Die Dornen der Rose (German Edition)
fragte die Frau.
Sie schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Die Frau ging.
Sie wollte nichts essen. Sie wollte zu Hause sein, im Château in Voisemont, an ihrem Schreibtisch, und Märchen voller Schönheit und hehrer Abenteuer niederschreiben. Sie wollte nicht selber Abenteuer erleben. Die taten weh.
Als sie sich das Gesicht mit den Händen abwischte, stellte sie fest, dass sie nicht mehr nach dem Liebesspiel mit Guillaume roch. Sie roch nach Affe.
Doyle stand am anderen Ende der Straße und sah Maggie draußen an einem Tisch sitzen. Sie hatte den Kopf gesenkt, sodass er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Sie trug schlichte, robuste Kleidung, sodass sie in dem Café nicht weiter auffiel. Vielleicht hatte sie sich bewusst so angezogen, doch wahrscheinlich nicht.
Er hatte ihr gesagt, dass sie ihn hier finden könne. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie es tun würde.
Sie hatte den Tisch gewählt, der am weitesten von der Tür entfernt war, wo sie nicht von den ein- und ausgehenden Männern gestört wurde. Eine unberührte Tasse Kaffee stand vor ihr, außerdem ein ebenfalls unangetastetes Brötchen.
»Hallo, Maggie.«
Mit einer geschmeidigen Bewegung hob sie den Kopf. Ihr Haar glitt zurück und umrahmte ihr Gesicht. Der klare Blick ihrer braunen Augen richtete sich auf ihn.
»Ich setze mich zu dir«, sagte er.
Ich ertrinke in dieser Frau und habe gar nicht das Bedürfnis, wegzuschwimmen. Das ist sie. Das ist die Frau, für die ich den Geheimdienst aufgebe . Gestern, vielleicht auch einen Tag davor oder gleich beim ersten Mal, als er sie gesehen hatte, hatte er diese Entscheidung gefällt. Er hatte es nicht gemerkt, aber sein Kopf hatte sich schon alles überlegt, das Für und Wider erwogen und dann den Entschluss gefasst. Seine Maggie. Es klang schon ganz natürlich.
Er zog den Binsenstuhl heraus bis an die Wand, sodass er die Straße im Auge behalten konnte, und setzte sich dicht neben sie. Sie sah müde, erschöpft und traurig aus. »Du bist früh auf.«
»Nicht früh. Ich bin die ganze Nacht wach gewesen.«
Sie sei durch die halbe Stadt gelaufen, hatte Talbot gesagt. Talbot war ihr die ganze Nacht in sicherer Entfernung gefolgt. Sie war an einem Dutzend Cafés vorbeigegangen, hatte sich im Park mit einem Leierkastenmann unterhalten, mit dessen Affen gespielt, in einer Gasse eine Katze hinter den Ohren gekrault und viel Zeit damit verbracht, auf den Fluss zu schauen. Wenn sie sich mit jemandem hatte treffen wollen, so war dieser nicht aufgetaucht.
Talbot hatte gesagt, sie sei krank. Sie habe sich in einer Nebenstraße ihrer Aktiva entledigt.
Ich möchte sie nach Hause bringen. Ich möchte ein Zuhause haben, wohin ich sie bringen kann. Ich möchte sie in mein Bett legen und sie einfach nur halten, während sie schläft. Ich möchte die ganze Nacht lang jederzeit die Hand ausstrecken können und sie neben mir finden .
Er konnte es nicht. Er musste sie zum Hôtel de Fleurignac zurückbringen und dort lassen. Verdammt. Es fühlte sich nicht richtig an. »Ich halte es für keine gute Idee, nachts allein durch Paris zu spazieren. Man begegnet gefährlichen Leuten.«
»Wie dir. Aber das erste Mal habe ich dich am helllichten Tage gesehen. Es gibt also keine Garantie. In Voisemont gehe ich häufig nachts spazieren.« Maggie nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. Er schmeckte fast nach nichts. »Ich bin dort häufig spazieren gegangen.«
Die Witwe, die das Café des Marchands führte, trat hinter dem Tresen hervor und brachte ihm Brot, ein Stück Hartkäse und einen Becher Wein, ohne dass er hätte bestellen müssen. Sein Aussehen gefiel der Witwe, und da sie auf der Suche nach einem neuen Mann war, ließ sie ihn das wissen. Ihr scharfer Blick wanderte von ihm zu Maggie, sie zuckte die Achseln und ging.
»Bist du hierhergekommen, weil du nach mir gesucht hast?«, fragte er.
»Ich glaube nicht. Ich bin nicht sicher, warum ich hier bin.« Sie saß da und starrte in ihre Tasse. »Es ist einfach passiert. Vielleicht war es ein Teil meiner Seele, der nach dir gesucht hat; der Teil, der sehr dumm ist und nicht weiß, dass es nicht mehr erlaubt ist, mit dir zusammen zu sein. Wie ein Hund, der nicht weiß, dass sein Herrchen tot ist. Er geht auf die Straße, läuft die gewohnten Wege und sucht dabei überall nach seinem Herrn. Klingt das nicht furchtbar traurig und erbärmlich?«
»Es hört sich nach jemandem an, der alte Geschichten aufschreibt. Das würde eine schöne Fabel ergeben.«
»Vielleicht. Aber ich
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