Die Donovans 3: Das geheime Amulett
schenken würde.
Sein Mund war nur ein Atemhauch von ihrem entfernt, als er die Schritte seiner Tochter auf den Treppenstufen hörte.
Boone zuckte von Ana zurück, als hätte er sich verbrannt. Sprachlos starrten sie einander an, beide überwältigt und verwirrt von der Kraft dessen, was beinahe passiert wäre.
Was mache ich hier eigentlich?, fragte Boone sich entsetzt. Greife mir einfach eine Frau in der Küche, während die Hähnchen in der Pfanne verkohlen, das Püree im Topf kalt wird und meine Tochter durchs Haus hüpft.
„Ich sollte gehen.“ Ana stellte ihr Glas ab, bevor es ihr aus den zitternden Fingern fallen konnte. „Ich wollte eigentlich nur eine Minute vorbeischauen.“
„Ana.“ Er stellte sich ihr in den Weg, nur für den Fall, dass sie auf die Tür zusprinten wollte. „Ich habe den Eindruck, dass das, was hier gerade zwischen uns passiert ist, völlig untypisch für uns beide ist. Meinen Sie nicht auch?“
Sie sah ihn mit ernsten grauen Augen an. „Ich kenne Sie doch gar nicht.
Daher weiß ich nicht, was typisch für Sie ist und was nicht.“
„Nun, ich habe noch nie die Angewohnheit gehabt, Frauen in der Küche zu verführen, während meine Tochter oben ist. Und ganz bestimmt ist es nicht meine Gewohnheit, mich vom ersten Anblick an nach einer Frau zu verzehren.“
Ana wünschte, sie hätte das Glas nicht abgesetzt. Ihre Kehle war staubtrocken. „Wahrscheinlich wollen Sie jetzt hören, dass ich Ihnen das abnehme. Aber das tue ich nicht.“
Ärger funkelte in seinen Augen auf. „Dann werde ich es Ihnen wohl beweisen müssen, oder?“
„Nein, Sie …“
„Meine Hände sind quietschsauber!“ Völlig arglos gegenüber der Spannung, die in der Luft lag, kam Jessie in die Küche getanzt, die Hände vor sich ausgestreckt in Erwartung der kommenden Inspektion. „Warum muss ich mir eigentlich die Hände waschen? Ich esse doch gar nicht mit den Fingern.“
Boone nahm sich zusammen und kniff seiner Tochter leicht in die Nase.
„Weil die fiesen kleinen Bakterien es lieben, sich von den Fingern kleiner Mädchen in deren Kartoffelbrei zu schleichen.“
„Iiih!“ Jessie zog eine angeekelte Grimasse, dann lachte sie. „Daddy macht den besten Kartoffelbrei auf der ganzen Welt. Willst du nicht auch mal probieren? Ana kann doch mit uns essen, oder, Daddy?“
„Ich sollte jetzt wirklich lieber …“
„Aber natürlich kann sie zum Essen bleiben.“ Sein Lächeln glich dem seiner Tochter, allerdings lag da etwas sehr viel Gefährlicheres in seinem Blick, als Boone Ana musterte. „Wirklich, wir würden uns freuen, wenn Sie blieben. Zu Essen ist genug da. Und es wäre doch eine gute Gelegenheit, sich besser kennenzulernen. Vorher.“
Ana brauchte nicht zu fragen, was er mit „vorher“ meinte. Das war eindeutig. Aber so sehr sie auch versuchte, ihren Ärger die Oberhand über die plötzliche Erregung gewinnen zu lassen, es gelang ihr nicht. „Es ist sehr nett, dass Sie mich einladen wollen“, sagte sie mit bewundernswerter Ruhe, „aber ich kann wirklich nicht.“ Sie lächelte Jessie an, die ein enttäuschtes Gesicht zog. „Ich muss noch zum Haus meines Cousins fahren und die Pferde versorgen.“
„Nimmst du mich mal mit, damit ich sie auch sehen kann?“
„Wenn dein Vater es dir erlaubt.“ Ana beugte sich vor und küsste Jessie auf den Schmollmund. „Danke für das schöne Bild.“ Vorsichtshalber trat sie einen Schritt zurück. „Und für das Buch“, sagte sie in Boones Richtung. „Ich weiß, dass ich es gern lesen werde. Gute Nacht.“
Ana rannte zwar nicht, aber sie gestand sich ein, dass sie flüchtete.
Wieder zu Hause, öffnete sie für Quigley erst die versprochene Dose Tunfisch, dann zog sie sich um, um in Jeans und Jeanshemd zu Sebastian zu fahren.
Ich muss nachdenken, beschloss sie, als sie sich die Stiefel anzog.
Wirklich gründlich überlegen, das Pro und Kontra genau abwägen, alle Konsequenzen in Betracht ziehen. Sie musste lachen, als sie sich vorstellte, wie Morgana reagieren würde: Sie würde die Augen zur Decke aufschlagen und Ana beschuldigen, sich mal wieder wie die typische Waage zu benehmen.
Vielleicht lag es an ihrem Sternzeichen, dass Ana keine Schwierigkeiten hatte, immer beide Seiten zu verstehen. Allerdings verkomplizierte das die Dinge häufiger, als dass es Lösungen brachte. In diesem speziellen Fall war sie allerdings sicher, dass Besonnenheit und ein klarer Kopf die richtige Antwort waren.
Na schön, vielleicht fühlte sie sich
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