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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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würde Mascara auflegen – na ja, geschenkt. Wyatt war kein Typ für Mascara. Also, sein Blick ist jedenfalls durchbohrend. Wenn er mich so anstarrte, fühlte ich mich irgendwie festgenagelt.
    Dass er mir so nahe war, gefiel mir nicht. Ich funktionierte viel besser, wenn er Abstand hielt. Wenn wir eine Beziehung gehabt hätten, wäre das vielleicht anders gewesen, aber die hatten wir nicht, und nach meiner letzten Erfahrung hatte ich wenig Lust, mich emotional an jemanden zu binden, der so abrupt von heiß auf Eis umschaltet. Trotzdem war er mir so nahe, dass ich die Hitze spürte, die von seinen Beinen ausstrahlte, weshalb ich sicherheitshalber noch ein paar Zentimeter zurückrutschte. So war es besser. Nicht ideal, aber besser.
    Dieser verfluchte Schuft, warum hatte er nicht draußen im Regen bleiben können? Detective MacInnes hatte hier drin alles unter Kontrolle gehabt. Wenn Wyatt nur draußen geblieben wäre, dann hätten mich nicht diese fast schmerzhaft genauen Erinnerungen gepeinigt, wie seine Haut roch, wie er schmeckte, wie er stöhnte, wenn er in Fahrt kam …
    O no. Das wollten wir lieber nicht mehr wissen. Denn wenn er in Fahrt gekommen war, war auch ich in Fahrt gewesen.
    »Blair!«, sagte er energisch.
    Ich zuckte zusammen, versuchte mich zu konzentrieren und hoffte gleichzeitig, dass er nicht gemerkt hatte, wohin meine Gedanken gewandert waren. »Was ist denn?«
    »Ich habe dich gerade gefragt, ob du das Gesicht des Mannes erkennen konntest.«
    »Nein. Das habe ich alles schon Detective MacInnes erzählt«, wiederholte ich. Wie lange wollte er mir noch Fragen stellen, die ich längst beantwortet hatte? »Es war dunkel und es regnete draußen. Ich konnte erkennen, dass es ein Mann war, aber mehr auch nicht. Das Auto war ein dunkler Viertürer, aber Marke oder Modell kann ich dir nicht sagen. Tut mir Leid, aber ich würde ihn nicht mal identifizieren können, wenn er jetzt ins Büro spaziert käme.«
    Er sah mich ein paar Sekunden lang schweigend an, stand dann auf und sagte: »Ich melde mich wieder.«
    »Wieso?« Mein Erstaunen war mir anzusehen. Er war Lieutenant. Die Detectives würden den Fall bearbeiten; er würde nur ihre Arbeit kontrollieren, Leute einteilen, Einsätze absegnen, solche Sachen.
    Seine Lippen wurden wieder dünn. Er blieb stehen und sah auf mich herunter. Kein Zweifel, ich trieb ihn heute Nacht fast zur Raserei, was ich sehr befriedigend fand.
    »Bleib einfach in der Stadt«, sagte er schließlich, obwohl er den Satz eher knurrte als sagte.
    »Dann werde ich also doch verdächtigt!« Ich sah ihn zornig an und griff nach dem Telefon. »Ich rufe jetzt meine Anwältin an.«
    Noch bevor ich den Hörer abnehmen konnte, krachte seine Hand auf meine. »Du wirst nicht verdächtigt.« Er knurrte immer noch, und diesmal war er mir entschieden zu nah, so halb über mich gebeugt, dass er mich mit seinem Blick aufspießen konnte, während aus seinen grünen Augen zornige Funken sprühten.
    Zum Glück weiß ich, wann ich die Klappe halten muss.
    »Dann werde ich die Stadt verlassen, wann immer es mir gefällt«, fauchte ich ihn an, zog meine Hand unter seiner heraus und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

4
    Und so landete ich nach Mitternacht auf dem Polizeirevier und im Gewahrsam eines tobenden Lieutenants.
    Er bugsierte mich in sein Büro, stopfte mich in einen Stuhl, bellte: »Du bleibst hier!«, und stampfte wieder davon.
    Ich war genauso geladen. Die ganze Fahrt zum Revier über hatte ich ihm zugesetzt – natürlich ohne jede offene Beleidigung oder Drohung, womit ich ihm nur einen Grund geliefert hätte, mich tatsächlich zu verhaften, was er garantiert getan hätte, so wütend, wie er war –, aber inzwischen fiel mir nichts mehr ein, was ich ihm an den Kopf werfen konnte, ohne ausfallend zu werden, und weil ich das auf keinen Fall wollte, war ich nicht nur stinkwütend, sondern auch frustriert.
    Sobald er die Tür von außen zugeknallt hatte, sprang ich auf und ließ mich, nur um ihm eins auszuwischen, in seinen Sessel hinter dem Schreibtisch fallen. Bätsch!
    Ich weiß. Es war kindisch. Und ich wusste, dass es ihn, kindisch oder nicht, wahnsinnig machen würde. Und ihn wahnsinnig zu machen war, wie ich entdeckt hatte, fast so unterhaltsam wie mit ihm rumzumachen.
    Es war ein Riesensessel. Musste es auch sein, schließlich war er ein Riesenkerl. Und es war ein Ledersessel, was mir noch besser gefiel. Ich fuhr ein bisschen darin Karussell. Dann blätterte ich in den Akten

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