Die Donovans 3: Das geheime Amulett
nur so weit erlaubt, wie es die Beziehung zu diesem reizenden, außergewöhnlichen Kind erleichterte.
Es machte ihr große Freude, Jessie um sich zu haben, und sie würde diese Freude nicht für eine spontane, wenn auch durchaus berechtigte Abneigung gegenüber dem Vater des Kindes opfern.
„HÜ“
Da tauchte das kleine Koboldgesicht an der Fliegentür auch schon auf.
Und Ana merkte, wie schwer es war, den Ärger aufrechtzuerhalten, wenn man sich diesen lachenden Augen gegenübersah.
Ana legte Mörser und Stößel beiseite und lächelte zurück. Wahrscheinlich musste sie dankbar sein, dass Boone die Auseinandersetzung zwischen ihnen nicht als Anlass genommen hatte, um Jessie von ihr fernzuhalten.
„Sieht so aus, als hättest du den ersten Schultag überlebt. Hat die Schule den ersten Tag mit dir auch überlebt?“
„Klar. Meine Lehrerin heißt Mrs. Farrell. Sie hat ganz graue Haare und riesengroße Füße. Aber sie ist nett. Und ich habe Marcie und Todd und Lydia und Frankie kennengelernt und noch ganz viele andere. Am Morgen haben wir …“
„Stopp!“ Lachend hob Ana die Hände. „Vielleicht solltest du erst einmal hereinkommen, bevor du mir von deinem aufregenden Tag berichtest.“
„Ich krieg die Tür von allein gar nicht auf, weil ich die Hände voll habe.“
„Oh.“ Entgegenkommend öffnete Ana die Gittertür. „Was hast du denn da alles?“
„Geschenke.“ Atemlos stellte Jessie ein Paket auf dem Tisch ab. Dann hielt sie ein großes Blatt mit einer Zeichnung hoch. „Wir durften heute Bilder malen. Ich habe zwei gemacht, eines für Daddy und eines für dich.“
„Für mich?“ Gerührt nahm Ana das farbenfrohe Bild entgegen.
Erinnerungen an ihre eigene Schulzeit stiegen in ihr auf. „Das ist wunderschön, Sonnenschein.“
„Sieh, das hier bist du.“ Jessie deutete auf eine Figur mit gelben Haaren.
„Und das hier ist Quigley.“ Mit kindlicher Hand gezeichnet, aber eindeutig erkennbar. „Und all die Blumen. Die Rosen und Margeriten und dieses ganze Ritterzeugs …“
„Rittersporn“, murmelte Ana gerührt.
„Genau. Und die anderen auch“, fuhr Jessie ohne Luft zu holen fort. „Ich kann mich nicht mehr an alle Namen erinnern, aber du hast gesagt, du wirst sie mir beibringen.“
„Ja, das werde ich auch. Das Bild ist ganz toll, wirklich, Jessie.“
„Ich hab Daddy auf der Veranda vor unserm neuen Haus gemalt. Da steht er nämlich am liebsten. Er hat sich wirklich sehr über das Bild gefreut und es an den Kühlschrank gehängt.“
„Das ist eine großartige Idee.“ Ana ging zu ihrem Kühlschrank und befestigte die Zeichnung mit Magneten in der Mitte der Tür.
„Ich male gern. Mein Daddy kann ganz toll malen, und er hat mir erzählt, dass meine Mommy es noch besser konnte. Deshalb ist es nur natürlich für mich, gern zu malen, sagt er immer.“ Jessie legte ihre kleine Hand in Anas und schaute zu ihr hoch. „Bist du böse auf mich?“
„Nein, Herzchen, warum sollte ich?“
„Daddy hat mir erzählt, dass Daisy dich umgerannt hat und alle deine Töpfe kaputt gemacht hat und dass du ganz viele Kratzer abbekommen hast.“ Sie studierte die Schramme auf Anas Arm und setzte dann einen vorsichtigen Kuss darauf. „Es tut mir sehr leid.“
„Ist schon in Ordnung. Daisy hat es ja nicht absichtlich getan.“
„Sie hat auch bestimmt nicht mit Absicht Daddys Schuhe zerkaut und ihn dazu gebracht, ganz viele böse Wörter zu sagen.“
Ana musste sich auf die Lippen beißen, um nicht zu grinsen. „Nein, ganz bestimmt nicht.“
„Daddy hat fürchterlich laut geschrien, und Daisy hat vor lauter Angst mitten auf den Teppich gemacht. Da hat er sie durch das ganze Haus gejagt, immer wieder, und das sah so lustig aus, dass ich lachen musste und gar nicht mehr aufhören konnte. Dann hat Daddy auch gelacht und gesagt, dass er bald eine Hundehütte im Garten bauen wird und Daisy und mich da hineinsteckt.“
Ana hatte längst alle Hoffnung aufgegeben, ernst zu bleiben. Lachend hob sie Jessie auf die Arme. „Ich kann mir vorstellen, dass du und Daisy viel Spaß zusammen in der Hundehütte haben werdet. Aber wenn du deines Vaters Schuhe retten willst, warum lässt du mich nicht ein bisschen mit Daisy arbeiten?“
„Weißt du denn, wie das geht? Kannst du ihr Tricks beibringen und das alles?“
„Oh, ich denke schon.“ Sie setzte sich Jessie auf die Hüfte und rief nach Quigley, der unter dem Küchentisch ein Nachmittagsschläfchen gehalten hatte. Der Kater erhob sich nur
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