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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Unterstützungsempfänger, denn durchschlagen mußten sie sich allein: Väter und Ehemänner waren unterwegs auf Tramptour.
    Die wenigen Dinge, die ein Mann unbedingt zum Leben brauchte, wickelte er in eine Schlafdecke, um die er ein paar Riemen schlang. Dieses Bündel warf er sich über den Rücken und ging dann auf Walze. Wenn er - das war seine Hoffnung - auf den Viehstationen, die er bei seiner Route berührte, schon keinen Job bekam, so doch wenigstens ein paar Fressalien.
    Die Lebensmittelpreise waren niedrig, und Paddy sorgte dafür, daß in den Vorratslagern kein Mangel herrschte. Jeder Mann, der nach Drogheda kam, konnte sicher sein, daß sein Freßbeutel gut gefüllt werden würde. Sonderbar war, daß nur selten einer dieser Tramps das Bedürfnis zu haben schien, wenigstens für einige Zeit am selben Ort zu bleiben. Kaum hatten sie eine warme Mahlzeit im Bauch und genügend Proviant für die Walze im Beutel, so brachen sie meist auch schon wieder auf. Was immer sie suchen mochten, konnten einzig sie selbst wissen. Auf vielen anderen Stationen zeigte man sich bei weitem nicht so gastfreundlich und großzügig wie auf Drogheda, was das Rätsel nur noch rätselhafter machte, weshalb es die Männer, die auf Walze waren, meist auch von Drogheda gleich wieder weitertrieb. Woran mochte es liegen? An ihrer Heimatlosigkeit, an ihrer Ziellosigkeit, an der Sinnlosigkeit ihres Lebens? Irgendwie schafften es die meisten, sich am Leben zu halten, aber manche kamen auch um. Und wenn man sie fand, so wurden sie begraben, bevor die Krähen und die Schweine sie bis auf die Knochen abfressen konnten. Das Outback war riesengroß, und es war einsam.
    Stuart blieb jetzt für alle Fälle wieder zu Hause, und nahe bei der Tür zum Kochhaus war die Flinte stets griffbereit. In diesen Zeiten bekam man mühelos ausgezeichnete Viehtreiber, und Paddy hatte inzwischen neun Mann eingestellt, die in der alten Baracke hausten, also brauchte er Stuart nicht unbedingt auf den Koppeln. Fee ließ jetzt kein Geld mehr offen herumliegen, und Stuart mußte hinter dem Kapellenaltar eine Art getarntes Schränkchen einbauen. Doch unter den Tramps befanden sich nur wenige gemeine Kerle. Solche Typen blieben lieber in den Großstädten oder den größeren Landstädten, wo für sie eher was zu holen war als bei den langen, einsamen Wanderungen fern im Outback. Dennoch fand es jeder nur zu verständlich, wenn Paddy, schon Fees und Meggies wegen, von vornherein jedes Risiko ausschalten wollte. Drogheda war ein sehr berühmter Name, und es konnte durchaus sein, daß er die wenigen, aber halt doch existenten Kriminellen unter den Tramps anlockte. Der Winter brachte böse Stürme, einige trockene, einige nasse, und im darauffolgenden Frühjahr und Sommer fiel so reichlich, ja überreichlich Regen, daß auf Drogheda das Gras höher und üppiger wuchs als je zu vor.
    Jims und Patsy lernten an Mrs. Smiths Küchentisch fleißig die Lektionen, die sie per Fernunterricht zu erledigen hatten, und sie schwatzten davon, wie es wohl auf dem Riverview College werden würde, jenem Internat, auf das sie kommen sollten. Aber Mrs. Smith wurde dann immer so mürrisch und verdrossen, wenn sie das hörte, daß die Zwillinge in ihrer Gegenwart bald nicht mehr davon sprachen, auch nicht davon, daß sie überhaupt je Drogheda verlassen würden.
    Und wieder kam trockenes Wetter. Das schenkelhohe Gras wurde so dürr wie stets während eines regenlosen Sommers. Brüchig und morsch wirkten die silbrig schimmernden Halme. Doch über die vielen Jahre hinweg waren die Männer so abgestumpft gegen das ewige Auf und Ab und Auf und Ab von knallharter Dürre und schwappenden Überschwemmungen, daß sie nur mit den Achseln zuckten und ihrer Alltagsarbeit nachgingen, als gebe es ansonsten nichts von Wichtigkeit. Und sie hatten recht, denn eben hierauf kam es an: alles zu tun, um vom einen guten Jahr bis zum nächsten zu überleben, wann immer dieses nächste gute Jahr auch kommen mochte. Niemand konnte den Regen voraussagen. In Brisbane gab es zwar einen Mann namens Inigo Jones, der sich bei längerfristigen Wettervorhersagen bewährt haben sollte und dessen Methode auf einer neuartigen Bewertung der Sonnenfleckenaktivität basierte, doch draußen auf den Schwarzerdebenen maß dem, was er zu sagen wußte, niemand viel Glaubwürdigkeit bei. Mochten ihm in Sydney und Melbourne die Leute seine Prognosen auch abkaufen, die Männer der Schwarzerdebenen verließen sich lieber auf jenes alte

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