Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Doppelgaengerin

Die Doppelgaengerin

Titel: Die Doppelgaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
Vom Netzwerk:
nach.«
    Hinter mir wurde es ganz still. Nach ein paar Sekunden ließ er ohne ein weiteres Wort meine Haare los und verschwand ins Bad. Jetzt, wo er mich nicht mehr sehen konnte, erlaubte ich mir ein Grinsen.
    »Verflucht noch mal«, hörte ich ihn eine halbe Minute später. »Und wie sieht so ein Haargummi aus?«
    »Wie ein Gummiband mit Frottee drum rum.«
    Wieder Stille. Schließlich kam er mit meinem weißen Haargummi in der Hand aus dem Bad. »Ist es das hier?«
    Ich nickte.
    Er bündelte meine Haare wieder zu einem Pferdeschwanz.
    »Du musst das Band über dein Handgelenk ziehen«, dirigierte ich ihn. »Dann kannst du es ganz leicht über den Pferdeschwanz streifen.«
    Sein dickes Handgelenk dehnte mein kleines Haarband bis an die Grenzen seiner Belastungsfähigkeit, aber er hatte die Theorie sofort kapiert und meine Haare ohne weitere Verzögerung zu einem ordentlichen Pferdeschwanz frisiert. Ich ging kurz ins Bad, um das Ergebnis zu begutachten. »Sehr gut. Ich glaube, ich komme heute ohne Ohrringe aus, wenn es dir nichts ausmacht.«
    Er verdrehte die Augen. »Herr, ich danke dir.«
    »Sei nicht so sarkastisch. Schließlich war das deine Idee.«
    Während wir die Treppe hinuntergingen, hörte ich ihn hinter mir murmeln: »Du kleine Ratte«, und grinste wieder vor mich hin. Sehr gut, er wusste also, dass ich mich gerächt hatte, denn wozu hätte ich sonst solche Zicken gemacht?

14
    Mrs. Bloodsworths Haus war ein einziger Traum. Die weißen Außenwände waren mit lavendelfarbenen, schwungvoll verzierten Leisten umsäumt, und die Haustür war in einem zarten Veilchenblau gehalten. Eine Frau, die den Mumm hat, ihr Haus in diesen Farben zu streichen, muss man respektieren, wenn nicht sogar fürchten. Die Veranda, die sich über die gesamte Front und eine Hausseite hinzog, war tief und elegant, mit Farnen und Palmen geschmückt und mit Deckenventilatoren ausgestattet, die eine leichte Brise aufkommen ließen, wenn die Natur dabei versagte. Rosen in allen Schattierungen boten wahre Farbexplosionen. Dunkelgrüne Gardenienbüsche, schwer mit duftenden weißen Blüten behangen, säumten beide Seiten der breiten Treppe vor der Veranda.
    Leider hielt Wyatt nicht vorne, wo wir das Haus über die Veranda betreten hätten; er fuhr über die Auffahrt am Haus vorbei und parkte auf der Rückseite. Ich wurde zur Hintertür geführt, durch die wir in einen Windfang und dann in die Küche kamen, die stilgerecht modernisiert worden war. Dort wartete seine Mutter auf uns.
    Roberta Bloodsworth war keinesfalls als »matronenhaft« zu beschreiben. Sie war groß und schlank und hatte eine schicke Kurzhaarfrisur. Von ihr hatte Wyatt die scharfen grünen Augen und das dunkle Haar geerbt. Nur dass ihres nicht mehr dunkel war; statt im Lauf der Jahre zu ergrauen, war sie erblondet. Obwohl es noch früh war, vor acht Uhr morgens, war sie geschminkt und hatte Ohrringe angesteckt. Aber sie war noch in Hauskleidung; in hautfarbenen Shorts, einem losen, aquamarinblauen T-Shirt und ganz gewöhnlichen Flipflops. Die Zehennägel leuchteten feuerwehrrot unter den Riemen hervor, und an ihrem linken Fuß funkelte ein Zehenring.
    Eine Frau nach meinem Geschmack.
    »Blair, Honey, ich konnte es gar nicht glauben, als Wyatt mir erzählte, dass jemand auf Sie geschossen hat«, begrüßte sie mich und legte ganz leicht den Arm um meine Schulter, um mich zu umarmen. »Wie geht es Ihnen? Möchten Sie vielleicht einen Kaffee oder Tee?«
    Das traf sich, denn ich war eindeutig in der Stimmung, bemuttert zu werden. Nachdem meiner eigenen Mutter das Bemuttern verwehrt worden war, würde Wyatts Mutter in die Bresche springen. »Ein Tee wäre wundervoll«, bestätigte ich mit leuchtenden Augen, und sie trat sofort an die Spüle, wo sie einen altmodischen Kessel mit Wasser füllte, um ihn dann auf den Herd zu setzen.
    Wyatt sah mich streng an. »Du hättest nur einen Ton sagen müssen, dann hätte ich dir auch Tee gemacht. Ich dachte, du trinkst lieber Kaffee.«
    »Ich trinke gerne Kaffee und ich trinke gerne Tee. Und Kaffee hatte ich bereits.«
    »Tee gibt dir ein viel wohligeres Gefühl als jeder Kaffee«, belehrte ihn Mrs. Bloodsworth. »Setzen Sie sich einfach, Blair, und überlassen Sie alles Weitere mir. Sie sind bestimmt noch ganz schwach.«
    »Es geht mir schon viel besser als gestern Abend«, antwortete ich, gehorchte aber und nahm an dem Holztisch in der Küche Platz. »Eigentlich fühle ich mich heute schon beinahe wieder normal. Gestern Nacht dagegen

Weitere Kostenlose Bücher