Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
der dem Körper einen Anstoß gibt, sich selbst zu heilen, ohne allzu stark in die normalen Vorgänge einzugreifen.«
» Ich weiß«, warf Rinek ein.
Mora schien ihn nicht zu hören. » Wärme ist wichtig.« Sie blickte sich in der zugigen Küche um. » Ich werde dir beibringen, wie du unseren Freunden da unten Wärme verschaffen kannst.« Kopfschüttelnd sortierte sie den Haufen Schuppen, den Rinek ihr gebracht hatte. » Wenn mir bloß früher so viel zur Verfügung gestanden hätte! Aber wir haben keine Zeit zum Lamentieren. Wie viele Männer sterben, um einen einzigen Drachen zu töten?«
» Viel zu viele«, antwortete er. » Zwei, drei Dutzend können es gewesen sein – und das war nur ein Kampf, den ich beobachtet habe. Diese Stadt blutet aus. Ich dachte schon …« Er zögerte.
» Dass wir uns ergeben sollten?«
» Ja«, sagte er, » genau das. Aber wer soll das tun? Chamija jedenfalls nicht. Der König, falls er noch lebt? Er ist niemand, der klein beigibt.«
Ihre Unruhe, ihre Eile waren ansteckend. Als ahnte sie, dass nicht mehr viel Zeit blieb. Dass etwas geschehen würde, etwas Unausweichliches. Sie fing an, ihm Dinge zu erklären, ließ ihn fremdartige Wörter wiederholen, bis er die Aussprache richtig hinbekam, vergaß ihn zwischendurch wieder, während er noch übte, beugte sich über eine Salbe, die sie anrührte, oder vertiefte sich in einen Zauber, den er nur über ihre Schulter hinweg beobachten durfte.
» Was genau tut Ihr da eigentlich?«, fragte er.
» Ich wirke einen Zauber«, erklärte Mora. » Einen, wie ich ihn noch nie versucht habe. Ich will, dass Chamija stirbt. Ich will, dass sie bezahlt für das, was sie uns allen angetan hat, und«, ihre Stimme wurde leiser, » für das, was sie Nival angetan hat. Sie hat sich abgesichert, das ist mir klar. Mit Wällen und Bannsprüchen gegen alle, die ihr schaden könnten. Man muss den Bann aufheben, verstehst du, selbst wenn man nicht weiß, wie er wirkt. Man muss etwas haben, wie einen Rammbock, mit dem man sämtliche Mauern zum Einsturz bringt. Ich konnte Nival nicht helfen, nicht gut genug. Aber jetzt habe ich so viele Schuppen wie nie zuvor. Jetzt werde ich ihr zeigen, was für eine Zauberin ich bin.« Sie murmelte weiter vor sich hin, bis es Rinek schließlich zu viel wurde. Es zog ihn nach draußen, hinaus in die Stadt, die ihre eigene Unruhe pflegte, eine Stadt wie im Fieber, die sich in Krämpfen schüttelte.
Auch hier hielt er es nicht lange aus. Straßen, in denen rauchschwarze Finsternis herrschte, wechselten sich mit Plätzen ab, wo aufgeräumt wurde, wo Laternen die Helfer in ein warmes Licht tauchten. Es war immer noch recht stürmisch, doch die Lampen schwankten nicht an ihren Haken. Die Schneeverwehungen an den Straßenecken glitzerten. Alles schien mit einem seltsamen Zauber belegt, der die Menschen dazu brachte, mit einer unnatürlichen Verbissenheit verkohlte Balken wegzuschleppen, Ziegel und Steine zusammenzuräumen, ohne zu klagen, ohne zu denken, vielleicht sogar, ohne irgendetwas zu fühlen.
Rinek fand das Stadttor offen. Tag und Nacht herrschte ein Kommen und Gehen zwischen Stadt und Schloss. Soldaten marschierten auf und ab. Jemand rief ihn an: » He, bleib, wo du bist!«
Er wandte sich dem Wächter zu, der ihn angesprochen hatte.
» Niemand verlässt Lanhannat«, sagte dieser. » Chamija verbietet es. Es sind schon zu viele geflohen, und die Menschen kommen bereits wieder von den Bergen herunter. Heute sind ein paar Hundert aus dem Gerin-Yan-Gebirge hier eingetroffen.«
» Warum das?«, fragte Rinek überrascht. » Alles scheint besser, als hier zu sein.«
» Nicht, seitdem unsere Pfeile die Drachen vom Himmel holen. Sie toben sich nun im Umland aus, dagegen ist es hier sogar relativ sicher. Die Flüchtlinge erzählen wilde Geschichten von Steinlawinen, die die Hänge herunterpoltern, von brennenden Dörfern. In den Bergen gibt es keine Drachenjäger, die unter dem Schutz der Königin stehen.«
Der Briner schüttelte den Kopf. » Königin nennt sie sich jetzt schon? Ich habe nicht mitbekommen, dass eine Krönung stattgefunden hätte.«
Der Mann senkt die Stimme. » Sie behauptet, der Prinz habe sie geehelicht, kurz vor seinem Verschwinden – aber bislang konnte das niemand bezeugen. Dafür sind ein paar Fürsten nicht mehr auffindbar, die natürlich bei einer solchen Zeremonie dabei gewesen wären. Also, guter Mann, bleib besser hier.«
Anscheinend hielt er Rinek für einen Bettler. Der im Schnee schleifende
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