Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
unterbrochen, der ihr höflich die Hand reichte. Sie errötete. Tanzen? Ich? Es war das erste Mal, dass sie jemand zum Tanz aufforderte.
»Nein, danke. Das ist nichts für mich«, wehrte sie ab.
»Ach, warum denn nicht? Komm. Nur Mut. Wir sind dem Tod entronnen, jetzt können wir uns doch auch mal amüsieren«, versuchte sie der Junge mit einem aufmunternden Lächeln im Gesicht umzustimmen.
»Nein, wirklich nicht. Ich kann nicht tanzen.«
Der Knappe zuckte die Achseln, verbeugte sich und hatte sich schon kurz darauf mit einem Mädchen aus der Stadt ins Tanzgetümmel gestürzt.
Nihal musste an Fen denken.
Wie oft hatte sie davon geträumt, einmal mit ihm zu tanzen. Sich in seinen Armen in einem langen Kleid durch einen Saal voller glitzernder Lichter zu drehen. Das war eine Vorstellung, die nicht mehr Wirklichkeit werden konnte, noch nicht einmal in ihren Tagträumen.
Sie wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. Solche Phantastereien musste sie sich verbieten: Weil sie ein Krieger war, spielte es keine Rolle mehr, dass sie eine Frau war. Sie war nur noch eine Waffe.
In der feiernden Menge erblickte sie Ido. In großen Schlucken trank er aus einem Pokal, scherzte mit den Soldaten und betrachtete zufrieden das fröhliche Durcheinander, das den Platz erobert hatte. Dieser Erfolg war sein Verdienst.
Der Gnom bemerkte sie und kam zu ihr. »Ich muss mit dir reden«, sagte er ihr ins Ohr und zog sie mit sich, etwas abseits, unter einen Laubengang.
Zunächst reichte er ihr den Pokal.
»Trink. Es bringt Unglück, einen Sieg nicht zu feiern.«
Nihal kostete von der unbekannten Flüssigkeit. Sie schmeckte lecker, brannte aber auf der Zunge und trieb ihr Tränen in die Augen.
Ido lachte. »Wie ich sehe, hast du noch nie Bier getrunken. Für uns Gnomen ist es das Lieblingsgetränk.«
Nihal gab ihm den Pokal zurück. »Nicht schlecht ...«
Ido nahm einen Schluck und wischte sich dann mit dem Handrücken über den Schnurrbart. »Warum schließt du dich von dem Fest aus?«
»Mir ist nicht nach Feiern zumute.«
»Das sehe ich.«
Ido nahm noch einen Schluck. »Ich habe dich im Kampf aufmerksam beobachtet ...« Nihal konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, sie rechnete damit, nun überschwängliches Lob zu hören zu bekommen.
»Und was ich da sah, hat mir nicht sehr gefallen.«
Das Lächeln auf ihren Lippen erlosch. »Wieso? Habe ich etwas falsch gemacht?« »Nein, nichts Bestimmtes. Es ist dein ganzes Verhalten in der Schlacht, das mir missfällt.«
»Das verstehe ich nicht ...«
»Nun, du stürzt dich wie von Sinnen ins Getümmel, mit dem einzigen Gedanken, alles zu zerstören, was sich dir in den Weg stellt. Für einen gemeinen Fußsoldaten mag das eine hinreichende Taktik sein. Aber ein Ritter kämpft anders.«
»Im Krieg kommt es doch darauf an, möglichst viele Feinde niederzuringen, oder etwa nicht? Und dabei lege ich mich eben richtig ins Zeug.«
Ido bot ihr noch einmal von dem Bier an. Nihal nahm einen großen Schluck und versuchte, den Arger und die Enttäuschung fortzuspülen, die die Worte ihres Lehrers in ihr hatten aufkommen lassen.
»In der Schlacht verhältst du dich wie ein Tier im Käfig, das um sich schlägt, um freizukommen. Du lässt dich hinreißen von deinem Körper, deinem Instinkt. Zudem schlägst du dich, als ob es auf dem Schlachtfeld nur dich allein gäbe. Aber so ist es nicht. Du musst stets wissen, wo die anderen sind und was sie gerade tun. Das ist besonders wichtig, wenn du später einmal Ritter bist. Denn dann hast du andere Soldaten zu führen und darfst nie den Überblick über die gesamte Gefechtslage verlieren. Und schließlich ist Kämpfen kein Vergnügen, Nihal, sondern eine Notwendigkeit «
»Aber ich kämpfe eben gern, was soll daran schlecht sein?«, stieß das Mädchen hervor. »Nein, ich kämpfe gern, und ich habe diesen Weg aus freien Stücken gewählt. Du aber tötest gern. Jetzt hör mir mal genau zu: In dieser Truppe ist kein Platz für Leute, die nach Blut dürsten. Wenn es dir nur darum geht, in der Schlacht deinen Hass auszuleben, brauchst du dir keine Hoffnungen zu machen, dass ich dich noch mal mitnehme. Verstanden?«
Nach diesen Worten zündete er sich seelenruhig seine Pfeife an, so als hätte er gerade nur ein wenig geplaudert.
Nihal spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieg. »Aber die Fammin haben meinen Vater getötet, Ido!«, schrie sie. »Und Fen! Und sie haben mein Volk ausgerottet! Wie sollte ich sie da nicht hassen?«
Ido ließ
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