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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Victor nicht in der Lage dazu wäre, denn er ist ein Mensch, der keinerlei Skrupel kennt. Aber es gibt keinen echten Beweis, dass …«
    Er küsste sie schnell. Er drückte seine Lippen fest auf ihren Mund und ließ dann gleich wieder von ihr ab. »Ich werde ihn umbringen.«
    »Das ist sehr fürsorglich, aber trotzdem nein. Ich habe keinen Beweis. Nur Vermutungen und das Wissen um seinen Charakter. Wenn man alle umbrächte, die keine Skrupel haben, würde es in Europa keine Menschen mehr geben. Lass uns jetzt lieber einen heißen Kaffee und ein Bett finden. Zufälligerweise bin ich nämlich noch nie mit einem verheirateten Mann ins Bett gegangen.«
    Er hielt sie weiter fest und sah sie mit ernster Miene an. »Warum bist du die ganze Nacht hier unten in den Katakomben geblieben?«
    Er wusste sehr wohl, warum sie geblieben war. »Ich habe auf dich gewartet. Ich werde immer auf dich warten.«
    »Du …« Er stieß den Atem aus. »Verdammt.«
    Er war sprachlos. Das war sehr befriedigend. »Schlaf mit mir«, sagte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht hier. Nicht unter der Erde. Und ich bin ganz schmutzig.«
    »Dann werden wir halt irgendwo hingehen und dich waschen. Und danach schlafen wir miteinander.« Sie nahm das Ende des Fadens auf, der sie aus der Dunkelheit führen würde. Der Gehrock des Hähnchens war mit Seide gefüttert und roch nach seinem Duftwasser. Sie legte die Jacke um Guillaumes Schultern, damit ihm nicht kalt wurde, und dann verließen sie die Katakomben.

48
    Marguerite folgte dem Faden, den Jean-Paul für sie durch die Schächte und Stollen ausgelegt hatte. Guillaume trug die Laterne. Während sie durchs Labyrinth gingen, wickelte sie den Faden auf. Sie war Ariadne und rettete statt Theseus den Minotaurus. Eine leicht veränderte Neufassung der alten Sage, aber sie war gerade in der Stimmung, den traurigen Ausgang einer Geschichte umzuschreiben. Das Knäuel war riesig, als sie endlich die unauffällige Treppe erreichten, die nach oben führte.
    Es wunderte sie nicht, den dösenden Hawker auf dem oberen Treppenabsatz vorzufinden. Er tat so, als hätte er nicht geschlafen.
    »Wurde aber auch Zeit.« Hawker rieb sich mit dem Ärmel über das Gesicht. »Das bedeutet, dass ich nicht nach unten muss, um Sie zu holen. Kommt sonst noch jemand?«
    »Wir sind die Letzten.« Guillaume schloss die Gittertür, die den Eingang zur Treppe versperrte, und begann, Fässer davor zu schieben. Obwohl er verletzt war, hätte er das auch allein gekonnt, aber sie half ihm trotzdem.
    Als er gerade ein Fass auf der Kante an eine andere Stelle rollen wollte, hielt er plötzlich inne und sagte: »Jeden Atemzug, den ich ab jetzt tue, habe ich dir zu verdanken.«
    »Es ist nicht …«
    »Ich will es aussprechen.« Behutsam stellte er das Fass an genau der richtigen Stelle ab.
    Sie schlüpfte aus den Stiefeln in ihre Schuhe. Guillaume löschte das Licht aller Laternen bis auf eine und ließ sie auf einem Tisch stehen. Sie war bereits auf der schmalen Treppe, die nach oben ins Café führte, als er eine der Fragen beantwortete, die unausgesprochen in der Luft gehangen hatten. »Der Priester und die Nonnen sind nicht mitgekommen.«
    Sie hatte es zwar bemerkt, doch nichts gesagt. »Ich hatte mich schon gewundert.«
    »Sie haben sich dagegen entschieden.«
    »Es könnte trotzdem sein, dass sie überleben. Jean-Pauls Freunde hatten viele Neuigkeiten. Vor der Nationalversammlung gab es gestern eine Klage. Robespierre steht jetzt allein da, und die Abgeordneten kochen vor Wut. Womöglich wird er gestürzt. Heute oder morgen könnte es so weit sein. Früh genug, um sie noch zu retten.«
    »Das hoffe ich.« Doch innerlich war er traurig und machte sich auf das Schlimmste gefasst. Es schmerzte Guillaume in tiefster Seele, dass er Menschen hatte zurücklassen müssen. Ihm würde es nie genügen, nur beinahe alle zu retten.
    Sie öffneten die Tür zu einem Café und scheuchten einen kleinen grauen Falter auf. Draußen auf der Straße herrschte tiefdunkle Nacht. Es würde noch lange dauern, ehe alles wieder zum Leben erwachte. Guillaume holte tief Luft und setzte sich in Bewegung. Sie wusste nicht, wohin sie gingen, doch sie war bereit, ihm überallhin zu folgen.
    Sah jemand sie vorbeigehen? Beobachtete man sie durch geschlossene Läden? Zumindest stellte sich ihnen niemand in den Weg. Einmal hielten sie an und versteckten sich in einem Eingang, während auf der Straße Stiefel an ihnen vorbeimarschierten.
    Sie überquerten die Pont Neuf und

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