Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
Vom Netzwerk:
Charakter als der Geschlechtsakt zuvor - es war, wenn man so wollte, eine uneigennützige Bekundung von Gefühlsbindungen. Wie entleert lag er und so leicht wie die Luft, die den Geruch von Tang und sonnengesättigten Pflanzen herbeitrug. Und endlich fühlte er sich befreit von dem Zwang, gegen sie ankämpfen zu müssen, die hier neben ihm lag - das Ende einer langen, sehr langen Schlacht. Er der Verlierer, sie die Siegerin? Du bist mir geschickt worden, Meggie, ja, so ist es wohl: Man hat dich mir gesandt. Um mir zu zeigen, wie falsch, wie unglaublich hochmütig der Stolz eines Priesters meiner Art ist. Gleich Luzifer habe ich jenem nachgestrebt, das einzig Gott zugehört; und genau wie Luzifer bin ich gestürzt. Vor Mary Carson, ja, da hatte ich alles oder doch fast alles, die Keuschheit, den Gehorsam und selbst die Armut. Doch eines habe ich bis zu diesem Tag nicht gekannt: die Demut.
    Herr, mein Gott, wenn sie, das Mädchen, nein, die Frau, mir nichts bedeuten würde, so wäre es ja leichter zu ertragen, aber manchmal glaube ich, daß ich sie weit mehr liebe als dich, und auch das ist Teil deiner Strafe für mich. An ihr zweifle ich nicht. Du hingegen, wer bist du? Ein Schemen, ein Phantom, eine Phantasmagoric! Wie also kann man dich lieben? Und doch: Ich liebe dich. »Wenn ich mich aufraffen könnte, würde ich ja schwimmen gehen und dann das Frühstück machen«,
    sagte er, um nur irgend etwas zu sagen.
    Sie lächelte. »Wie wär’s mit Arbeitsteilung? Du gehst schwimmen, und ich mache das Frühstück. Übrigens - eine Badehose wäre überflüssig. Hier ist niemand weit und breit.«
    »Das wahre Paradies!« Er schwenkte die Beine herum, saß auf dem Rand des Bettes, streckte sich. »Ein wunderschöner Morgen - ob das wohl ein gutes Omen ist?«
    Er stand auf und ging zu der Schiebetür, die zum Strand hinausführte. Dort blieb er stehen und streckte die Hand aus - streckte sie zurück. »Willst du nicht mitkommen? Mit dem Frühstück hat’s doch noch Zeit.«
    Sie folgte seiner Aufforderung sofort, griff nach seiner ausgestreckten Hand, stand dann neben ihm. Er blickte hinaus. Jetzt war Flut, und die frühe Sonne brannte schon heiß. Doch immer wieder strich der Wind kühl über die Haut.
    »Mir ist, als hätte ich die Welt noch nie zuvor gesehen«, sagte er, hinaus aufs Meer blickend.
    Meggie betrachtete ihn, und irgendwie erschien ihr dieses Nachspiel in der Morgensonne unwirklicher als die Realität des nächtlichen Traums.
    »Natürlich nicht«, sagte sie. »Nicht diese Welt. Denn dies ist unsere Welt. Solange sie besteht.«
    Später, beim Frühstück, fragte er: »Wie ist Luke eigentlich?« Sie überlegte eine Weile, kippte dabei den Kopf leicht seitlich auf die Schulter: »Dir körperlich längst nicht so ähnlich, wie ich einmal glaubte, aber damals hast du mir auch ganz besonders gefehlt. Geheiratet habe ich ihn wohl, weil er mich an dich erinnerte - er überragte die anderen. Nicht an wirklichem, an innerem Wert oder was auch immer. Nein, da war eigentlich nichts an Eigenschaften, die eine Frau bei ihrem zukünftigen Ehemann für besonders erstrebenswert halten soll. Er war ganz einfach größer und stattlicher, und insofern war er dir ähnlich. Übrigens braucht er Frauen genausowenig wie du.«
    In seinem Gesicht zuckte es. »In dem Licht siehst du mich also, Meggie?«
    »Willst du die Wahrheit hören? Dann gut. Die Antwort lautet: ja. In dir wie in Luke ist etwas, das glaubt, es sei eine Schwäche, wenn man eine Frau braucht. Ich meine nicht, zum Schlafen. Ich meine: brauchen, wirklich brauchen.« »Und obwohl du das weißt, willst du uns?«
    Sie hob die Schultern, in ihrem Lächeln war eine Spur von Mitleid. »Oh, Ralph! Ich sage nicht, daß es nicht wichtig ist, und mit Sicherheit hat es mir viel Unglück gebracht. Doch so ist es nun einmal. Ich wäre doch eine Närrin, wenn ich versuchen wollte, zu ignorieren, was nicht zu ignorieren ist. Denn auch ich habe - wie sagt man doch -meine Bedürfnisse. Offenbar brauche ich einen Mann wie dich und vielleicht auch wie Luke, denn sonst wärt ihr mir ja kaum weiter wichtig gewesen. Nun ja - vielleicht hätte ich einen guten, freundlichen, einfachen Mann von der Art meines Vaters geheiratet, jemanden, der mich will und der mich braucht. Aber in jedem Mann steckt wohl ein Stück Samson. In Männern wie dir und Luke ist das nur stärker ausgeprägt.«
    Er schien nicht im mindesten beleidigt. Er lächelte sogar. »Meine kluge Meggie!«
    »Das ist nichts weiter

Weitere Kostenlose Bücher