Die Dornen der Rose (German Edition)
durchstöbern. Als er in Schwierigkeiten geraten war, hatte Lazarus ihn geradezu mit Kusshand dem Geheimdienst überlassen.
Es war ganz reibungslos angelaufen. Ein Ding, das wie jedes andere gedreht wurde. Er war den Schornstein kopfüber hinuntergeklettert, wobei er wie eine Spinne am Seidenfaden hing. Es gab immer so einen Blödmann, der ein Feuer im Kamin machte, aber das Feuer war schon vor einer Weile ausgegangen. Die Ziegelsteine hatten sich so weit abgekühlt, dass er sie sogar berühren konnte. Nichtsdestotrotz fiel es einem immer schwer, in Schornsteinen zu atmen. Es brannte in der Lunge.
Von unten drang Licht nach oben und bildete ein graues Viereck. Man hatte eine weit heruntergedrehte Lampe auf einem Tisch stehen gelassen, ehe man zu Bett gegangen war.
Er ließ sich ein Stück des Seils herab. Und dann noch ein bisschen mehr. Die letzten paar Meter waren heiß genug, um einen Schellfisch zu braten. Er überwand sie rasch, streckte den Kopf heraus und sah einen leeren Raum. Gut. Jetzt war nur noch wichtig, dass er nicht gegen die Scheite stieß, während er herauskletterte.
Er wischte die Füße am Teppich ab, der vor dem Kamin lag. Es brachte nichts, Asche im ganzen Haus zu verteilen. Lazarus hatte ihm einen Plan vom Grundriss des Hauses gezeichnet. Dabei handelte es sich allerdings vornehmlich um Vermutungen. Galbas Büro befand sich in der hinteren Ecke des Hauses. Galba war der Leiter des gesamten verdammten britischen Geheimdienstes. Wenn es irgendwelche Papiere gab, die belegten, dass Lazarus gemeinsame Sache mit den Franzosen machte, dann lagen die in Galbas Schreibtisch.
Finde die Papiere, klettere wieder den Schornstein hoch und hau ab. Es war nicht vorgesehen, dass er jemanden umbrachte.
Dass Galba hereinplatzte, war nicht seine Schuld.
Claudines Holzpantinen waren am Fuß der Treppe zu hören. Der Hof unten war leer. Er kletterte aus dem Fenster. Um die Schultern herum war es ein bisschen eng. Er bekam langsam Muskeln.
Er balancierte auf dem Fenstersims, während unter ihm der harte Boden wartete. Er klammerte sich mit den Fingerspitzen in den Ritzen zwischen den Ziegelsteinen fest. Gleichzeitig streckte er die Hand nach dem Dach aus. Das war ein etwas brenzliger Moment. Dann zog er sich hoch und über die Dachkante. Jetzt war es sein Dach.
Gut gemacht . Wenn er sich nicht selbst lobte, wer würde es dann tun?
Es war keiner draußen, der ihn hätte bemerken können. Er krabbelte übers Dach, bis er Doyle in einem der unten liegenden Räume sprechen hören konnte. Doyle und diese Carruthers. Wollen wir doch mal sehen, was die zu bereden haben.
Dinge in Erfahrung zu bringen war, als würde man Diamanten und Rubine von der Straße aufheben. Es gab ihm das Gefühl, reich zu sein. Vielleicht blieb er dadurch auch lange genug am Leben, um seinen vierzehnten Geburtstag zu begehen.
Das Abflussrohr, das an der Innenkante des Gebäudes verlief und bis in den Hof führte, erwies sich als so stabil, dass er darauf stehen konnte. Er hangelte sich ein paar Meter nach unten, wobei er sich an der Wand abstützte und ein bisschen Haut zurückließ. Sein linkes Knie machte ihm wieder Schwierigkeiten, doch er beachtete es nicht.
Dann konnte er gut hören.
»… tollwütiges kleines Wiesel. Ich dreh ihm höchstpersönlich den Hals um, wenn Sie zu zimperlich dafür sind.«
Die alte Schachtel dachte wohl, sie könnte ihn umbringen. Sehr unwahrscheinlich.
Er bekam nicht alles von dem mit, was Doyle antwortete. » … reißen wieder schlechte Gewohnheiten ein.« Wirklich dumm, dass er nicht verstehen konnte, bei wem wieder schlechte Gewohnheiten einrissen. Bei allen wahrscheinlich. »… wir brauchen …«
Dann sprach wieder die Frau. »Sie sehen dabei nur die englische Seite. In Österreich waren es in den letzten sechs Monaten sieben. Zwei gehörten der Theresianischen Militärakademie an. Gerade mal zwanzig. Die Besten.« Er konnte das leise Klirren von Porzellan hören. Sie tranken Tee. »Es ist ekelhaft.«
Der Geheimdienst machte sich Sorgen wegen Österreich. Sah ganz so aus, als hätte de Fleurignac mehrere Listen angefertigt. Nicht nur die eine für England.
Ihm entging Doyles Antwort. Dann sprach wieder die alte Frau. »… Leute aus. Wir halten uns bedeckt, während die Franzosen einander guillotinieren. Aber bestimmt kann ich ein paar Männer dazu abstellen, de Fleurignac zu beobachten.«
»… mir Bericht erstatten. Ich will, dass sie noch heute Posten beziehen. Sie sollen ihr jedes Mal
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