Die Dirne und der Bischof
Hocker am Tisch. Sie stellte ein Fass mit Tinte vor Elisabeth, holte eine Feder mit ausgefranstem Kiel, ein Messer und ein etwas angerissenes, fleckiges Stück Papier. Sie spitzte die Feder mit dem Messer an und legte sie vor Elisabeth auf den Tisch.
»Danke!«
»Hm.« Die Wirtin ließ sich ihr gegenüber nieder.
Elisabeth tauchte die Feder in die Tinte und begann zu schreiben. Schöne, schwungvolle Buchstaben begannen das Blatt zu bedecken. Elisabeth schrieb schnell und flüssig und hielt nur inne, um die Feder wieder in die Tinte zu tauchen. Die Miene der Wirtin verhärtete sich zunehmend mit jedem weiteren Wort, das in schöner Schrift das Blatt zierte. Endlich legte Elisabeth die Feder aus der Hand. Sie wartete, bis die Tinte vollständig getrocknet war, dann faltete sie das Blatt zusammen und schrieb nach einem kurzen Zögern noch »Pater Antonius« auf die Außenseite.
»Darf ich den Brief gleich zum Kloster bringen?«, bat sie die Meisterin.
»Von mir aus. Nimm Gret mit, und kauft auf dem Rückweg Brot und Käse für heute Abend. Und trödelt nicht unnötig herum!«
Elisabeth sah sie mit gleichmütiger Miene an. »Nein, natürlich nicht, Meisterin.« Sie erhob sich und ging hinaus. Else Eberlin sah ihr nach. Sie schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß nicht, was das ist, aber manches Mal habe ich das Gefühl, dass sie mir entgleitet. Ich werde ein achtsames Auge auf sie haben müssen!«
Kapitel 12
Die Männer ritten schweigend durch die Nacht. Der Mond verbarg sich hinter den Wolken, sodass sie nur langsam vorwärtskamen, wollten sie nicht, dass sich die Pferde in einem Kaninchenbau die Beine brachen. Fackeln zu entzünden hatte der Graf ihnen untersagt. In einigem Abstand folgten die einfachen Männer zu Fuß, streng in Gruppen je einem Weibel zugeteilt. In der Nacht waren die Farben auf den Fahnen nicht zu erkennen, doch zeichneten sich die Umrisse der Wappen ab. Es waren die Zeichen mächtiger Herren: Zuerst das Wappen des Bischofs von Speyer und des Markgrafen Hans von Brandenburg. Ihnen folgten die Männer der Grafen von Henneberg, der Herren von Castell und Wertheim, von Hanau und Solms. Zum Schluss stieß Konrad von Weinsberg mit seinen Männern zu dem Haufen. Sie hielten an. Die Pferde schnaubten und scharrten ungeduldig mit den Hufen, während die Männer in Rüstung und Waffen versuchten, ihre Unruhe nicht zu zeigen.
Die hohen Herren trafen sich unter den Ästen einer uralten Eiche, um sich zu beraten, dann kehrte jeder zu seinem Trupp zurück und gab die Anweisungen flüsternd an die Hauptleute weiter. Der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Bald trenn ten sich die kleinen Haufen der Herren von Wertheim, Solm und Hanau vom großen Heer - sie mussten den Main überqueren -, dann winkte Konrad von Weinsberg seinen Rittern und einfachen Männern, ihm am Bach entlang zur Mühle zu folgen. Alles kamdarauf an, dass die Überraschung glückte. In den Schatten der späten Nacht verborgen wartete Konrad von Weinsberg, bis die Männer des Markgrafen und des Bischofs ihren Posten vor der Stadtmauer bezogen. Sicher hatten die anderen bereits die Klöster Zell und Himmelspforte erreicht.
Als das erste Grau des Morgens den Horizont erhellte, besetzten die Weinsberger Männer die Schlüpferleinsmühle. Der völlig überrumpelte Müller und seine Helfer leisteten keinen Widerstand. Die beiden Klöster gingen ebenfalls ohne den Verlust eines Menschenlebens in die Hand der fremden Eindringlinge über. Die Brüder von Zell ergaben sich kampflos in ihr Schicksal. Auch die Zisterzienserinnen des Klosters Himmelspforte, kaum einen Steinwurf vom Bruderkloster entfernt, fügten sich inihr Los. Die Blicke gesenkt, die Hände in den weiten Ärmeln verborgen, huschten sie durch den Kreuzgang und versammelten sich unter ängstlichem Getuschel im Refektorium, wo sie unter die Bewachung einiger Bewaffneter gestellt wurden. Nur die Mutter Oberin trat dem Ritter, der den Befehl führte, entgegen.
»Was habt Ihr mit uns vor? Gott wird Euch strafen, wenn Ihr Euch auf diesem geheiligten Boden an uns versündigt!«
Graf Michael von Wertheim winkte ab. »Es geht hier um mehr als um Euer Haus und Eure Schwestern, Mutter Oberin. Im Augenblick habt Ihr von mir und meinen Männern nichts zu befürchten. Richtet Euren Blick auf ›Unser Frauenberg‹ und die Mauern der Stadt zu ihren Füßen, denn in Würzburg und auf der Festung wird sich das Schicksal aller entscheiden. Die Stadt und das Domkapitel haben den Bogen
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