Die Dornenvögel
herab, zuckte die Achseln. »Vielleicht ganz gut, daß ich viel zu sehr Einzelgängerin bin, um in die Verlegenheit zu kommen, mich so einem Wurm in der Mutterrolle aufzudrängen.«
Die blauen Augen blickten zärtlich, Justine begann, sich innerlich auf die Hinterbeine zu stellen. Sie hatte das Gefühl, von Dane bemitleidet zu werden.
»Warum heiratest du nicht Rainer?« fragte er plötzlich. Ihr Unterkiefer sackte ein kleines Stück herab. »Ja, aber ...«
begann sie. »Er hat mich ja noch nie gefragt.«
»Nur weil er fürchtet, du würdest nein sagen. Aber das ließe sich ja arrangieren.«
Unwillkürlich packte sie ihn beim Ohr, so wie sie es getan hatte, als sie noch Kinder gewesen waren. »Daß du das ja nicht wagst, du eselohriger Dummkopf! Kein Wort, hörst du! Ich liebe Rain nicht! Er ist nur ein Freund, und dabei möchte ich’s auch bleiben lassen. Wenn du da auch nur den kleinsten Wink versuchst, dann, das schwöre ich dir, schiele ich dich an wie eine Flunder und belege dich mit dem gräßlichsten Fluch - und du weißt doch wohl noch, wie dich das in Angst und Schrecken versetzt hat, nicht wahr!?« Er warf den Kopf zurück und lachte. »Das würde nicht wirken, Justine! Mein Zauber ist jetzt nämlich stärker als deiner. Aber warum regst du dich so auf, du Dummchen. Ich habe mich geirrt, das ist alles. Ich nahm an, zwischen dir und Rainer sei da jetzt ...« »Nein. Ist nicht. Doch nicht auf einmal nach sieben Jahren! Oder glaubst du, daß alte Hüte Junge kriegen? Also hör schon auf!« Sie schwieg einen Augenblick, schien nach Worten zu suchen, sah ihn dann fast scheu an. »Dane, ich freue mich ja so für dich, und wenn Muni hier wäre, würde sie bestimmt genauso empfinden. Wenn sie dich jetzt so sähe. Warte ab. Sie kommt schon noch zur Besinnung.«
Er nahm ihr kleines, stets ein wenig spitz wirkendes Gesicht zwischen seine Hände, sehr sacht, sehr zart. Und in seinem Lächeln, in seinen Augen gewahrte sie soviel Liebe, daß sie ihre Finger unwillkürlich um seine Handgelenke schlang, wie um durch die Poren seiner Haut auch das letzte Quentchen in sich aufzunehmen. In der Tiefe seiner blauen Augen entdeckte sie auf einmal etwas, das ihr zeigte, wie verletzlich er doch geblieben war, allem äußeren Anschein zum Trotz. Wie sollte man es benennen? Beunruhigung? Ja, das war wohl das Wort, so ungefähr jedenfalls ... »Jus«, fragte er, als er sie wieder losließ, »würdest du etwas für mich tun?«
»Was du willst«, sagte sie und meinte es auch so. »Jetzt habe ich erst einmal zwei Monate, mit denen ich tun kann, was ich will. So richtig über alles nachdenken werde ich wohl erst, wenn ich auf einem Drogheda-Pferd sitze, nachdem ich mit Mum gesprochen habe - irgendwie habe ich das Gefühl, daß ich erst nach dem Gespräch mit ihr über so manches Klarheit gewinnen kann. Vorher aber muß ich ... nun, ich muß sehen, daß ich den Mut aufbringe, nach Hause zu fahren. Wenn du es also einrichten könntest, mit mir für ein paar Wochen auf den Peloponnes zu kommen, um mir immer und immer wieder vorzuhalten, was für ein Feigling ich doch bin, so lange, bis ich deine Stimme nicht mehr hören kann und in ein Flugzeug steige, um bloß endlich fortzukommen.« Er lächelte sie an. »Außerdem, Jussy, möchte ich nicht, daß du denkst, ich schlösse dich völlig aus meinem Leben aus - genausowenig, wie ich Mum ausschließen werde. Was dich betrifft, so brauchst du mich ja wohl ab und zu als dein altes Gewissen.« »Oh, Dane, natürlich komme ich mit!«
»Gut«, sagte er und lächelte dann boshaft. »Ich brauche dich wirklich, Jus. Wenn du mir dauernd in den Ohren liegst, wird’s ganz so sein wie in alten Zeiten - Xanthippe!« »Nun mal langsam, Hochwürden! Keine Beschimpfungen!« Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf, lehnte sich zufrieden zurück. »Hochwürden - das bin ich wirklich - und ist das nicht wunderbar! Nachdem ich Mum wiedergesehen habe, kann ich mich vielleicht ganz auf unseren Herrgott konzentrieren. Ich glaube nämlich, daß es mich gerade dazu drängt, weißt du. An ihn und über ihn zu denken.«
»Du hättest einem Orden beitreten sollen, Dane.« »Das kann ich immer noch und werde ich vielleicht auch. Ein ganzes Leben liegt vor mir. Da ist keine Eile.«
Justine verließ den Empfang zusammen mit Rainer, und nachdem sie davon gesprochen hatte, daß sie Dane nach Griechenland begleiten würde, erklärte er, er werde in sein
Bonner Büro zurückkehren.
»Scheint mir auch an der
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