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Die Dornenvögel

Die Dornenvögel

Titel: Die Dornenvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCoullough
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Augenbraue klebte ein Pflaster, er tupfte gegen seine aufgesprungene Lippe. Zum ersten Mal, seit Pater Ralph ihn kannte, sah er glücklich aus: Wie man es sonst bei Männern findet, bei denen man annehmen kann, daß sie mit einer Frau eine gute Nacht im Bett verbracht haben, dachte der Priester. »Was hat Meggie hier zu suchen?« fauchte Frank plötzlich, und in seinen Augen schien wieder - oder noch - etwas von dem Kampfgeist zu glimmen, der ihn im Ring erfüllt hatte. »Ohne sie an Händen und Füßen zu fesseln und außerdem auch noch zu knebeln, war es mir unmöglich, sie vom Zelt fernzuhalten«, erwiderte Pater Ralph scharf. Er war verärgert, sich rechtfertigen zu müssen. Doch Frank sah aus, als würde er nicht davor zurückscheuen, auch auf den Priester loszugehen. Zwar fürchtete sich der Pater nicht im mindesten vor dem jungen Mann, aber das Aufsehen, das eine etwaige Szene erregen würde, wollte er denn doch lieber vermeiden. »Sie hat um Sie gebangt, Frank. Sie wollte nahe genug sein, um mit eigenen Augen sehen zu können, daß Ihnen nichts weiter passierte. Seien Sie also nicht böse auf sie. Sie ist so schon aufgeregt genug.«
    »Wehe, du erzählst Daddy, daß du auch nur in der Nähe von diesem Zelt warst«, sagte Frank zu Meggie.
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir unseren Rundgang jetzt beenden?« fragte der Priester. »Ich glaube, ein wenig Ruhe und eine Tasse Tee im Pfarrhaus würden jetzt uns allen guttun.« Sacht nahm er Meggies Nasenspitze zwischen seine Finger, zwickte leicht. »Und du, junge Dame, könntest jetzt wohl so etwas wie ein Bad vertragen.«
    Der Tag, den Paddy an der Seite seiner Schwester verbringen mußte, war wirklich das Härteste an Nerven- und Geduldsprobe, was er seit langem durchgemacht hatte. Da galt es, für sie in einer Weise verfügbar zu sein, wie er das von seiner Frau einfach nicht kannte. In sogenannten Guipurespitzenschuhen (Importware) stöckelte sie kreuz und quer über den schlammigen Boden des Showground, eine Königin, die bald hier, bald dort huldvoll einen Gruß erwiderte, auch lächelnd ein paar Worte wechselte. Und Paddy hatte ihr zu Diensten zu sein, mußte ihr im wenig wegsamen Gelände gleichsam den Weg erst bahnen; sie stützen, ihr die Hand reichen; oder doch zumindest immer und überall an ihrer Seite sein, so zum Beispiel auch, als sie dem Sieger des
    Hauptrennens die Gillanbone-Trophäe überreichte, ein smaragdverziertes Damenarmband. Weshalb so etwas der Siegerpreis war, begriff Paddy einfach nicht. Statt solchem Schmuckkram für Weiber hätte er sich da ganz was anderes vorstellen können, einen Pokal aus massivem Silber, vielleicht sogar vergoldet, oder auch ganz einfach ein Bündelchen Geldscheine. Er verstand nicht und konnte aus seinem Blickwinkel auch nicht verstehen, daß man nur zu gern das Amateurhafte dieser Wettbewerbe unterstrich, die Tatsache, daß man nicht Professional war, sondern Liebhaber dieses Sports, daß jeder, der sich an einem solchen Rennen beteiligte, eine vulgäre Gewinnsumme nun wirklich nicht nötig hatte. Eine Trophäe in Form eines Schmuckarmbands konnte man der lieben Gattin als kleine Aufmerksamkeit überreichen. Horry Hopeton, der auf King Edward, seinem Fuchswallach, den Sieg im Hauptrennen errungen hatte, war bereits in früheren Jahren zu einigen Armbändern gekommen, eines mit Rubinen, eines mit Diamanten, eines mit Saphiren. Er hatte eine Frau und fünf Töchter, weshalb er, wie er betonte, mit dem Siegen in diesem Wettbewerb erst aufhören könne, wenn er insgesamt sechs Armbänder gewonnen habe.
    Paddy, im gestärkten Hemd mit scheuerndem Zelluloidkragen und im blauen Anzug, fühlte sich beengt, und außerdem war ihm scheußlich heiß. Das Essen, das es beim festlichen Luncheon gegeben hatte - sogenanntes Seafood aus Sydney: allerlei exotisches Meeresgetier -, war seinem hammelgewohnten Magen nicht bekommen. Er fühlte sich wie ein Narr und fürchtete, daß er auch genauso aussah, jedenfalls in den Augen dieser Leute. Sein feiner Anzug mochte soweit ja ganz in Ordnung sein, aber wenn man etwas genauer hinblickte, dann konnte einem kaum entgehen, wie schlecht er geschnitten war und wie miserabel er saß, verglich man’s mit dem, was die anderen hier anhatten. Allerdings, diese Leute hier, Menschen von Paddys Schlag waren das wirklich nicht.
    Die in braunen Tweed gekleideten Viehzüchter, die hochnäsigen Matronen, die meist ziemlich plump wirkenden jüngeren Frauen - die Creme dessen, was das »Bulletin«

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