Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
Kriege gestürzt«, sagte der König trotzig.
» Das war nicht die Frage. Nun?«
» Die dunklen Götter helfen ihren Dienern«, setzte Pivellius erneut an.
» Es ist die Macht der Drachen«, erklärte Rinek. » Es sind ihre Worte, die diese Macht in Kraft setzen. Glaubt mir, ich weiß das auch noch nicht lange. Ich hätte nie gedacht, dass ich magisches Talent besitze. Noch vor ein paar Jahren hätte mich das entsetzt, aber wenn die ganze Welt auseinanderbricht und keine Ordnung mehr zählt, ist man eher bereit, das Unglaubliche hinzunehmen.«
» Wenn alles von den Drachen kommt, wozu dann noch Talent?«
» Nicht jeder kann die Macht in die gewünschten Bahnen lenken«, sagte Rinek, » denn nicht jeder ist dafür empfänglich. Aber sehr viele sind es, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Natürlich kommt es auch darauf an, ob man es anwendet und dazulernt. Ohne die passenden Wörter und ohne die magische Kraft von Drachenschuppen nützt einem selbst das größte Talent nichts.«
» Es ist böse«, flüsterte der König.
» Es ist natürlich«, widersprach Rinek. » Die halbe Bevölkerung ist talentiert, habe ich mir sagen lassen. Dass man dazugehört, erkennt man daran, dass gewisse Wörter auf der Zunge brennen. Wörter wie Caness.«
» Nein! Nein! Meine Vorväter haben es verboten, sie hatten ihre Gründe dafür! Dieses Gesetz war die Grundlage des Friedens, es hat uns in ein neues Zeitalter geführt. Wir werden nicht zu jenen barbarischen Zeiten zurückkehren!«
» Aber …«
» Still!«, schrie der König. » Seid endlich still! Die Zauberer haben mir meine Frau genommen, ich werde ihnen nie verzeihen! Schweigt, ich will nichts mehr davon wissen!«
Man hörte ihn davonstapfen. Agga warf Rinek einen vorwurfsvollen Blick zu und eilte dem entthronten Monarchen nach.
» Wartet, bitte! Majestät, kommt mit mir, bitte! Wir gehen hoch in Euer Schloss und überwachen die Räumung, ja? Ihr kennt die Sachen, die von Wert sind, am besten, wir brauchen Euch, damit den Feinden nichts bleibt, worauf Ihr nicht verzichten mögt! Bitte, legt die Hand auf meinen Arm, damit ich spüren kann, dass Ihr noch da seid. Ja, so ist es gut. Kommt, hier die Stufen hinauf.«
Sie verschwand aus seinem Blickfeld. Rinek seufzte. Es gehörte nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen, sich mit der Obrigkeit anzulegen, und dennoch geschah es immer wieder.
» Ihr seid nicht zum Hauptmann geboren.« Okanion war aus seiner Nische aufgetaucht und lehnte am Felsen. » Ein Hauptmann vergisst nie, wem er dient, und er stellt die Anweisungen seines Herrn nicht in Frage. Befehle erteilt er seinen Untergebenen, nicht seinen Vorgesetzten.«
Rinek lachte leise. » Ich habe mich nicht um diesen Posten gerissen. Allerdings bezweifle ich, ob ein Haufen von Betrügern und Diebinnen Euch mit Kusshand gefolgt wäre. Die passen besser zu mir. Soll ich etwa darauf stolz sein? Jedenfalls ist es so.«
Okanion nickte. Seine zerstörte Gesichtshälfte lag im Schatten. Von hier aus war er zu Rineks Erstaunen sogar ein recht gut aussehender Mann.
» Wenn es zu einer Schlacht kommt, seid Ihr hoffentlich nicht zu stolz, um Rat anzunehmen.«
» Ihr meint, es wird auf eine Schlacht hinauslaufen? Wir sind nur ein paar Dutzend Leute, und da draußen sind Hunderte von Soldaten.«
» Genau das ist Euer Problem«, sagte Okanion, aber sein Gesicht verzog sich zu einem schiefen Lächeln. » Für Euch ist das alles immer noch ein Spiel. Rebellen, die sich Flüsterwespen nennen. Den Feind ärgern und in den Wahnsinn treiben. Goldene Vasen aus dem Schloss stehlen. Ihr seid kein Krieger, aber wir befinden uns hier im Krieg.«
Rinek erwiderte den Blick des Ritters. Ein Drachenjäger. Er hatte unglaubliche Geschichten über ihn gehört, über den Mann mit dem Narbengesicht.
» Ich bin kein Narr«, sagte er. » Ich weiß, wann es ernst wird. Ihr habt recht, von meinem Wesen her bin ich ein Spieler. Ich habe einen guten Schlag, aber ich bin ein Einzelkämpfer. Anführer zu sein ist für mich eine völlig neue Erfahrung – allerdings habe ich schon mal eine kleine Gefängnisrevolte angezettelt.«
» Wie ist die ausgegangen?«
» Oh, fragt lieber nicht. Fünf Männer, knapp vor dem Verhungern, gegen drei kräftige Wärter. Immerhin haben wir das Mitleid einer Dienstmagd erregen können.« In der Erinnerung an jene Begebenheit lächelte er. » Wir hatten nichts zu verlieren. Das ist nun anders.«
» Diese Stadt bedeutet Euch nicht mehr als eine Gefängniszelle,
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