Die Drachenjägerin 2 - Winter, M: Drachenjägerin 2
bei der ich das getan habe, warst du nicht so begeistert.«
» Das war etwas anderes«, meinte Nival ungeduldig. » Du hast ein Zaubermittel benutzt, das vor dir jemand mit einer Bestimmung versehen hatte. Aber in diesem Fall …«
» Ich habe dich damals genauso geheilt, weißt du nicht mehr? Drachenstaub an meinen Händen. Deine Halswunde. Wintika .«
Er starrte sie an und griff sich an den Hals. » Nein«, sagte er verblüfft, » davon weiß ich nichts.«
» Du standest an der Schwelle des Todes. Du warst am Verbluten. Ich hatte nur dieses Zeug an den Händen … Was dachtest du denn, wie du überlebt hast?«
» Ich …« Er rang nach Worten. » Ich dachte, es sei nicht so schlimm gewesen.«
Seine grauen Augen wirkten merkwürdig dunkel, als trüge er immer noch einen nachtschwarzen Ring darum. » Arian hat mich also umgebracht?«
Vielleicht hatte sie Dankbarkeit erwartet. Jetzt, da er auf einmal begriff, dass sie ihm das Leben gerettet hatte. Stattdessen pflegte er nur wieder seinen Hass auf den Sohn des Königs.
» Er hat mich also nicht nur fast, sondern richtig ermordet?«
Es war so lächerlich. » Du bist nicht tot, stimmt’s?«
» Er ist mein Mörder. Du wusstest es. Und trotzdem … und trotzdem … liebst du ihn?« Nival war so blass, und die Ringe unter seinen Augen waren so dunkel, dass er keine Farbe brauchte, um wie Jikesch auszusehen. » Wieder ein Schritt hinunter in die Erkenntnis«, flüsterte er. » In das Moor, das sich Wahrheit nennt, in dem man versinkt und erstickt. Wusstest du, dass die Wahrheit schwarz wie die Nacht ist, bitter und tödlich? Lügen sind leicht und bunt, wie Seifenblasen … Aber die Wahrheit ist der Sumpf, aus dem es kein Entkommen gibt.«
Sie konnte es nicht ertragen, wenn er, Nival, wie Jikesch redete. Dann kam er ihr vor wie ein Wahnsinniger, eine groteske Gestalt mit irrem Lachen, deren Worte mehr schmerzten als Peitschenhiebe.
» Eine Zauberin«, murmelte er. » Sie verrät nicht nur unsere Geheimnisse, sie verrät sich selbst. Eine Zauberin in den Armen des Prinzen, das Opfer legt sich ins Bett des Henkers! Ist das ein Scherz der Götter? Sie haben so viel mehr Humor als ich. Man kann Barradas nicht trauen, am wenigsten, wenn er Glück verschenkt.«
» Lass das!«, zischte sie. » Ich kann es nicht mehr hören!«
Nival fuhr sich mit der Hand über die Augen, er zitterte.
» Ja«, sagte er mit veränderter Stimme. » Also bleiben wir ernst, der Situation angemessen, rüsten wir uns mit Würde und Anstand. Erkläre mir, wie du es vermagst, mit Caness Wunden zu würzen und den Tod zu verbannen.«
» Nicht mit Caness. Wintika ist das entscheidende Wort. Es ist genauso leicht wie Caness.« Sie hoffte, dass er sich endlich zusammenriss und vernünftig mit ihr redete. Wenn sie geahnt hätte, wie sehr es ihn durcheinanderbrachte, dass seine Halswunde ihm beinahe den Tod gebracht hätte, dann hätte sie es niemals erwähnt.
» Keineswegs«, widersprach Nival. » Die Heilsalben werden anders hergestellt, nicht aus dem Abrieb der Schuppen, sondern aus zerstoßenen Drachenhörnern oder Zähnen. Besonders kostbare und seltene Arzneien enthalten Drachenzunge. Nur wenige Zauberer können damit überhaupt etwas anfangen und auf dieser Grundlage arbeiten. Mora war nicht in der Lage dazu. Sie hat immer fertige Pasten kaufen müssen. Schirdan dagegen war sehr gut darin. Er konnte sogar Nachtglanz herstellen – das macht man aus den Augen der Drachen. Mora musste sich auf Horn oder Zahn beschränken, doch auch daraus lassen sich sehr wirksame Dinge herstellen.«
Linn fragte nicht nach, was Nachtglanz war. Sie sah auf ihre mit Drachenstaub bedeckten Fingerspitzen. » Es ist ganz einfach«, beharrte sie.
» Wintika«, flüsterte Nival. » Ich kannte dieses Wort. Ich habe es gekauft, du ahnst nicht, wie viel es gekostet hat … und wie enttäuscht wir waren, als Mora damit nichts anfangen konnte. Es war zu groß für sie, oder sie hat das mit der Aussprache nicht richtig hinbekommen.«
Linn wollte immer noch nicht so recht glauben, dass das, was sie getan hatte, etwas Besonderes war.
» Tödliche Verletzungen mit Drachenzunge zu heilen, das vermögen nur die besten Zauberer. Aber du hast es mit nichts als Staub getan. Mit … Abfall. Ob du es wahrhaben willst oder nicht, das ist außergewöhnlich.«
Ja, sie hatte es gewusst – irgendwie. Hatte es geahnt, als ihr der Sieg gegen Nat Kyah so erstaunlich leichtgefallen war, als das Schwert mit der Drachenschuppe seinen
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