Die Drachenflotte (German Edition)
auf jeden Fall das Boot mieten, um ihr Gepäck dort lassen zu können. Während sie den Strand entlangstapften, wo die Füße bei jedem Schritt tief im feinen Sand versanken, wünschte Knox, er hätte nicht so viel mitgenommen. Aber Adam und Emilia waren auf See verschwunden, da brauchte er seine Taucherausrüstung, und ganz ohne Klamotten zum Wechseln ging es auch nicht.
Die Piroguiers, die bei ihren Booten hockten, witterten Geschäfte. Sie sprangen auf und liefen ihnen entgegen. Der Touristenausfall infolge des Staatsstreichs tat offensichtlich weh. Knox erklärte, was sie erwarteten, und entfachte mit seiner Frage nach den Kosten einen Preiswettbewerb, bei dem die jungen Männer einander unterboten, um den Zuschlag zu erhalten. Zwei von ihnen kamen auf den gleichen Preis, aber nur einer sprach einigermaßen Französisch und machte ihnen so die Entscheidung leicht. Thierry, so hieß der junge Mann, führte sie zu seiner Piroge, wo sein Bruder und Partner, Alphonse, beim Netzflicken war.
Knox sah sich das Boot an. Der schmale, kanuähnliche Rumpf war aus einem einzigen Baumstamm geschnitten, mit Lattensitzen ausgestattet und einem wuchtigen Torpedo von Ausleger versehen, um die Stabilität zu erhöhen. Das Boot schien in Ordnung zu sein, ebenso wie der Mast und das Segel, die daneben im Sand lagen.
«Können wir es bis heute Abend nach Eden schaffen?», fragte er.
Thierry antwortete mit dem typischen Achselzucken des Seglers. «Kommt auf den Wind an», sagte er. «Aber das ist kein Problem. Mein Bruder lebt in Ambatomilo. Oder wir übernachten im Zelt am Strand.»
«Klingt super.» Lucia lächelte. «Was gibt’s Romantischeres als eine Nacht am Strand.»
«Können wir unser Gepäck bei Ihnen lassen?», fragte Knox. «Wir müssen noch in die Stadt.»
«Natürlich», antwortete Thierry. «Wir warten hier auf Sie.»
«Wunderbar», sagte Knox. «Bis nachher dann.»
III
Ein schwarzer Hund entdeckte sein Herz für Boris, als dieser die Hauptstraße von Morombe hinunterflanierte, und heftete sich ihm mit hungrigen Blicken an die Fersen. Obwohl er das Tier mit einem Tritt in die Rippen zu verscheuchen suchte, folgte es ihm beharrlich weiter. Ein passender Begleiter: Selten hatte er etwas so Deprimierendes gesehen wie dieses Nest. Die Straße war praktisch ein einziges Schlagloch, in dem die wenigen Autos wie in einem Hindernisparcours vorsichtig um vereinzelte Asphaltinseln herumkurvten. Überall lagen Abfälle, zerdrückte Zigarettenpackungen, Limonadenflaschen und Ähnliches. Ein junger zuckerkranker Bettler mit einem dick geschwollenen Bein voller Furunkel zupfte eine selbstgebaute Mandoline, eine Frau, die längst alle Hoffnung verloren hatte, verkaufte Papierservietten und Süßkartoffeln, während um ihre Füße herum Kinder ihre aus Sardinenbüchsen gebastelten Autos Rennen fahren ließen.
Er kam an einem Campinggeschäft vorbei, das in einem Fenster Kochgeschirre und Jagdmesser anbot und im anderen Reiseführer und Landkarten. Schwer vorstellbar, wie der Besitzer seinen Laden offen halten konnte. Bis jetzt hatte er noch keinen einzigen Touristen gesichtet. Er kaufte einen Führer und eine Karte der Küste von Morondava bis nach Toliara hinunter, klappte sie auf und studierte sie im Gehen. Den Zeitungsausschnitten zufolge, die Sandro ihm mitgegeben hatte, lag die Maritsa jenseits des Riffs mehrere Kilometer vor der Küste vor Anker. Es würde schwierig werden, nahe genug an diesen Mann namens Matthew Richardson heranzukommen, um festzustellen, ob sich wirklich Knox hinter dem Namen versteckte. Der Mann, der das Bergungsunternehmen leitete, schien nichts gegen Publicity zu haben, vielleicht also konnte er sich da als Journalist mit der Bitte um ein Interview einschmuggeln. Aber weit besser wäre es natürlich, wenn es ihm irgendwie gelänge, Richardson an Land zu locken, außer Reichweite seines schützenden Freundeskreises.
Er überlegte noch, wie sich das bewerkstelligen ließe, als er den Mann direkt auf sich zukommen sah.
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Kapitel 9
I
E in junger Mann in schlabberigen Basketball-Shorts und einem verwaschenen Black-Sabbath-T-Shirt erwartete Rebecca am Flughafen von Toliara. In der hochgestreckten Hand hielt er ein abgerissenes Stück Karton, auf das mit schwarzem Marker in krakeligen Lettern ihr Name geschrieben war. Er sah beunruhigend jung aus, trotz seiner Erwachsenenrequisiten: des schmalen Oberlippenbärtchens, der Zigarettenpackung, die zusammen mit dem Feuerzeug in
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