Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
Uralte Worte auf der Zunge. Warum sollte nicht alles verzaubert sein, was es hier gibt? Ein wenig Illusion, ein Hauch Caness und ältere, stärkere Zauber, von denen Ihr nie etwas gehört habt. In Tijoa leben wir mit der Magie, statt sie zu fürchten.«
» Warum seid Ihr dann nicht zufrieden mit diesem wunderbaren Land?«
Er lehnte sich zurück in die Kissen. » Ist es so verwerflich, dass ich haben will, was mir gehört? Ich bin Larans Erbe.«
» Nein, das seid Ihr nicht. Schenn gehört Prinz Arian.«
» Was macht Euch da so sicher?«
» Ihr seid Tijoaner.« Sollte sie ihm erzählen, was sie von Gah Ran wusste – dass Laran ein Drache gewesen war? » Es sollte Euch reichen, König von Tijoa zu sein.« War es sein Zauber, der sie dazu brachte, so offen ihre Meinung kundzutun? Oder löste das prickelnde Getränk ihre Zunge? Sie setzte die Schale ab.
» Ich bin beides, meine Liebe. Ich stamme von zwei Königshäusern ab. Bor-Chain, dieser finstere Tyrann, den ihr Schenner so verabscheut, hatte eine liebliche Tochter. Ein Mädchen, sanft und still, stark und mutig, ein Mädchen, zart und süß, mit Haar wie Schnee, auf dem die Sonne glänzt. Sie war ein wenig wie Chamija – nur damit Ihr wisst, wie Ihr sie Euch vorstellen könnt –, lieblich, aber mit einem Willen wie ein sturer Ochse. Laran dagegen war das genaue Gegenteil. Sein Haar so schwarz wie Rabenfedern, er war schön und stolz, zum Kämpfen geboren, aber viel zu verwirrt, um zu wissen, wofür er kämpfen sollte. Er entbrannte in Liebe zu jeder schönen Frau, die ihm begegnete. Denkt an Arian, und Ihr habt ein recht gutes Bild von Laran. Leider malen uns die Überlieferungen kein tragisches Pärchen vor Augen, auch wenn sie beide auf unglückliche Weise zu Tode kamen. Zuvor jedoch hatte Bor Chains Tochter ihren Willen durchgesetzt und Larans Liebe errungen – wenn auch, das verdirbt zwar die Geschichte, doch bleiben wir bei der Wahrheit –, nur für einige wenige Nächte. Vielleicht sogar nur eine. Bevor sie starb – ihr ganzes Leben lang war sie sehr kränklich gewesen –, schenkte sie einem Kind das Leben, einem Sohn. Sein Name war Rean Tar.«
Unwillig schüttelte Linn den Kopf. » Eine rührende Geschichte, wenn sie denn wahr wäre. Mit Verlaub, aber Ihr bringt alles durcheinander. Prinz Rean Tar war der Sohn von Het Kijon, dem zweiten Kind des Heiligen Brahan, und er starb im Großen Krieg, gemeuchelt von Bor Chains Soldaten.«
» Seid Ihr sicher?«
» Natürlich bin ich das!«
» Vielleicht schoben sie dem jungen Onkel das Kind nur unter, um die peinliche Tatsache zu vertuschen, dass der untadelige Laran sich mit der Tochter des Feindes eingelassen hatte.«
» Selbst wenn! Sie waren nicht verheiratet, also wäre dieses Kind in der Erbfolge übergangen worden.«
» Verheiratet? Ach, wer fragt denn danach? Die Bräuche damals unterschieden sich von denen heutzutage. Das ist achthundert Jahre her.«
» Eben«, stimmte Linn zu. » Also, was wollt Ihr mit dieser Geschichte beweisen? Dass Ihr ein Anrecht auf beide Königreiche habt? Wobei ich, wie ich anmerken darf, immer noch nicht glaube, dass Ihr Larans Erbe seid. Warum wollt Ihr mich überhaupt davon überzeugen? Was interessiert Euch meine Meinung? Ihr werdet diesen Krieg ja doch führen.«
Er lächelte in sich hinein. » Eure Meinung, werte Linnia, war einmal ganze Königreiche wert. Warum habt Ihr Chamija den grünen Stein gegeben?«
» Obwohl ich herkommen und ihn Euch geben sollte?«
Scharech-Par seufzte und strich sich nachdenklich über das glatte Kinn. » Das hätte die Dinge sehr vereinfacht. Nun müssen wir einen Weg finden, ihr die Kette wieder abzunehmen. Ich habe da schon eine Idee … doch darüber sprechen wir ein anderes Mal. Ihr seid sicher müde. Herr Charrin wird Euch Euer Zimmer zeigen.«
Linn folgte dem grauhaarigen Mann durch verwinkelte Flure, über Gänge, in denen man aufpassen musste, nicht über die runden Balken zu stolpern, aus denen der Fußboden gefertigt war, bis zu dem von einem gefleckten Fell verhängten Eingang.
» Seid Ihr wirklich ein Botschafter?«, erkundigte sie sich, nachdem sie sich im Zimmer umgesehen hatte. Ein mit üppigen Fellen und Kissen bestücktes niedriges Bett. Eine Lampe, in der kein Öl brannte, sondern ein weiches Licht, das magischer Natur sein musste. An knorrigen Ästen hingen mehrere Gewänder, die ihr offenbar zur Verfügung standen. Ein Wasserbecken in der Mitte. Sie tauchte den Finger hinein und staunte dankbar darüber,
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