Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
Vom Netzwerk:
nicht, als würde er warten, während in seinem Innern eine Veränderung vor sich ging, er eine Entscheidung fällte oder einen Kampf verlor, den er mit sich selber ausfocht.
    Er streckte die Hand nach ihr aus, um nach einer Strähne ihres Haars zu greifen, die sich gelöst hatte. Er hielt sie fest, als wäre es das erste Mal in seinem Leben, dass er eine Frau berührte.
    »Du hättest nicht herkommen sollen«, sagte er.

37
    Stimmen drangen von unten herauf und brachen den kurzen Bann, unter dem sie gestanden hatten.
    Guillaume trat zurück. Marguerite verstand nicht, was er sagte. Vermutlich war es nicht für sie bestimmt gewesen. Er griff in die Innentasche seiner Jacke, die über seinem Arm hing, und holte eine lange Pfeife hervor, die er immer bei sich hatte und bei ganz seltenen Gelegenheiten benutzte.
    Er nahm den Pfeifenkopf in die flache Hand. Ganz plötzlich schlug er ihn kräftig gegen die Wand. Er zerbrach. Bruchstücke von grauweißem Ton flogen in alle Richtungen. Zwischen den Tonstücken in seiner Hand lagen zwei dünne Metallstäbe. Er klopfte die Reste des Tons weg, pflückte etwas Weißes von den kleinen Stahlstäben und kratzte die gebogenen Enden mit dem Daumennagel sauber.
    »Und einen Dietrich haben wir auch.« Unvermittelt tauchte Adrian auf, wie ein kleiner Dschinn, den man aus seiner Flasche befreit hatte. »Alles ohne meinen Einfallsreichtum.« Er warf einen Blick auf das Türschloss. »Ich weiß nicht, warum ich überhaupt meinen Hals riskiere, Sie hier rauszuholen. Das schaffen Sie auch ganz allein.«
    »Bewach die Treppe«, brummte Guillaume. »Keiner von euch beiden sollte hier sein.« Er verteilte die Tonscherben mit dem Stiefel und stieß sie teilweise bis ans andere Ende des Ganges. Dann hockte er sich hin und schob den ersten Metallstift in das Türschloss. Genau daneben steckte er den zweiten Stift.
    »Ich bin beeindruckt, wie schlau du bist«, sagte sie.
    »Gar nicht so schlau.« Er drehte die Stäbe vorsichtig, schob sie ins Schloss hinein und zog sie wieder heraus, wobei man seinen großen, groben Händen ihr natürliches Geschick ansah.
    »Ich könnte das auch machen.« Adrian beobachtete alles mit höflichem Interesse.
    »Pass auf die Treppe auf.« Guillaume blickte nicht von seiner Arbeit auf. Ein leises Knirschen von Metall, das über Metall schabte, ertönte.
    »Ich könnte das schneller.«
    Das Schloss schnappte. Guillaume drückte die Tür auf, trat hindurch, zog Marguerite hinter sich her und schloss die Tür vor Adrians interessiertem Gesicht.
    Guillaume sah sie schwer atmend an.
    »Das ist eine Wäschekammer«, sagte sie zu ihm. Manchmal gab man allzu Offensichtliches von sich, wenn es zu viele wichtige Dinge zu sagen gab und man nicht wusste, wo man anfangen sollte.
    »Ich weiß. Ich habe mit einer der Nonnen gesprochen. Drei von ihnen sind unten eingesperrt.«
    Dieser Raum wurde von zwei kleinen, vergitterten Fenstern erhellt, die hoch über ihren Köpfen in die Wand eingelassen waren. Sie hatten die Nonnen vermutlich nicht dazu ermuntert, einen Blick auf die Stadt zu werfen, oder doch? Ein stabiler Tisch stand in der Mitte des Zimmers. Die Regale zu beiden Seiten waren mit ordentlichen Stapeln aus Laken, Kissenhüllen und Handtüchern gefüllt. »Die Sachen werden wohl an die Armee gehen, wenn jemand sich daran erinnert. Darum ist der Raum nicht geplündert worden. Es ist wirklich erstaunlich, in welcher Weise …«
    Seine Hand legte sich leicht wie ein Sonnenstrahl auf sie. Und wie bei einem Sonnenstrahl, der ihr plötzlich in die Augen fiel, erschrak sie. Konnte irgendetwas offensichtlicher sein als das, was er mit ihr vorhatte? Er drehte sie um, und seine Hände lagen weiter schwer auf ihr, während er sie langsam und mit eindeutiger Absicht berührte.
    Er griff nach ihrem Schultertuch und zog es von ihrer Brust. Der Knoten, mit dem sie es gebunden hatte, löste sich so schnell auf, als wäre er nie da gewesen. »Du bist ja putzmunter wie ein Eichhörnchen.«
    »Morgens bin ich eigentlich immer gut gelaunt.«
    Er war groß und schön. Er hätte einer der ersten Männer auf Erden sein können. Jene Männer, die den Göttinnen zu Anbeginn der Welt beigelegen hatten.
    Wenn griechische Göttinnen ihn so sehen könnten, würden sie ihn begehren. »Es ist eine Frage der Persönlichkeit, ob man gleich nach dem Aufwachen beschwingt den Tag beginnt. Die Gelehrten sprechen in diesem Zusammenhang von den Körpersäften. Ich weiß es nicht genau.« Sie erwiderte seinen Blick

Weitere Kostenlose Bücher