Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
Vom Netzwerk:
Und nicht anders war es mit Connor Carmichael und Alastair MacQueen. Doch Meggie verhielt sich allen gegenüber so reserviert, daß schließlich keiner mehr hoffte, ihr Interesse für sich erwecken zu können. Der Sommer war sehr naß, wenn auch nicht in einem solchen Maße, daß es zu einer Überschwemmung gekommen wäre. Doch der Boden blieb ewig verschlammt, und die rund zweitausend Kilometer Barwon-Darling strömten tief, breit und stark. Als der Winter kam, fiel weiterhin sporadisch Regen, und die stiebenden bräunlichen Schleier waren jetzt aus Wasser und nicht aus Staub. So kam es, daß die große Zahl von Männern, welche die Depression im Outback auf Tramptour getrieben hatte, immer mehr zusammenschmolz. Es war schon teuflisch, in einer nassen Saison in den Schwarzerdebenen auf Walze zu gehen. Jetzt, wo zur Feuchtigkeit auch noch die Kälte hinzukam, wurde so mancher von denen, die kein warmes Obdach hatten, von einer Lungenentzündung heimgesucht. Bob machte sich Sorgen wegen der Schafe, sprach von der Möglichkeit der Fußfaule. Starke Bodennässe vertrugen Merinos nicht lange, sie reagierten darauf mit kranken Hufen. Die Schur war so gut wie unmöglich gewesen, denn die Scherer rührten nasse Wolle nicht an, und falls der Boden nicht einigermaßen abtrocknete, bevor die Zeit zum Lammen kam, würden viele neugeborene Schafe an der Nässe und der Kälte eingehen.
    Das Telefon klingelte, zweimal lang, einmal kurz, das Zeichen für Drogheda. Fee hob ab, drehte dann den Kopf. »Bob, für dich - die Stellenvermittlung.«
    »Hallo, Jimmy. Bob am Apparat ... Jaah, klar doch ... Oh, guut! Zeugnisse alle in Ordnung? ... Naa, dann schicken Sie ihn doch zu mir raus ... Natüürlich, wenn er so gut ist, wie Sie sagen, wird er den Job schon kriegen ... aaber ich möcht’ ihm doch erst mal selber auf den Zahn fühlen ... Die Katze im Sack kauf ich nicht, und Zeugnissen trau’ ich nicht ... In Ordnung, danke. Bis zum nächsten Mal.« Bob nahm wieder Platz. »Da kommt ein neuer Viehtreiber. Brauchbarer Kerl, sagt Jimmy. Hat draußen in den westlichen Queenslandebenen gearbeitet, in der Nähe von Longreach und Charleville. Soll auch Erfahrung mit weiten Viehtrieben haben. Gute Zeugnisse, alles in bester Ordnung. Hat früher Pferde zugeritten. War davor Scherer, sogar Gun-Scherer, sagt Jimmy, mit über zwofünfzig pro Tag. Und das macht mich ein bißchen mißtrauisch. Weshalb sollte ein Gun-Scherer für den Lohn eines Viehtreibers arbeiten wollen? Kommt nicht oft vor, daß ein Gun-Scherer seine einträgliche Arbeit für einen Satteljob aufgibt. Könnte aber ganz praktisch sein, so einen Mann zur Hand zu haben, nicht?«
    Im Laufe der Jahre hatte Bob sich eine immer breitere, gedehntere Sprechweise angewöhnt, und natürlich sprach er jetzt überhaupt mit stark australischem Einschlag. Er ging inzwischen auf die Dreißig zu, schien sich jedoch - zu Meggies großer Enttäuschung - für keines der Mädchen im heiratsfähigen Alter zu interessieren, mit denen er zusammenkam, wenn sich das aus den üblichen gesellschaftlichen Anlässen ergab. Zum einen zeigte er sich immer wieder entsetzlich schüchtern, zum anderen war seine Liebe zum Land so groß, daß er sie - so mußte man es wohl nennen - ungeteilt lassen wollte. Und irgendwie wurden Jack und Hughie ihm immer ähnlicher. Ja, man hätte sie für Drillinge halten können, wenn man sie jetzt so sah, nebeneinander auf einer der harten Marmorbänke sitzend - übrigens so ziemlich das äußerste, was sie sich im Haus an »Luxus« leisteten. Sie schienen tatsächlich lieber draußen auf den Koppeln zu kampieren, und wenn sie schon daheim schliefen, so streckten sie sich in ihren Schlafzimmern auf dem Fußboden aus, weil sie Angst hatten, in ihren Betten zu verweichlichen. Sonne, Wind und Trockenheit hatten ihre helle, sommersprossige Haut zu fleckigem Mahagoni gegerbt, aus dem sehr ruhig und fast fahl ihre blauen Augen hervorblickten, rundum von einem Netz tiefer Fältchen umgeben, den unverkennbaren Spuren ständigen Spähens in weite Fernen, bei Sonnenglast und dem Silberglanz bräunlicher Gräser. Ihr Alter ließ sich kaum annähernd genau schätzen. Auch hätte man nicht sagen können, wer von ihnen der älteste und wer der jüngste war. Alle hatten sie Paddys Römernase und sein freundliches, biederes Gesicht. Allerdings zeigte keiner von ihnen körperlich jene Spuren, die sich bei Paddy schon recht frühzeitig bemerkbar gemacht hatten, als Folge seiner vieljährigen

Weitere Kostenlose Bücher