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Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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auf seinem Schreibtisch, aber nur ganz kurz, weil das wahrscheinlich ein Delikt war oder so. Ich entdeckte nichts Interessantes über irgendwen, den ich gekannt hätte.
    Danach öffnete ich die mittlere Schreibtischschublade holte einen Stift heraus und kramte dann in den anderen Schubladen nach einem Block. Schließlich fand ich einen, ließ ihn auf den Aktenstapel fallen und begann eine Liste seiner Verfehlungen zu erstellen. Natürlich nicht von allen; nur von denen, die er heute Nacht begangen hatte.
    Er kam mit einer Cola Light wieder zurück, blieb wie vom Blitz getroffen stehen, als er mich hinter seinem Schreibtisch sitzen sah, und schloss dann ganz langsam und bedacht die Tür, bevor er leise, aber mit Mörderstimme fragte: »Was tust du da, verflucht noch mal?«
    »Ich erstelle eine Liste über deine Vergehen, damit ich nichts davon vergesse, wenn ich mit meiner Anwältin spreche.«
    Er knallte die Coladose auf den Tisch und riss mir den Block unter den Fingern weg. Dann drehte er ihn richtig rum, las den ersten Punkt und zog die dunklen Brauen zu einer Gewitterwolke zusammen. »›Bedrängte die Zeugin und brachte ihr blaue Flecke am Arm bei‹«, zitierte er. »Was für ein Scheißdr …«
    Ich hob den linken Arm hoch und zeigte ihm die blauen Flecke auf der Unterseite, wo er mich festgehalten hatte, um mich in den Streifenwagen zu schubsen, und er verstummte mitten im Satz. »Ach, Scheiße.« Plötzlich klang er deutlich sanfter und weniger wütend. »Das tut mir Leid, ich wollte dir nicht wehtun.«
    Na logisch! Darum hatte er mich vor zwei Jahren fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Er hatte mir wehgetan, und zwar gemein, daran war nicht zu rütteln. Und dann hatte er nicht mal den Mumm gehabt, mir zu verraten, warum, was mich erst richtig wütend gemacht hatte.
    Er pflanzte eine Hinterbacke auf die Schreibtischecke und las weiter. »›Widerrechtliche Festnahme. Entführung ‹ … Entführung?«
    »Du hast mich gewaltsam von meinem Arbeitsplatz weggezerrt und mich an einen Aufenthaltsort gebracht, an dem ich nicht sein wollte. Für mich hört sich das nach einer Entführung an.«
    Er schnaubte und las weiter in meiner Beschwerdenliste, in der ich auch Fluchen, Flegelei und schlechtes Benehmen aufgeführt hatte. Er hatte sich nicht mal für den Kaffee bedankt. Natürlich hatte ich auch weitere juristische Begriffe aufgenommen wie Nötigung, Bedrohung und Belästigung, weil ich keinen Anwalt anrufen durfte, aber ich hatte trotzdem kein Detail ausgelassen.
    Dieser Lump lächelte doch tatsächlich, als er mit der Liste fertig war. Ich hätte ihm liebend gern verboten zu lächeln. Ich wollte, dass er begriff, was für ein Arschloch er gewesen war.
    »Ich habe dir ein Cola Light mitgebracht«, sagte er und schob die Dose dabei über den Tisch. »Kaffee hattest du wahrscheinlich genug.«
    »Danke«, sagte ich, um den Unterschied zwischen seinen und meinen Manieren zu unterstreichen. Aber die Dose machte ich nicht auf. Mein Magen bibberte schon unter dem Koffein-Ansturm. Und als Friedensangebot war eine Dose Cola Light eindeutig zu mager, vor allem, weil mir nicht entgangen war, dass er hauptsächlich aus dem Zimmer gestürmt war, um tief Luft zu holen, bevor ihm der Geduldsfaden riss und er mich erwürgte. Das mit der Cola war ihm erst draußen eingefallen, damit es so aussah, als wäre er besonders hilfsbereit, während er in Wahrheit nur seine eigene Haut retten wollte. Es hätte seine Karriere bestimmt nicht gefördert, wenn er eine Zeugin erwürgt hätte. Nicht dass ich eine so großartige Zeugin war, aber in diesem Fall war ich die einzige Zeugin.
    »Und jetzt raus aus meinem Stuhl.«
    Ich pustete eine Strähne aus meinem Auge. »Ich bin noch nicht fertig mit meiner Liste. Gib mir den Block zurück.«
    »Blair. Raus aus meinem Stuhl.«
    Könnte ich doch bloß von mir behaupten, ich hätte mich wie eine Erwachsene aufgeführt! Aber den Punkt hatte ich längst überschritten. Ich klammerte mich mit beiden Händen an den Lehnen fest, spießte ihn mit einem Blick auf und zischte: »Zwing mich doch.«
    O Mann, das hätte ich lieber nicht sagen sollen.
    Einen kurzen und demütigenden Kampf später hockte ich wieder auf dem Stuhl, auf den er mich anfangs gesetzt hatte, und er saß hinter seinem Schreibtisch und sah wieder stinkwütend aus.
    »Verflucht noch mal.« Er rieb mit der flachen Hand über sein Kinn, wo sich der Bartschatten zu einem wahren Stoppelfeld ausgewachsen hatte. »Wenn du dich nicht

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