Die Drachenjägerin 1 - Winter, M: Drachenjägerin 1
dein großer Tag. Ich habe mir schon gedacht, dass ich … dich hier finde. Die letzte Gelegenheit, um mit dir zu sprechen, bevor …« Immer noch musste er darum ringen, ganze Sätze von sich zu geben. Sein Gesicht verdüsterte sich, nachdenklich musterte er sie. » Willst du wirklich in die Garde?«
» Natürlich! Das ist mein größter Traum gewesen!«
» Nein«, widersprach er. » Dein größter Traum war, Drachen zu töten. Dein Dorf beschützen zu können. Dem Namen Harlon wieder einen guten Klang zu geben. Das alles hast du erreicht. Du brauchst die Garde nicht, Linnia.«
» Du freust dich gar nicht mit mir?« Beleidigt funkelte sie ihn an. » Das hätte ich nicht gedacht, nicht von dir.«
» Natürlich freue ich mich«, versicherte er. » Vor allem darüber, dass du den Drachen überlebt hast. Aber diese Gardisten … glaubst du, dass du dich bei ihnen wohlfühlen wirst? Wolltest du nicht nach Hause gehen, wenn du dein Ziel erreicht hast, zu deinem Verlobten?«
Auch das noch. Sie wollte jetzt wirklich nicht an Yaro erinnert werden. Immer errichtete dieser Name eine Schranke zwischen ihnen. Eine Mauer, bis über ihre Köpfe, unüberwindbar.
» Du willst mich loswerden?« Warum musste er immer solche Sachen sagen?
Sie wollte sich an ihm vorbeidrängen, bevor er ihre Tränen bemerkte, doch er hielt sie fest.
» Nein. Nein!« Er schlang die Arme um sie und drückte sie an sich. Sie konnte erahnen, wie stark er wirklich war, als sie versuchte, sich aus seinem Griff herauszuwinden. Nival ließ sie nicht los, und jede Schüchternheit war aus seiner Stimme verschwunden, als er sagte: » Ich möchte dich bei mir behalten, Linnia. Ich möchte, dass du bleibst, wer du bist.«
Sofort meldete sich der Hunger wieder, dieses brennende Verlangen nach seinen Küssen. Sie schluckte; auf einmal konnte sie nicht mehr sprechen, konnte nicht einmal eine passende Antwort herausbringen. Ich möchte dich bei mir behalten? Oh Arajas!
Nival war noch nicht fertig. » Am Hof des Königs ist nicht alles so, wie du es dir vielleicht vorstellst. Du brauchst die Garde nicht. Du kannst einen Drachen ganz alleine töten.«
» Nein«, widersprach sie. » Der Narr hat ihn abgelenkt.«
» Du hättest es auch so geschafft.«
» Das weißt du doch gar nicht. Du warst nicht dabei.«
Immer noch hielt er sie fest, und auf einmal kam er ihr fremd vor, dieser Nival, der zupacken konnte und nicht losließ. Ein kleiner Beamter, der vorhatte, das ganze Königreich umzukrempeln. Auf einmal glaubte sie daran, dass er das wirklich schaffen konnte. Wieder eine neue Facette: nicht der verlegene Jüngling, sondern eher noch der Kämpfer aus den dreckigen Hinterhöfen, der erst harmlos tat und seine Gegner dann unerbittlich erledigte.
Oh, er hat mich, dachte sie. Er hat gewonnen. Ich bin so was von besiegt.
Es war unmöglich, aus dieser Umarmung zu entkommen. Sie lehnte den Kopf an seine Brust und hörte sein Herz schlagen. Hier war sie zu Hause. Angekommen. Am Ziel.
Wie sollte sie jetzt noch ihre Gefühle in Sicherheit bringen? Gar nicht. Also, auf in den Kampf, Drachenjägerin. Spielen wir das Spiel weiter. Zu meinen Regeln.
» Meine mutige Drachenmaid«, flüsterte er in ihr Haar. » Ich frage mich immer noch, wie du das geschafft hast.«
Ich bin eine Zauberin.
Sie würde es ihm sagen, irgendwann. Im Moment würde es ihn zu sehr ablenken von dem, was sie mit ihm tun wollte. Später war noch Zeit genug. Sie würde ihm sagen, was sie getan hatte, mit ihrem Schwert und mit dem Drachen. Magie ist Drachenwerk, würde sie sagen. Wusstest du das? Und was wird wohl der König dazu sagen, dass man diese Ungeheuer nur mit ihren eigenen Waffen schlagen kann? Vielleicht bringt uns diese Erkenntnis beide ans Ziel – dich beim König und mich bei der Drachenjagd?
» Du hast recht, ich bin am Ziel«, flüsterte sie, » ich kann einen Drachen töten, allein. Aber da gibt es noch etwas. Einen Grund, warum ich nicht nach Hause kann …« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Seine weichen Lippen. Seine glattrasierten Wangen. Die kleine Kuhle am Schlüsselbein.
Nival sog scharf die Luft ein.
Sie verschränkte die Arme hinter seinem Hals und zog ihn zu sich herunter. Nach einer Weile tauchten sie beide aus einem Kuss auf, der ihnen den Boden unter den Füßen wegriss.
» Dafür bringt Mora mich um«, flüsterte er.
» Das ist mir egal. Ich kann gut kämpfen.«
» Sie ist eine gefährliche Zauberin«, erinnerte er Linn.
» Na und? Ich
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