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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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bekannt.«
    »Wirklich? Nun, es läßt sich eigentlich denken, daß ihr oft zu so etwas geht, denn sonst würde Luke kaum das Geld für einen Kilt ausgeben. Stimmt das nicht, Arne?«
    »Ein Mann muß sich auch mal entspannen«, sagte Luke, in die Defensive gedrängt.
    Der Ceilidh fand in einer halbverfallen wirkenden Scheune statt, die inmitten der Mangroven-Sümpfe an der Mündung des Dungloe Rivers stand. O Gott! dachte Meggie entsetzt, an Gerüchen aller Art ist dieses Land wohl wirklich nicht leicht zu übertreffen. Molassen, Moder, dann die Dunnys, und jetzt auch noch Mangroven: die ganzen fauligen Ausdünstungen der Meeresküste gleichsam zu einem Geruchspaket vereinigt.
    Sie traten ein, und Meggie sah sich um. Tatsächlich trugen hier alle Männer einen Kilt, und Meggie begriff plötzlich, wie kläglich sich eine Pfauhenne vorkommen mußte, wenn sie ihre Hülle mit dem Prachtgefieder eines Pfaus verglich. Die wenigen Frauen hier wurden von männlicher Pracht so überstrahlt, das sie fast nichtexistent zu sein schienen, ein Eindruck, der sich im Laufe des Abends noch verstärkte.
    Am Ende des Raumes spielten zwei Dudelsackpfeifer lustige Weisen, und einige Paare tanzten dazu. Doch die Hauptaktivität, und eine recht geräuschvolle dazu, konzentrierte sich auf eine Gruppe von Männern, die gefüllte Gläser weiterreichten - mit schottischem Whisky, gar kein Zweifel. Unversehens fand Meggie sich zusammen mit mehreren Frauen in einer Ecke, und eigentlich war sie ganz zufrieden, von dort die Beobachterin zu spielen. Natürlich trug keine Frau einen Clan-Tartan, also den Schottenrock mit dem sogenannten Schottenmuster, das keinesfalls irgendein beliebiges kariertes Muster ist. Denn keine Schottin trägt den Kilt, sondern nur das Plaid, und es war viel zu heiß, um sich solch schweren Stoff über die Schultern zu legen. Und so hatten die Frauen ihre eher unansehnlichen Baumwollkleider an, wie sie nun einmal in North Queensland getragen wurden, und gegen ihre so prachtvoll ausstaffierten Männer waren sie nicht mehr als graue Mäuse. Da fand sich das leuchtende Rot und Weiß von Clan Menzies, das heitere Schwarz und Gelb von Clan MacLeod von Lewis, das Butzenscheiben-Blau und die roten Karos von Clan Skene, die lebendige Vielfalt von Clan Ogilvy, das reizvolle Rot, Grau und Schwarz von Clan MacPherson. Luke in Clan MacNeil, Arne in dem Sassenach’s Jacobean Tartan. Wunderschön!
    Offenbar waren Luke und Arne hier wohlbekannt und recht beliebt. Wie oft mochten sie wohl herkommen? Was mochte sie diesmal veranlaßt haben, Meggie mitzunehmen? Sie seufzte, lehnte sich gegen die Wand. Die anderen Frauen betrachteten sie neugierig, schienen vor allem den Trauring an ihrer Hand aufmerksam zu registrieren. Luke und Arne zogen unverkennbar sehr viel weibliche Bewunderung auf sich, Meggie ihrerseits sehr viel weiblichen Neid. Was würden sie wohl sagen, dachte sie, wenn sie wüßten, daß der große Dunkelhaarige, der mein Mann ist, mich in den vergangenen acht Monaten genau zweimal besucht hat, und daß er offenbar nie auch nur den leisesten Wunsch verspürte, mit mir ins Bett zu gehen. Da, seht sie euch nur an, die beiden eingebildeten Hochland-Gecken! Dabei ist der eine so wenig ein Schotte wie der andere, und in diese Tracht schlüpfen sie doch nur deshalb so gern, weil sie wissen, daß sie darin phantastisch aussehen, und weil sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen wollen. Ja, einen prachtvollen Anblick bietet ihr wohl, ihr beiden Gaukler, aber ihr seid so sehr in euch selbst verliebt, daß ihr die Liebe eines anderen Menschen weder wollt noch braucht.
    Um Mitternacht wurden die Frauen aufgefordert, entlang den Wänden Aufstellung zu nehmen. Die Dudelsackpfeifer begannen »Caber Feidh« zu spielen. Jetzt erst waren jene Tänze an der Reihe, die als die eigentlichen galten. Und immer, wenn Meggie später die Klänge eines Dudelsacks hörte, fühlte sie sich in diesen Schuppen zurückversetzt. Selbst das Wirbeln eines Kilts hatte bereits diese Wirkung. Wie in einer Art Traum verschmelzen Klang und Bild miteinander, ein Gefühl pulsierenden Lebens und schier unbändiger Vitalität nimmt überhand, macht die Erinnerung so intensiv, daß sie nie mehr verlorengehen kann.
    Zum Fußboden hinab senkten sich die Schwerter. Zwei Männer in Kilts des Clan MacDonald von Sleat hoben die Arme über die Köpfe, und in dieser Haltung glichen sie Ballettänzern. Sehr ernst und so konzentriert, als müßten sie befürchten, bei der

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