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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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erstickte. Ja, auch er ist tot, Mum.«
    Meggie schrie auf und versuchte, sich aus Jacks festem Griff zu befreien. Doch Fee stand wie zu Stein erstarrt, und ihre Augen glichen Glaskugeln.
    »Es ist zuviel«, sagte sie schließlich und hob den Kopf, um Bob anzublicken. Der Regen lief ihr über das Gesicht, das Haar hing in wilden Strähnen um ihren Hals. »Laß mich zu ihnen, Bob. Der eine ist mein Mann, der andere ist mein Sohn. Du kannst mich nicht von ihnen fernhalten, du hast kein Recht dazu. Laß mich zu ihnen.«
    Meggie war ruhiger geworden. Sie stand sehr still, den Kopf gegen Jacks Schulter gelehnt. Als Fee, von Bob mit einem Arm halb gestützt, durch das verkohlte und verschlammte Gelände zu stapfen begann, blickte Meggie ihrer Mutter nach, doch sie folgte ihr nicht.
    Hughie tauchte plötzlich auf aus dem trüben, grauen Regen, und Jack deutete mit dem Kopf zu seiner Mutter und zu Bob.
    »Folge ihnen, Hughie, und bleibe bei ihnen. Meggie und ich reiten nach Drogheda, um den Wagen zu holen.« Er half Meggie auf die braune Stute. »Komm«, sagte er zu ihr, »es ist fast schon dunkel. Wir müssen uns beeilen, denn wir können die anderen nicht die ganze Nacht hier draußen lassen - sie gehen ja nicht, ehe wir nicht wieder hier sind.«
    Wie sich zeigte, gab es bei dem tiefen Schlamm nichts auf Rädern, mit dem man sehr weit vorankam, keinen Wagen, keinen Karren, nichts. Schließlich spannten Jack und Tom zwei Zugpferde vor ein mehrere Quadratmeter großes Stück Wellblech, das die Tiere über den Schlamm zogen. Tom, auf einem Treiberpferd sitzend, führte das Gespann, während Jack schon vorausritt, und zwar mit der größten Laterne, die es auf ganz Drogheda gab. Meggie blieb im großen Haus. Sie saß im Salon vor dem Kamin, unbeweglich, ohne irgendeine Reaktion, während Mrs. Smith mit tränenüberströmtem Gesicht auf sie einsprach und sie fast flehentlich bat, doch einen Bissen zu essen.
    Irgendwann hörte die Haushälterin die harten, rhythmischen Geräusche des Türklopfers, und sie ging zur Eingangstür, um nachzusehen, wer das wohl sein könne. Wer hatte es geschafft, durch den Schlamm nach Drogheda zu gelangen, und wie um alles auf der Welt verbreiteten sich Nachrichten immer so schnell zwischen den weit auseinanderliegenden Stationen?
    Auf der Veranda stand Ralph de Bricassart, naß und schmutzig, in Reitkleidung und Ölhaut.
    »Oh, Pater, Pater!« rief sie und schleuderte sich geradezu in seine Arme. Er ließ ihren unerwarteten Gefühlsausbruch mit Fassung über sich ergehen. »Woher haben Sie nur gewußt?« fragte sie erstaunt. »Mrs. Cleary hat mir ein Telegramm geschickt, der Stationsverwalter an den Gesamtverwalter sozusagen, was ich sehr liebenswürdig von ihr finde. Erzbischof di Contini-Verchese gab mir Urlaub. Ich nahm ein Flugzeug, das dann bei der Landung im Schlamm steckenblieb und einen Kopfstand machte. Wie der Boden hier aussah, wußte ich also schon, bevor ich ausgestiegen war. Geliebtes, einzigartiges Gilly! Ich ließ meinen Koffer im Pfarrhaus bei Pater Watty und beschwatzte den Wirt vom Imperial, mir ein Pferd zu geben. Der hielt mich natürlich für verrückt, und er wettete eine Flasche Johnnie Walker Black Label darauf, daß ich es durch den Schlamm nie schaffen würde. Aber, Mrs. Smith, weinen Sie doch nicht so! Meine Liebe, auch wenn es ein ganz fürchterliches großes Feuer war, so schnell geht die Welt denn doch nicht unter!« Er lächelte und strich ihr tröstend über die zuckenden Schultern. »Hier stehe ich und versuche mein Bestes, Ihnen das Herz ein wenig leichter zu machen, aber Sie reagieren gar nicht darauf. Weinen Sie doch nicht mehr!« »Dann wissen Sie’s also nicht«, schluchzte sie. »Wissen? Was denn wissen? Was ist geschehen?« »Mr. Cleary und Stuart sind tot.«
    Sein Gesicht war plötzlich blutleer. Er schob die Haushälterin zurück. »Wo ist Meggie?« fragte er, brüllend fast. »Im Salon. Mrs. Cleary ist noch draußen auf der Koppel bei den Leichen. Jack und Tom werden die Toten zur Homestead bringen. Oh, Pater, manchmal denke ich, all meinem Glauben zum Trotz, daß Gott zu grausam ist! Warum mußte er sie beide nehmen?«
    Doch Ralph de Bricassart hörte die Worte kaum. Eine Spur aus schlammigem Wasser hinter sich zurücklassend, trat er in den Salon. »Meggie!« sagte er und kniete neben ihrem Sessel nieder. Mit festem Griff nahm er ihre Hände in seine, die vom Regen noch feucht waren.
    Sie glitt vom Sessel herab und schmiegte sich in seine Arme, lehnte

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