Die Doppelgaengerin
…« Ich wiegte die Hand hin und her.
»Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Wyatt, du musst zur Arbeit. Du musst diesen Irren fangen, und du wirst ihn nicht in meiner Küche finden. Blair ist hier in guten Händen.«
Er schien nur widerwillig zu gehen. »Wenn du später irgendwo hinmusst, sollte sie lieber hier bleiben«, sagte er zu seiner Mutter. »Ich möchte nicht, dass sie gesehen wird.«
»Ich weiß. Das hast du mir schon gesagt.«
»Sie darf sich nicht überanstrengen, nachdem sie gestern so viel Blut verloren hat.«
»Ich weiß. Das hast du mir schon gesagt.«
»Wahrscheinlich wird sie dich überreden wollen …«
»Wyatt! Ich weiß!«, fiel sie ihm ärgerlich ins Wort. »Wir haben das alles am Telefon besprochen. Glaubst du, ich bin inzwischen senil geworden?«
Er war schlau genug zu antworten: »Natürlich nicht. Es ist nur …«
»Du bist einfach nur überbesorgt. Hab schon verstanden. Blair und ich werden wunderbar miteinander auskommen, und ich werde meinen gottgegebenen Verstand gebrauchen und sie nicht am helllichten Tag auf der Hauptstraße spazieren führen, in Ordnung?«
»In Ordnung.« Er grinste, küsste sie auf die Wange, kam dann zu mir und strich mir über den Nacken, bevor er neben mir in die Hocke ging. »Sieh zu, dass du nicht in Schwierigkeiten kommst, bis ich wieder da bin.«
»Verzeihung, aber ist irgendwas davon meine Schuld?«
»Das nicht, aber du hast ein echtes Talent für unerwartete Heimsuchungen.« Seine Hand strich jetzt in die andere Richtung, an meiner Wirbelsäule aufwärts bis zum Nacken, den er seitlich mit dem Daumen massierte. Dann lachte er über meine erschrockene Miene. »Bleib anständig, okay? Ich rufe zwischendurch an und hole dich heute Abend wieder ab.«
Er küsste mich und zupfte dabei kurz an meinem Pferdeschwanz, um dann aufzustehen und zur Küchentür zu gehen. Eine Hand auf dem Türknauf, blieb er stehen und sah noch einmal seine Mutter an, und diesmal hatte er sein Polizistengesicht aufgesetzt. »Du musst sehr gut auf sie aufpassen, denn sie ist die Mutter deiner zukünftigen Enkel.«
»Bin ich nicht!«, kreischte ich nach einem Augenblick nackten Entsetzens.
»Das dachte ich mir schon«, antwortete seine Mutter gleichzeitig.
Bis ich die Tür erreicht hatte, war er verschwunden. Ich riss sie wieder auf und schrie ihm hinterher: »Das bin ich nicht! Das ist so eine Gemeinheit, und du weißt genau, dass du lügst!«
Er blieb in der geöffneten Autotür stehen. »Haben wir gestern Nacht übers Kinderkriegen geredet oder nicht?«
»Ja, aber nicht über gemeinsame Kinder!«
»Mach dir nichts vor, Süße«, riet er mir, stieg ein und brauste davon.
Ich war so wütend, dass ich wie Rumpelstilzchen aufstampfte und bei jedem Stampfen »Scheiße!« schrie. Natürlich tat mir von der Stampferei der Arm weh, deshalb hörte sich mein Tanz etwa so an: »Scheiße! Autsch! Scheiße! Scheiße! Scheiße! Autsch! «
Dann wurde mir bewusst, dass mir seine Mutter zuschaute, und ich drehte mich erschrocken um. »O mein Gott, verzeihen Sie …«
Nur dass sie an der Spüle lehnte und sich vor Lachen den Bauch hielt. »Sie hätten sich sehen sollen! › Scheiße! Autsch! Scheiße! Autsch! ‹ Zu schade, dass ich keine Videokamera habe.«
Ich merkte, wie mein Gesicht zu glühen begann. »Bitte verzeihen Sie …«, setzte ich noch mal an.
»Was denn? Glauben Sie, ich hätte noch nie ›Scheiße‹ oder sogar viel schlimmere Dinge gesagt? Außerdem freut es mich aufrichtig, eine Frau zu sehen, die sich für Wyatt nicht sofort auf den Rücken legt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Es ist gegen die Natur, dass einem Mann alles zufliegt, was er sich wünscht, und Wyatt ist bisher noch alles zugeflogen.«
Meinen Arm stützend, kehrte ich an den Tisch zurück. »Das sehe ich nicht so. Seine Frau hat sich von ihm scheiden lassen.«
»Und er hat sich von ihr getrennt, ohne ein einziges Mal zurückzublicken. Für ihn hieß es immer alles oder nichts, er kannte keine Kompromisse. Sie – sie heißt übrigens Megan, aber ihren Nachnamen weiß ich nicht, weil sie binnen eines Jahres wieder heiratete – richtete sich immer nur nach ihm. Ich nehme an, sie vergötterte ihn, weil er ein so großer Football-Star war, und Footballspieler ist ein Traumberuf, selbst wenn der Sport so schmutzig und brutal ist. Sie konnte es nicht verstehen und nicht damit umgehen, dass er, ohne es mit ihr abgesprochen zu haben, plötzlich aufhörte und damit alles wegwarf, was sie vom Leben
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