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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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lag das zweifellos daran, daß ihnen das Land gar keine Chance gab, anders zu sein. Denn wer diese Eigenschaften nicht besaß, blieb nicht lange im Großen Nordwesten. Allerdings würde es Jahre brauchen, bis die Narben einigermaßen schwanden. Viele Male würden die Eukalypten neue Rinde ansetzen und wieder abwerfen müssen, ehe die Stämme die gleiche Färbung zeigten wie früher, weiß oder rot oder grau, und ein bestimmter Prozentsatz der Bäume würde sich nie wieder erholen, sondern tot bleiben, tot und dunkel. Sperrig aufragende Skelette, würden sie noch viele Jahre lang aufrecht stehen, erst ganz allmählich zerfallend und sich vermischend mit dem Staub der Zeit.
    Quer durch das westliche Gebiet von Drogheda zog sich jene Furche, welche die scharfen Kanten der Wellblechplatte, der Behelfstotenbahre, hinterlassen hatten, und wer auf die Spur stieß und wußte, wie sie entstanden war, erzählte die Geschichte anderen, die sie noch nicht kannten, und mit der Zeit wurde sie zum festen Teil der legendenartigen Überlieferung der Schwarzerdebenen. Drogheda hatte durch das Feuer vielleicht ein Fünftel seiner Weidefläche verloren und zudem 25000 Schafe: kaum mehr als eine Bagatelle für eine Station, deren Gesamtbestand an Schafen in den vergangenen guten Jahren ungefähr 125000 betragen hatte. Es gab absolut keinen Grund, über die Bösartigkeit des Schicksals
    oder den Zorn Gottes zu jammern - oder wie immer jene, die von einer Naturkatastrophe getroffen werden, dies benennen mögen. Die einzige Devise konnte sein: Verluste abschreiben und versuchen sie wettzumachen. Es war ja nicht das erste Mal, daß so etwas geschehen war, und niemand nahm an, daß es das letzte Mal bleiben würde. Dennoch tat es weh, im Frühjahr die Gärten der Drogheda-Homestead zu sehen: braun und kahl. Gegen die Dürre konnten sie dank Michael Carsons Wassertanks bestehen. Während des Feuers hatte es nichts gegeben, um den Blumen und anderen Gartenpflanzen beim Überleben zu helfen. Nicht einmal die Wistarien wollten jetzt blühen. Unter der grausamen Hitze waren die vielen zarten Knospen, die sich damals gerade bildeten, sofort verwelkt. Ähnlich verhielt es sich mit allem anderen. Entweder es blühte überhaupt nicht, oder es zeigte nur karge Ansätze dazu, ganz gleich ob Rosen, ob Fuchsien, ob Stiefmütterchen oder was immer sonst. Aber natürlich wollte jeder, daß die Gärten wieder so würden wie früher, und so halfen alle, wenn’s ihre Zeit zuließ, dem alten Tom. Was die Arbeitskräfte betraf, so beschloß Bob, es so zu halten, wie sein Vater es - ganz im Gegensatz zu Mary Carson - gehalten hatte: immer ein paar Leute extra bereit zu haben, sie nicht erst einzustellen, wenn Not am Mann war, beim Lammen etwa oder zur Schurzeit. Auf diese Weise geriet man nie in die Klemme, und die Leute arbeiteten besser, wenn sie wußten, daß sie einen festen Job hatten. Zudem kam das auf weite Sicht ziemlich aufs selbe hinaus: Die meisten Viehtreiber hatten sozusagen Juckpulver unter den Fußsohlen, es hielt sie nie lange an einem Ort.
    Die neuen Häuser, die weiter vom Creek entfernt standen als die alten, wurden von verheirateten Männern bewohnt. Für Tom, den Gärtner, gab es hinter dem Pferdehof unter einem Pfefferbaum eine nagelneue Hütte mit drei Räumen, und jedesmal, wenn er sein Heim betrat, strahlte er vor Besitzerstolz. Meggie kümmerte sich weiter um die
    Innenkoppeln, ihre Mutter weiter um die Bücher. Fee fiel es auch zu, mit Bischof de Bricassart zu korrespondieren, doch ihrer Art entsprechend, beschränkte sie sich dabei - anders als Paddy früher - sozusagen auf die geschäftlichen Dinge: auf das, was den Betrieb auf der Station betraf. Meggie brannte darauf, seine Briefe zu lesen. Gierig hätte sie jeden Satz, jedes Wort in sich eingesaugt. Aber Fee gab ihr keine Gelegenheit dazu. Sie ließ die Briefe nicht aus der Hand, verschloß sie fest in einem Stahlkasten. Jetzt, wo Paddy und Stu tot waren, schien es überhaupt keine Möglichkeit mehr zu geben, an Fee heranzugelangen. Was das Versprechen anging, das sie im Hinblick auf ihre Tochter Ralph de Bricassart gegeben hatte, so vergaß sie es sofort wieder. Und so kam es, daß Meggie alle Einladungen zu Tanzveranstaltungen und Parties höflich ablehnte, ohne daß ihre Mutter, die durchaus darum wußte, einen Einwand erhoben oder Meggie gar gedrängt hätte anzunehmen. Liam O’Rourke nahm jede Gelegenheit wahr, um nach Drogheda zu fahren. Enoch Davies rief sehr häufig an.

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