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Die Dirne und der Bischof

Die Dirne und der Bischof

Titel: Die Dirne und der Bischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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sie konnte die Münzen an Else abliefern. Je mehr Kunden sie in der Nacht bediente, desto kleiner würde die Zahl auf ihrem Schuldbrief. So jedenfalls hatte Else es ihr erklärt.
    Lange saß Elisabeth vor dem Frauenhaus im Gras und lauschte den gedämpften Geräuschen, die zu ihr herausdrangen. Der Nachtwind wurde mit jeder Stunde kühler. Sie holte sich eine der inzwischen getrockneten Decken von der Leine und legte sie sich um die Schulter. Ihr Kopf war leer. Vielleicht wollte sie gar nicht darüber nachdenken, was sie heute Abend hier gesehen, gehört und gerochen hatte. Ab und zu öffnete sich die Tür, wenn ein Gast sich auf den Heimweg machte oder neue Gäste kamen und mit großem Hallo begrüßt wurden. Dann wurde das Haus leerer und ruhiger. Die Glocke von St. Gertraud hatte vor langer Zeit bereits Mitternacht geläutet, als die Meisterin endlich Zeit fand, nach ihrem verloren gegangenen Schützling zu sehen.
    »Ach, hier bist du. Komm herein, oder willst du dir den Tod holen?« Elisabeth verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. »Ich habe eine Decke, danke, mir ist nicht kalt. Sind die Männer jetzt alle weg?« Der Laut, den die Eselswirtin ausstieß, klang gereizt. »Es sind noch zwei da, aber die werden dich nicht fressen, also steh auf, und ruiniere mir nicht weiterhin den Rock mit Grasflecken!« Widerstrebend erhob sich die junge Frau. »Los, komm, es ist spät geworden. Ich muss zusehen, dass ich die beiden loswerde, ehe der Henker wieder vorbeisieht.«
    Elisabeth folgte ihr und blieb dann nahe der Tür stehen. Die Wirtin mahnte die letzten Besucher zum Aufbruch, doch es dauerte noch eine ganze Weile, bis die Männer endlich ihre Kleider in Ordnung gebracht und ihre Weinbecher geleert hatten. Else trieb die letzten Münzen ein und ließ sie in ihren Beutel gleiten, dann schickte sie die Frauen zu Bett. Ester ging hinaus, um ihre Decken zu holen. Die anderen begannen, wo sie saßen oder standen, ihre Bänder und Haken zu lösen, und ließen Röcke und Hemden in die Binsen fallen. Gähnend sanken sie auf ihre Matratzen und zogen sich die Decken bis über die Ohren.
    Elisabeth blieb vor ihrem zerwühlten Lager stehen. Es war noch warm von den fremden Körpern, und ein unangenehmer Dunst stieg von ihm auf. Zwei feuchte Flecken verdunkelten das Laken. Es graute ihr davor, sich dort hineinlegen zu müssen.
    »Ich habe gesagt, marsch ins Bett! Das gilt auch für dich, Elisabeth! Oder willst du spüren, wie hart meine Hand sein kann?«
    Grob löste ihr die Meisterin die Schnürungen und zerrte den Rock herunter. Sie gab der jungen Frau einen Stoß in den Rücken, dass sie das Gleichgewicht verlor. Elisabeth kauerte sich an den Rand des Bettes und zog die Decke bis an die Brust. Die Frauenhauswirtin machte noch einmal die Runde und sah nach all ihren Schützlingen, von denen ein paar anscheinend schon eingeschlafen waren. Sie stellte noch einen Eimer neben die Tür für den Fall, dass eine von ihnen in der Nacht ihre Notdurft würde verrichten müssen, dann ging sie hinaus und schloss die Tür hinter sich ab.
    Während eine nach der anderen einschlief und die Geräusche der Nacht sich zu dem gewohnten Teppich aus Schnarchen, Rascheln und gemurmelten Worten verwoben, konnte Elisabeth keine Ruhe finden. Das Stroh pikste, und ihre verkrampften Glieder begannen zu schmerzen, doch es ekelte sie davor, sich in dem Bett herumzudrehen. Die Bilder brannten hinter ihren Augen, und die Geräusche des Abends dröhnten in ihrem Sinn. Nein, wie schrecklich! Gott musste sich mit Grauen von diesem Ort der Sünde abwenden. Und die Heilige Jungfrau erst! Bei dem Gedanken, die Muttergottes könne an diesem Abend auf das Treiben herabgesehen haben, glühten ihre Wangen wieder vor Scham. Sie musste weg von hier! Sie konnte und wollte so etwas nicht noch einmal ertragen. Elisabeth beschloss, noch vor dem nächsten Abend das Frauenhaus zu verlassen. Sie wusste zwar nicht, wohin sie gehen und an wen sie sich wenden sollte, aber hier würde sie nicht bleiben!
    In der Nacht träumte sie. Sie stand auf dem Absatz einer gewundenen Treppe. Es war dunkel um sie her, und doch konnte sie weiter vorn in einem Gang einen feinen Lichtstreifen ausmachen. Elisabeth bückte sich und zog ihre Schuhe aus. Langsam ging sie auf nackten Sohlen weiter. Der Stein war kalt unter ihren Füßen. Sie folgte einem steinernen Korridor. Eiserne Halter mit erloschenen Fackeln hingen an den Wänden. Sie wollte schneller gehen, wollte das Ende des Ganges

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