Die Doppelgaengerin
heute machen?«, fragte ich noch, bevor ich über mein Frühstück herfiel. »Soll ich hier bleiben, während du zur Arbeit gehst?«
»Auf gar keinen Fall. Nicht, solange du deinen Arm nicht einsetzen kannst. Ich bringe dich zu meiner Mutter. Ich habe sie schon angerufen.«
»Cool.« Ich mochte seine Mutter und hatte den viktorianischen Kasten, in dem sie wohnte, schon immer von innen sehen wollen. »Ich nehme an, ich darf jederzeit mit meiner Familie telefonieren, oder?«
»Ich wüsste nicht, was dagegen spräche. Aber du kannst sie nicht besuchen, und sie dürfen dich auch nicht besuchen, weil sie diesen Typen sonst zu dir führen könnten.«
»Ich verstehe wirklich nicht, wieso ihr euch so schwer tut, ihn zu finden. Es muss ein Freund von Nicole sein.«
»Erzähl mir nicht, wie ich meine Arbeit tun soll«, warnte er mich. »Sie hatte keine feste Beziehung. Wir haben alle Männer überprüft, mit denen sie öfter zusammen war, aber die haben alle ein Alibi. Jetzt gehen wir anderen Hinweisen nach.«
»Drogen oder so stecken bestimmt nicht dahinter.« Ich ignorierte seine barsche Abfuhr, ihm nicht in die Arbeit zu reden.
Er sah auf. »Wie kommst du darauf?«
»Du weißt doch, dass sie Mitglied im Great Bods war. Sie zeigte keine Anzeichen von Sucht, und sie war gut in Form. Nicht exzellent. Einen Rückwärts-Flickflack hätte sie nie im Leben hinbekommen, aber sie war eindeutig nicht auf Drogen. Es muss einer ihrer Liebhaber gewesen sein. Nachdem sie alle Männer angemacht hat, könnte es durchaus eine Eifersuchtsgeschichte sein. Ich kann mit meinen Angestellten reden und sie fragen, ob ihnen was aufgefallen ist …«
»Nein. Halt dich da raus. Das ist ein Befehl. Wir haben deine Angestellten bereits vernommen.«
Verstimmt, dass er meine Vorschläge so rüde überging, aß ich schweigend fertig. Das gefiel ihm natürlich genauso wenig. Männer!
»Hör auf zu schmollen.«
»Ich schmolle nicht. Ich habe nur erkannt, dass es keinen Zweck hat, mit dir zu reden.«
Der Trockner bingte, und ich holte meine Sachen heraus, während er den Tisch abräumte. »Geh nach oben«, sagte er. »Ich komme gleich nach und helfe dir beim Anziehen.«
Er kam nach oben, während ich noch mal meine Zähne putzte, weil die nach dem Pfannkuchenessen immer so kleben, und stellte sich ans zweite Waschbecken. Mit ihm gemeinsam die Zähne zu putzen war ein komisches Gefühl. So was machen sonst nur Ehepaare. Ich fragte mich, ob ich eines Tages immer hier meine Zähne putzen würde, oder ob eine andere an meiner Stelle stehen würde.
Er ging in die Hocke, hielt mir die Caprihose hin, und ich stieg hinein, nicht ohne mich mit der gesunden Hand an seiner Schulter festzuhalten. Er zog den Reißverschluss hoch und schloss den Knopf, hob dann sein Hemd über meinen Kopf, legte mir den BH an und hakte ihn hinter meinem Rücken zu.
Obwohl meine Bluse praktischerweise keine Ärmel hatte, war der Verband so dick, dass er nur mit Mühe durch das Armloch passte. Als er den Stoff über die Mullbinde zerrte, biss ich die Zähne zusammen und dankte Dr. MacDuff im Stillen für seine Schmerzhämmer. Nachdem er die winzige Knopfleiste vorn an meiner Bluse zugeknöpft hatte, setzte ich mich auf die Bettkante und schlüpfte mit den Füßen in die Sandalen. So blieb ich sitzen und schaute ihm beim Anziehen zu. Der Anzug, das weiße Hemd, der Schlips. Schulterholster. Die Marke. Die Handschellen hinten an den Gürtel. Handy vorn an den Gürtel. O Mann. Mein Herz schlug Purzelbäume, wenn ich ihm nur zuschaute.
»Bist du so weit?«, fragte er.
»Nein. Ich bin noch nicht frisiert.« Ich hätte die Haare auch offen tragen können, da ich heute ja wohl auf keinen Fall trainieren würde, aber ich war immer noch sauer auf ihn.
»Okay.« Er holte die Bürste, und ich drehte ihm den Rücken zu, damit er meine Haare zu einem Pferdeschwanz bündeln konnte. Erst als er den ganzen Schopf in seiner Hand hielt, fragte er: »Und was tu ich da drum?«
»Einen Gummi.«
»Das ist nicht dein Ernst.«
»Natürlich ist das mein Ernst.«
»Ich flechte dir bestimmt keinen von meinen Gummis in die Haare.«
»Ich meine natürlich ein Haargummi, mit dem man einen Pferdeschwanz zusammenhält. O Mann.«
»Ich habe in letzter Zeit keinen Pferdeschwanz getragen«, meinte er trocken. »Tut’s auch ein Küchengummiband?«
»Nein! Gummibänder brechen die Haare. Es muss ein richtiges Haargummi sein.«
»Und woher kriege ich ein Haargummi?«
»Sieh mal in meiner Tasche
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