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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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habe für die Sicherheit der de Fleurignacs gesorgt. Und lassen wir einmal meine Zuneigung zu dir beiseite …«
    Oh ja. Lassen wir die beiseite.
    »… kann ich natürlich auch nicht zulassen, dass meine Familie angegriffen wird. Ich bin verantwortlich für dein Handeln. Meinst du etwa, ich könnte meine jetzige Stellung innehaben, ohne Feinde zu haben? Deine Starrköpfigkeit, die Dummheit deines Vaters, dir zu erlauben, allein zu leben und zu entscheiden, hat …«
    »Ich habe das Gut bei Voisemont verwaltet, seit ich …«
    »Die Dummheit deines Vaters, dir völlige Freiheit zu gewähren, hat zum Verlust unseres Gutes geführt. Nur der Himmel weiß, was die Leute sagen, wenn es bekannt wird. Genau diese traurige Berühmtheit ist es, die ich vermeiden wollte. Wärst du in Paris gewesen – unter dem Schutz deines Vaters und meinem Schutz wäre all dies nicht passiert.«
    »Wo ist mein Vater?«
    Die Frage unterbrach den endlosen Strom der Vorwürfe.
    Victor wartete einen Moment zu lange, ehe er sagte: »Ich dachte, er wäre bei dir. In Voisemont.«
    Victor wusste also nicht, wo ihr Vater war. Wäre er verhaftet worden, hätte man es Victor gesagt. Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Ihr Vater kritzelte keine mathematischen Berechnungen an die Mauern eines der Pariser Gefängnisse, wodurch er die anderen Gefängnisinsassen verärgern und die Wachen zu Mordgelüsten treiben würde. Er war einfach nur verschwunden.
    »Hat mein Vater Paris verlassen? Weißt du das?«
    Sie hörte das Knirschen von Zähnen. Victors Zähnen. »Ich nehme es an. Er hat eine Tasche gepackt und ist gegangen. Er hat mich nicht über sein Ziel unterrichtet.«
    Fast empfand sie so etwas wie Mitleid für Victor. »Er ist nicht emigriert, falls du das befürchten solltest.« So viel gesunden Menschenverstand besaß ihr Vater nicht. »Was ihm auch widerfahren sein mag, ist ihm in Frankreich widerfahren.« Was nichts über das Ausmaß des Ärgers sagte, den er anstellen konnte.
    »Ich wünschte, ich könnte das glauben«, sagte Victor.
    »Wärst du in Sorge um ihn gewesen, hättest du mir schreiben müssen, um dich zu versichern, dass er bei mir ist. Aber es ist natürlich nett, dass du und auch deine Mutter zu Besuch hier seid. Auch wenn es im Moment nicht so ganz passt.« Sie durchquerte den Raum, um an der Klingel zu ziehen.
    Sie hatte es hier mit mehreren Problemen zu tun. Das dringlichste von ihnen war Victor. Aber er war nicht das größte.
    »Ich werde meinen Vater auf einem Hausboot in Puteaux finden, wo er den Magnetismus der Seine misst, oder in irgendeinem Mausoleum, wo er die Schädelgröße von Genies untersucht, oder … ich glaube, in seinem letzten Brief war von Planeten die Rede. Ich habe das nicht weiter beachtet, denn es war ja nichts Politisches.«
    »Alles ist politisch, Marguerite.« Victor baute sich direkt vor ihr auf. Zu dicht. »Was ist zwischen dir und diesem Proleten vorgefallen?«
    »Zwischen mir und einem Hausierer?«, tat sie es ab. »Sei nicht vulgär.«
    »Du bist mit diesem Abschaum über Tage zusammen gewesen.«
    »Man kann ihn wohl kaum als Abschaum bezeichnen, Victor. Gewiss – er ist ein Händler, aber die haben auch ihre Wertvorstellungen und Tugenden.« Mach das jetzt richtig. Mach das ja richtig . »Er war die ganze Zeit fast schon peinlich respektvoll. Nicht jeder kleine Mann verspürt das Bedürfnis, mit Gewalt gegen den Adel vorzugehen. Manche erleichtert es, wenn sie wie früher einfach nur Befehle befolgen können. Er will nur Geld. Es gibt da irgend so ein Stück Land in einem Dorf am Ende der Welt«, sie ließ Erheiterung in ihrer Stimme mitschwingen, »mit einer hübschen Müllerstochter.«
    »Dein Vater würde von mir erwarten, dass ich deinen Ruf wahre.«
    »Mein Vater würde erwarten, dass du ihm diese Aufgabe überlässt. Oder mir. Du mischst dich in Sachen ein, die dich nichts angehen.« Wegen Victor hatte sie Guillaume verleugnet, ihn beleidigt und war einfach gegangen. Ihr Abschied hatte dadurch einen schalen Beigeschmack bekommen.
    Schließlich senkte er den Blick. »Mir gefällt nicht, wie er dich anschaut.«
    »Ja, er hat wirklich ein hässliches Gesicht, aber dafür kann der arme Mann ja nichts.« Sie kehrte ihm den Rücken. »Ich werde mich jetzt zurückziehen. Ich merke, dass mich das Ganze sehr erschöpft hat. Ich werde einen Kaffee mit auf mein Zimmer nehmen und Briefe schreiben. Es gibt Hunderte von Freunden, denen ich mitteilen muss, dass ich wieder in der Stadt bin.« Bewusst unhöflich

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