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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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anderen Menschen gerichtet, ob das nun ein Priester, ein Bruder oder ein Ehemann war. Sie hat immer nur getan, was sie tun wollte, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Sie sind zu ihr mächtig gut gewesen, und Sie sind zu uns mächtig gut gewesen. Das werden wir nie vergessen.«
    Die Schuld. Die Bürde. Es fiel Pater Ralph schwer, seine Hand zu heben und die andere, die schwielige, knorrige, zu schütteln. Doch das Kardinalsgehirn siegte. Er ergriff Paddys Hand, schüttelte sie heftig, fast fieberhaft, lächelte eigentümlich verzerrt. »Danke, Paddy. Sie können sicher sein, daß ich dafür sorgen werde, daß es Ihnen nie an etwas fehlt.«
    Im Laufe der Woche reiste er ab, ohne noch einmal nach Drogheda zurückzukehren. Mehrere Tage verbrachte er damit, seine geringe Habe zu packen und all jene Stationen im Distrikt zu besuchen, wo es katholische Familien gab, alle Stationen mit Ausnahme von Drogheda. Sein Nachfolger in Gillanbone war Pater Watkin Thomas aus Wales.
    Während dieser sein Amt hier im Distrikt antrat, wurde Ralph de Bricassart Privatsekretär bei Erzbischof Cluny Dark. Doch seine Arbeit war leicht, er hatte zwei Untersekretäre. In der Hauptsache beschäftigte er sich damit, einen genauen Überblick über das von Mary Carson hinterlassene Vermögen zu gewinnen - und die Zügel in die Hand zu bekommen, um es verwalten zu können zum Nutzen der Kirche.

3. TEIL 1929-1932
    PADDY
     
     
    8
     
     
     
    Das neue Jahr kam, und eingeleitet wurde es mit Angus MacQueens alljährlicher Silvester-Party auf Rudna Hunish. Doch auf Drogheda waren die Clearys noch immer nicht in das große Haus umgezogen. Im Handumdrehen ließ sich so etwas denn doch nicht bewerkstelligen. Über sieben lange Jahre hinweg hatten sich im Haus am Creek doch erstaunlich viele Dinge angesammelt - häuslicher Kram sozusagen -, die erst einmal sorgfältig gesichtet und gepackt sein wollten. Außerdem meinte Fee, vor dem Umzug sollte wenigstens der große Salon fertig sein. Besonders eilig hatte es eigentlich keiner, obwohl sich doch alle darauf freuten.
    In mancher Hinsicht würde es im großen Haus nicht anders sein als im Haus am Creek. Elektrizität gab es auch dort nicht, und die Fliegenplage war genauso schlimm. Doch im Sommer betrug die Innentemperatur rund zehn Grad weniger, wofür die dicken Mauern sorgten und auch die riesigen Eukalyptusbäume, die ihre Schatten über das Haus warfen.
    Ein echter Luxus war das Badehaus. Den ganzen Winter über hatte man dort heißes Wasser, das vom benachbarten Kochhaus herbeigeleitet wurde. Hinter dem riesigen Herd liefen Rohre entlang, und das Wasser darin - eine ans Wunderbare grenzende Vorstellung - war reines Regenwasser. Zehn verschiedene Räume, zum Teil kabinenartig, gab es, wo man baden oder duschen konnte. Aber damit hatte der Luxus noch kein Ende. Das große Haus wie auch sämtliche kleinen Häuser in unmittelbarer Nähe waren geradezu verschwenderisch mit Innentoiletten ausgestattet, richtigen Wasserklosetts, was einige Neider im Gillanbone-Distrikt zu der Bemerkung veranlaßt hatte, hier schieße die Verschwendungssucht denn doch allzusehr ins Kraut. Verwundern konnte eine solche Reaktion kaum. Außer im
    Hotel Imperial sowie in zwei Wirtshäusern, im katholischen Pfarrhaus und im Kloster gab es überall nur Außentoiletten. Den Luxus von Innentoiletten mit Wasserspülung konnte sich ansonsten lediglich Drogheda leisten: dank seiner großen Anzahl von Tanks und Dächern, die eine enorme Kapazität besaßen, Regenwasser aufzufangen. Doch galten strenge Vorschriften. Die Spülung auf den Toiletten durfte nur sparsam betätigt werden, auch tat man Desinfektionsmittel ins Wasser. Aber im Vergleich zu Aborten, die nichts weiter waren als ein Loch im Boden, erschien das geradezu himmlisch.
    In der ersten Hälfte des vergangenen Dezember hatte Pater Ralph einen Scheck über fünftausend Pfund an Paddy geschickt, damit dieser sein Auskommen habe, wie es im Brief des Priesters hieß. Paddy reichte Fee den Scheck. Auf seinem Gesicht malte sich Verblüffung. »So viel habe ich in meinem ganzen Arbeitsleben noch nicht verdient«, sagte er. »All die Jahre zusammengenommen.« »Was soll ich damit?« fragte Fee und blickte dann genauer hin. Sie hob den Kopf, ihre Augen leuchteten. »Geld, Paddy! Guter Gott, endlich Geld! Oh, Tante Marys dreizehn Millionen sind mir gleichgültig - eine so ungeheure Summe ist irgendwie gar nicht wirklich. Aber dies ist wirklich! Was soll ich damit

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