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Die Dornen der Rose (German Edition)

Die Dornen der Rose (German Edition)

Titel: Die Dornen der Rose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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zurückzukommen. Also setzte er ein freches Grinsen auf. »Wenn ich eine Ratte bin, Madame, bin ich die gefährlichste Ratte, der Sie je außerhalb Ihrer Albträume begegnen werden. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.« Er kehrte ihr den Rücken und ging denselben Weg, den er gekommen war. Eher wischte er sich den Hintern mit Robespierres Papieren ab, als dass er sie dieser alten Hexe gab.
    Zur Hölle mit ihr. Zur Hölle mit allen.

30
    Marguerite erwog, zum Hôtel de Fleurignac zurückzukehren. Aber dort waren Victor, seine Mutter und ein ganzes Haus voller Dienstboten. Die brauchten ihr nur ins Gesicht zu schauen, um zu erkennen, dass irgendetwas nicht stimmte. Man würde ihr Spezereien bringen und Kräutertees aufbrühen … und ihr nicht mehr von der Seite weichen.
    Sie konnte nicht. Sie konnte einfach nicht. Sie schlang die Arme um die Taille und setzte sich in Bewegung.
    Ihr Vater hatte etwas Schreckliches getan, oder besser gesagt: Er hatte es nicht selber getan, sondern einfach zugesehen, wie man seine Arbeit für schreckliche Zwecke benutzte. Guillaume war nicht durch Zufall zum Château in Voisemont gekommen. Er war auf der Suche nach ihrem Vater gewesen. Wie enttäuscht er wohl gewesen sein musste, als er nur sie vorgefunden hatte.
    Jetzt musste sie diese Sache wieder in Ordnung bringen.
    Irgendwo in der Stadt würde sie eine leichte Brise finden. In irgendeinem Park. In irgendeiner Straße, die zur Seine hinunterführte. Sie würde einfach stehen bleiben und sich von ihr das Gesicht kühlen lassen, während sie beobachtete, wie die Sonne aufging. Vielleicht würde sie sich dann besser fühlen.
    Von einer der gewundenen Straßen zu ihrer Linken her drang der Klang einer Violine. Vielleicht spielte jemand in einem Café Geige. Es waren schöne, zarte Klänge, die an Vogelstimmen erinnerten, wie man sie manchmal in einem ganz stillen Wald hörte. Sie ging auf die Musik zu.
    Hätte sie gewusst, wo Guillaume war, hätte sie nur den kleinsten Hinweis gehabt, wo er sein könnte, wäre sie in diese Richtung gegangen. Es wäre keine bewusste Entscheidung gewesen. Ihre Füße hätten sich einfach von selbst in Bewegung gesetzt und wären so lange weitergegangen, bis sie vor ihm gestanden hätte.
    Ich bin ein Dummkopf . Sie stieß sich die Zehen an den unregelmäßigen Pflastersteinen. In den engen, alten Straßen dieses Stadtteils waren Vorsprünge angebracht, damit Karren nicht an den Wänden entlangschabten. Diesen Hindernissen musste man auch ausweichen. Ihr ganzer Körper schien nur aus Schmerzen zu bestehen. Ihr Magen verkrampfte sich.
    Er ist Engländer. Warum habe ich das nicht erkannt? Er war kein Schmuggler, kein Buchhändler oder Kleinkrimineller und nicht einmal ein Angehöriger der Geheimpolizei. Er war ein englischer Spion. Man hatte ihn geschickt, um ihren Vater aufzuspüren und Rache an ihm zu nehmen.
    Sie war wohl eine weite Strecke gelaufen. In irgendeiner Gasse, die von der Rue d’Anduza abging, wurde ihr wieder übel, und sie musste sich heftig übergeben. Danach fühlte sie sich besser. Doch mit dem frühen Morgen wurde es kühler, und sie ging jetzt zitternd weiter. In der Rue Montmartre kam sie an Cafés vorbei, in denen alle Tische besetzt waren. Gut gekleidete Männer ließen die Nacht mit Cognac, lauten Gesprächen und den neuesten Ausgaben der Zeitungen ausklingen, die bereits verkauft wurden. Um sie herum saßen andere Männer, die gerade erst aufgestanden waren und sich offensichtlich darauf vorbereiteten, ihr Tagewerk zu beginnen. Fast schien es so, als würde sich auf diesen Straßen die Menschheit in Männer des Tages und Männer der Nacht aufteilen.
    Guillaume war beides. Tag und Nacht. Er konnte sich zu beiden setzen, und man würde ihn willkommen heißen. Im Café des Marchands , wo sie mit Guillaume gegessen hatte. Wo er ihr gesagt hatte, dass sie ihm dort eine Nachricht zukommen lassen könnte. Wo sie ihm gesagt hatte, dass sie ihn nicht brauchte.
    Ich brauche dich nicht, Guillaume LeBreton. Ich will dich nicht. Ich weiß noch nicht einmal, wie du wirklich heißt.
    Sie setzte sich an einen der Tische draußen vor dem Café, denn es war egal, ob sie sich nun entmutigt niederließ oder weiter wie ein Gespenst durch die Straßen zog. Als die Wirtin ungeduldig neben ihr stehen blieb, bestellte sie einen Kaffee und ein Brötchen.
    Der Kaffee wurde sanft auf dem Tisch abgestellt, damit er nicht überschwappte, und das Brötchen daneben gelegt.
    »Geht es Ihnen gut, Bürgerin?«,

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