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Die Dirne vom Niederrhein

Die Dirne vom Niederrhein

Titel: Die Dirne vom Niederrhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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Burschen für dich aussuchen«, sagte Rosi laut.
    Daumen und Zeigefinger fuhren über ihr Kinn, während sie die Männer abschätzend begutachtete, als wollte sie Vieh kaufen.
    Die Stirn in Falten gezogen, lehnte Elisabeth sich zu ihr. »Sollten die Soldaten nicht mich aussuchen?«
    Kaum merklich schüttelte Rosi den Kopf, ohne die Augen von den Freiern zu nehmen. »Nicht in so einer Zeit, bei der Tausende Willige auf einem Haufen warten und vor allem nicht bei einem Mädchen wie dir.« Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, als hätte sie jemanden erspäht. Jeder der Männer blickte hoffnungsvoll und versuchte, sich ins rechte Licht zu rücken.
    Elisabeths Knie wollten das Gewicht ihres Körpers nicht mehr tragen. Doch ihr Verstand befahl ihr, stehen zu bleiben.
    »Ein Offizier mit guten Manieren und viel Geld, das ist genau der Richtige für dich.« Rosi schnippte mit den Fingern, deutete auf einen gut aussehenden Mann, der abseits stand, und lächelte einladend. »Junger Leutnant«, rief sie. »Warum steht Ihr so weit entfernt? Tretet ein wenig näher.«
    Die anderen Soldaten entfernten sich grollend, während der Ausgesuchte näher kam. Rosi hatte einen vorzüglichen Geschmack, das musste Elisabeth zugeben. Er war ein Bild von einem Mann, hatte breite Schultern; blonde Haare rahmten das hübsche Gesicht ein und sein Blick zeugte von Stolz und Würde.
    »Ich dachte, die Dame wäre nicht zu Diensten?«, fragte der Soldat und stützte sich mit einer Hand auf den Tisch.
    »Nun, dann muss heute wohl Euer Glückstag sein«, antwortete Rosi und öffnete ihre Geldbörse. »Allerdings ist der Preis für dieses besondere Mädchen natürlich um einiges höher als der normale Satz.«
    Der Soldat schaute die Hurenmutter gar nicht erst an. Sein Blick lag gebannt auf Elisabeths Körper, als würde dieser ihn magisch anziehen. »Wie viel?«, murmelte er.
    Rosi strich verführerisch über Elisabeths Rücken und ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. »Das Dreifache.«
    Erst jetzt wandte sich der Hesse kurz zu Rosi und ließ seinen Blick wieder über Elisabeth streichen. »Einverstanden«, sagte er und legte etliche Taler auf den Holztisch.
    Mit stoischer Ruhe zählte Rosi die Geldstücke nach und zeigte auf ihren eigenen Wagen. Noch bevor sich der Soldat umdrehen konnte, ergriff sie seine Hand und zog ihn zu sich herab. Ihre Stimme war leise, dennoch enthielt jede Silbe eine Drohung. »Ich muss natürlich nicht betonen, dass Ihr Euch tugendhaft und mit aller Würde zu nähern habt, werter Leutnant.«
    Der Mann nickte leicht und senkte den Kopf zur Bestätigung. Endlich ergriff er zärtlich Elisabeths Hand und führte sie zum Wagen.
    Sie spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Ein dünner Film legte sich, als stummer Zeuge ihrer Anspannung, auf ihre Hände.
    Als die Tür ins Schloss fiel und die Geräusche von draußen nur noch gedämpft an ihre Ohren drangen, meinte sie, das Blut in ihrem Körper rauschen zu hören. Aufregung legte sich über ihren Geist und ließ den Raum wanken. Eine gefühlte Ewigkeit hatte sie keinen einzigen Gedanken mehr an den Beischlaf verschwendet. Jetzt allerdings wurde sie von einer seltsamen Gespanntheit erfasst. Noch merkwürdiger war es, dass dieses Gefühl ihr behagte.
    »Wie ist dein Name?«, wollte der Offizier wissen, als er sich auf dem Bett niederließ, die Petersilie an sich nahm und auf den grünen Blättern zu kauen begann.
    »Elisabeth«, antwortete sie. »Wie heißt Ihr?«
    »Johann Dreis«, sagte der Mann mit fester Stimme und legte seine Finger auf ihre Hand.
    Jetzt ließ sich auch Elisabeth auf dem Bett nieder. Der Soldat hatte wundervoll geschwungene Lippen und seine Augen hatten einen würdevollen Glanz, dem sie sich schwer entziehen konnte. Natürlich war der Großteil der Soldaten grobschlächtige Mistkerle, doch dieser hier war anders, mit seiner sanften Stimme und beruhigenden Augen.
    »Du bist noch nicht lange im Gefolge der Frauenwirtin?«
    »Erst seit Kurzem«, bestätigte Elisabeth. »Und Ihr, wie lange dient Ihr bereits dem Feldzug von Eberstein?«
    Der Soldat räusperte sich und blickte zu Boden. »Viel zu lange, als dass ich noch darüber nachdenken möchte.«
    Endlich blickte er auf und sie konnte in grüne Augen sehen, die vom Kerzenschimmer angeleuchtet wurden. Das Licht verlieh ihnen einen gelblichen Schimmer, beinahe wie die Augen einer Katze. Sie wusste nicht, ob es an dem Gefühl, endlich wieder begehrt zu werden, lag oder daran, dass ihre Gedanken sich einmal

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