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Die Dirne vom Niederrhein

Die Dirne vom Niederrhein

Titel: Die Dirne vom Niederrhein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Thiel
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unterschätzen galt. Unsicher sah Maximilian sich um, als er die Treppe ins Obergeschoss nahm. Plötzlich hielt er inne. War da ein Geräusch? Ein Maunzen in der Dunkelheit?
    Nein, das konnte nicht sein. Sein Verstand spielte ihm wieder mal einen Streich. Er versuchte seine Atmung zu beruhigen, dann machte er die nächsten Schritte auf der steinernen Treppe. Diese Aufgabe konnte er nicht allein erledigen. Er brauchte Hilfe …

    »Maximilian, da bist du ja endlich«, eröffnete der Vikar voller Freude das Gespräch und gebot ihm, sich zu setzen. »Bald ist es so weit. Sind alle Vorbereitungen getroffen?«
    »Natürlich, Herr. Ich habe Eure Kleidung bereits verstaut, Eure Bücher werden folgen.«
    Mit einem Kopfnicken deutete er in Richtung der fünf großen Truhen, welche neben dem Regal standen. Etliche Bücher und Schriftstücke hatte Maximilian schon eingeräumt, nur noch wenige Wälzer zierten das Holz der massigen Regale.
    »Ja, ich habe gesehen, welche Arbeit du geleistet hast. Leider kann ich meine Notizbücher nicht mehr finden. Eigentlich ist ihr Platz auf meinem Schreibtisch.«
    Auf einmal schien das Bündel unter seinem Hemd Tonnen zu wiegen. »Ich habe sie bereits verstaut, ganz unten in der ersten Truhe.«
    »Zeig sie mir«, befahl der Vikar scharf und beugte sich wieder über Dokumente auf seinem Schreibtisch.
    Maximilian kniete sich mit dem Rücken zum Vikar hin, wühlte in der Truhe und blickte verstohlen über die Schulter. Als der Mann besonders tief in die Schriftstücke vertieft zu sein schien, griff er unter sein Hemd und holte die Bücher hervor. »Hier, Herr.« Sein Herz setzte aus. Von der Reaktion des Vikars hing alles ab. Einfach alles.
    Vikar Weisen blickte kurz auf. »Danke, ich wollte sichergehen, dass auch sie den Weg nach … nun ja, ich wollte einfach sicher sein. Sie sind von unvorstellbarem Wert für mich, musst du wissen.«
    Schleunigst packte Maximilian die ledernen Bücher ganz nach unten und füllte die Truhe erneut.
    »Bedeutet sie dir viel?«, wollte der Vikar wissen.
    Immer noch mit dem Einräumen der Bücher in die Truhe beschäftigt, hielt Maximilian einen Moment inne. »Was meint Ihr?«
    »Doktor Sylar berichtete mir, dass du erneut bei dem Mädchen warst«, sagte er. »Ist sie nicht vielleicht ein wenig mehr für dich als eine Hure wie jede andere?«
    Die stechenden Blicke des Mannes konnte er in seinem Rücken spüren. Maximilian erhob sich langsam, suchte schließlich die Augen des Vikars.
    »Nein, Herr. Ich wollte einfach nach dem Rechten sehen, wie bei den anderen auch.«
    Es schien, als wolle Weisen in ihn hineinblicken, mitten in seine Seele. Einen Mundwinkel hatte er nach oben gezogen, lässig stützte er sein Kinn auf die Finger.
    »Gut. Ich kann es dir nicht verübeln. Ich sah sie zwar nur kurz, als sie in das Kloster gebracht wurde, allerdings stach sie mir in sofort ins Auge. Sie ist wahrlich ein hübsches Kind, nicht wahr?«
    Maximilian versuchte seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen, zuckte mit den Schultern. »Es wird wohl stimmen. Die Krankenstube beherbergt derzeit sehr viele schöne Frauen.«
    Noch ein paar Sekunden musterte der Vikar ihn, ehe er ihm zustimmte. »Da hast du recht, junger Schmied.«
    Sein Blick brannte sich noch immer in die Augen Maximilians, als es an der Tür klopfte.
    »Kommt herein«, sagte er nach etlichen Momenten und erhob sich, während Maximilian die Truhe verschloss.
    Drei groß gewachsene Landknechte betraten die Schreibstube. Maximilian musste ein Stück zur Seite gehen, damit sie sich vor dem Schreibtisch des Mannes aufbauen konnten. Ihre Gesichter waren ausdruckslos. Die sonnengegerbte Haut und Narben auf Armen und Wangen ließen darauf schließen, dass das Töten seit Längerem ihr Handwerk war. Die Säbel der Männer glänzten im Fackelschein mit ihren polierten Brustharnischen um die Wette. Wanderarbeiter des Todes, wie der Vikar sie genannt hatte.
    »Major von Rosen war so freundlich und hat mir diese kräftigen Männer zur Unterstützung überlassen. Man kann nie wissen in diesen Zeiten«, sagte er und nickte den Männern zu. »Sie werden die nächsten fünf Tage hier im Kloster an meiner Seite verbringen und uns am Abend des 23. Juni sicheres Geleit garantieren.«
    »Ich verstehe«, entfuhr es Maximilian.
    Noch einmal traf ihn der bohrende Blick des Vikars. Dabei streichelten dessen Finger sein Kinn. Es schien, als würde er nachdenken, tief in Gedanken verloren sein.
    »Heute Abend habe ich noch einiges zu

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