Die Dirne vom Niederrhein
willst?«
Maximilian überlegte einen Moment. Das Angebot war wahrlich großzügig. »Ich habe zwei Bedingungen: Die Huren müssten freigelassen werden, außerdem gibt es ein Mädchen in den Händen des Majors. Elisabeth würde nicht ohne sie gehen.«
»Ich denke nicht, dass diese Entscheidung einer Frau obliegen sollte. Und nein, dieses Angebot gilt nur für dich und Elisabeth. Es wäre dumm von mir, den Major zu vergrätzen. Ich versprach, dass die Frauen die letzten Tage ihres Lebens hier verbringen werden, und daran gedenke ich mich zu halten. Doktor Sylar will kräftige Frauenkörper für seine Studien und diese bekommt er auch.«
Keine Frage, der Vikar plante jeden seiner Züge genau. Es gab keine Möglichkeit, zu verhandeln. Die Worte Elisabeths hallten in seinem Kopf wider. Niemals würde sie ohne die Frauen und Bela gehen. Maximilian leerte das Glas.
»Was ist, wenn ich ablehne?«, wollte er wissen.
»Eine vortreffliche Frage«, antwortete der Vikar und erhob sich. »Komm mit, ich werde es dir zeigen.«
Gemeinsam gingen sie zurück in die Krankenstube. Schon beim Öffnen der Tür ertönten Elisabeths Rufe, noch immer glich der Lautstärkepegel einem Tollhaus. Es schepperte aus jeder Ecke.
Vikar Weisen öffnete die Tür zu Elisabeths Verlies. »Solltest du dieses Angebot nicht annehmen, wird dir und Elisabeth genau dasselbe Schicksal zuteil wie den anderen Huren. Doktor Sylar wird zwei weitere, gesunde Körper für seine Untersuchungen haben.«
Als hätte der Arzt die Worte vernommen, erschien er mit den Gerätschaften und stellte sich neben den Vikar.
»Was für ein Angebot?«, wollte Elisabeth wissen. Ihr Körper war angespannt, glühte vor Wut.
»Wir sollen mit ihm nach Köln kommen, würden für ihn arbeiten.«
»Und die Frauen und Bela?«
Mit hinter dem Rücken verschränkten Armen sah der Vikar freundlich in die Zelle, als wollte er Elisabeth einen guten Morgen wünschen. »Nicht Teil der Vereinbarung, meine Liebe.«
»Ich gehe nicht ohne die Frauen, nicht ohne Bela«, giftete sie. »Ich habe es versprochen.«
Als ob die Frauen sie anschreien wollten, das Angebot anzunehmen, nahmen die Geräusche zu.
Maximilian sah sich um. Die drei Soldaten hatten sich hinter ihn gestellt, ihre Hände an den Griffen der Säbel. Rechts von ihm blitzte das Besteck von Doktor Sylar im Schein der Fackeln. Die Augen des Arztes wirkten müde, er schien abgekämpft, trotzdem war Maximilian sich sicher, dass Doktor Sylar liebend gern sofort damit beginnen würde, Stäbe in die Köpfe der Frauen zu bohren.
»Und? Was sagst du?«
Er könnte sie verraten, das Angebot allein annehmen. Er müsste nur zustimmen und würde den Rest seiner Tage ein wohlbehütetes Leben führen. In Schande.
Die Zeit schien langsamer zu laufen.
»Maximilian, was sagst du?«, wollte der Vikar erneut wissen.
Es gab nur eine Möglichkeit. Schnell drehte er sich, schlug die Hand eines Soldaten vom Griff des Säbels und nahm ihn an sich. Ohne zu zögern, rammte er die Waffe in den Hals des Soldaten. Der Mann verzog das Gesicht, griff sich an die Kehle und sackte gurgelnd zusammen. Etwas Blut spritzte in Maximilians Gesicht. Er fixierte den Nächsten, wollte zum Hieb ausholen. Die anderen beiden Soldaten reagierten schnell, zu schnell für Maximilian. Mit voller Wucht versetzte der eine ihm einen Schlag mit dem Griff seines Säbels gegen den Hinterkopf, der andere donnerte seine Faust in Maximilians Magen.
Ihm wurde schwarz vor Augen, jegliche Luft schien aus seinen Lungen zu entweichen, als er prustend auf die Knie sank. Der Griff um den Säbel löste sich, sein Schädel dröhnte und warmes Blut lief über seinen Nacken. Er hörte sie seinen Namen rufen. Dann spürte er die Hände Elisabeths um seinen Hals und wollte nach ihr fassen, doch der Vikar hielt sie zurück. Schnell hatten die Männer seine Arme auf den Rücken verdreht. Die Beine wollten das Gewicht seines Körpers nicht mehr tragen. Die Landsknechte mussten ihn stützen, griffen in seine Haare und zogen seinen Kopf nach hinten. Maximilian spürte eine Klinge an seinem Hals.
»Noch nicht«, brüllte der Vikar und funkelte ihn aggressiv an. »Damit ist deine Entscheidung getroffen. Dies ist ein Gotteshaus, junger Schmied, und du vergießt Blut? Nun denn, Rolf, wenn ich bitten dürfte.«
Als der Arzt die ersten Schritte in Richtung Elisabeth machte, entfuhr ihr ein heller Schrei.
Maximilian wollte sich aufrichten, zog mit der ihm noch verbliebenen Kraft an seinen Bewachern,
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