neu entdeckten Prinzipien konstruiert, Sir. Und hinter der Erfindung steckt eine feine Geschichte, die mit einem Kollegen von Ihnen zu tun hat. Sicherlich erinnern Sie sich an den verstorbenen Professor Rudwick.«
    »Ach ja, Rudwick«, murmelte Mallory. Dann sagte er zögernd: »Schwerlich der Mann für Ihre neuen Prinzipien, der gute Rudwick …«
    Douglas und Chesterton beobachteten ihn mit unverhohlener Neugier.
    »Wir waren beide

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