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Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Wie konnte es dazu kommen, dass ich mich so weit von dem entfernt habe, was ich einmal war?
    Auch als sich Oarf jetzt ihrer streichelnden Hand entzog, vermochte Nihal in seinen Augen den Widerschein eines Gefühls zu erkennen, das Wohlbefinden sehr nahe kam. Später erzählte Nihal Ido von ihrem Erfolg.
    »Sehr gut, Nihal. Ich bin sehr zufrieden mit dir.«
    »Jetzt bringst du mir bei, wie man ihn reitet, nicht wahr?«
    Der Gnom stieß eine Rauchwolke aus. Er schien zu zögern.
    Nihal saß wie auf glühenden Kohlen. »Nun? Was ist?«
    Eine weitere Rauchwolke. Dann strich sich Ido nachdenklich über den Bart und nickte schließlich. »Ja, ich denke, es ist so weit. Drei Monate bist du nun hier: Wir haben lange genug gewartet.«
    Nihals Herz machte einen Freudensprung. Sie würde ihren Drachen reiten. Sie würde lernen, wie ein Ritter zu kämpfen. Das, wonach sie sich immer gesehnt hatte, würde Wirklichkeit werden.
    Ido konnte ihre Begeisterung nicht ganz teilen. Gewiss, er hatte Nihal ins Herz geschlossen. Und vor allen Dingen wollte er ihr helfen, Schmerz und Hass, die sie nicht losließen, zu überwinden. Aber er wusste auch: Würde ihm das nicht gelingen, müsste er es Nihal verwehren, ein Drachenritter zu werden. Solange sie so verschlossen und so ausschließlich auf ihre Rache konzentriert war, konnte sie dem Heer der freien Länder nicht von Nutzen zu sein.
    In ihrer Kampftechnik hatte Nihal große Fortschritte gemacht, doch in der Schlacht ließ sie sich immer noch von ihrem wilden Eifer blenden. Bis sie nicht gelernt hatte, dass sie nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere im Gefecht stand, würde sie immer ein Risiko bedeuten.
    Ido baute darauf, dass Nihal irgendwann ernsthaft damit beginnen würde, darauf zu hören, was er ihr predigte. Doch gleichzeitig spürte er, dass er jetzt schon eine Entscheidung treffen musste.
    In den nächsten beiden Wochen verbrachte Nihal jeden Nachmittag in der Arena. Sie redete mit Oarf, streichelte ihn, brachte ihn dann in die Stallungen zurück und kümmerte sich persönlich um seine Fütterung.
    Der Drache hatte sich an ihre Aufmerksamkeiten gewöhnt und ließ sie sich mit kaum verhohlenem Behagen gefallen: Dieses Mädchen, dieser zierliche Floh, begann, ihm ans Herz zu wachsen, auch wenn er dies nicht so offen zeigen mochte.
    Wie die Tage vergingen, wurde Nihal jedoch immer ungeduldiger, und jedes Mal, wenn sie den Gnom sah, bestürmte sie ihn aufs Neue.
    »Was hast du morgen vor?«
    »Wir haben eine Lagebesprechung beim Kommandanten.«
    »Ach, schon wieder?«
    »Ja, Nihal.«
    »Und übermorgen?«
    »Da muss ich in ein anderes Lager.«
    »Und wann bringst du mir das Reiten bei?«
    »Ich weiß es nicht, Nihal.«
    Ido war sehr beschäftigt. In Kürze sollte eine große Offensive beginnen, und der Gnom war mit der Ausarbeitung der Pläne betraut. In Anspruch genommen von Lagebesprechungen im großen Hauptlager und Zusammenkünften mit Generälen und Drachenrittern in den anderen Feldlagern, hatte er kaum einen Augenblick Zeit für sie. »Wenn du noch nicht einmal ein Stündchen für mich erübrigen kannst, dann probiere ich es eben alleine«, erklärte Nihal kühn, als sie eines Abends zusammen beim Essen saßen.
    Ido ließ den Löffel in die Schüssel fallen und blickte ihr fest in die Augen. »Komm bloß nicht auf dumme Gedanken! Drachenreiten ist alles andere als ein Kinderspiel.« »Das weiß ich, aber ...«
    »Schluss, ich will nichts mehr davon hören.«
    Doch die Idee war damit geboren, auch wenn sich Nihal bemühte, der Versuchung zu widerstehen. Sie vertraute Ido und bewunderte seine Ruhe, seine Sicherheit. Doch immer häufiger fragte sie sich: Wozu noch länger warten? Sie hatte doch eine Mission zu erfüllen. Dort tatenlos herumzusitzen war reine Zeitverschwendung.
    Eines Morgens ging Nihal früher als gewöhnlich in die Arena hinüber. Über den Grund dazu war sie sich nicht genau im Klaren, doch sie hatte eben gleich beim Aufwachen das Verlangen verspürt, unverzüglich zu Oarf zu laufen. Es war ein strenger Wintertag, und die Kälte kroch ihr in die Glieder. Nihal mummelte sich fester in ihren Umhang ein und setzte sich auf eine Bank in den Rängen und wartete.
    Nicht lange, und in Begleitung eines Stallburschen sah sie Oarfs mächtige Gestalt, majestätisch einherschreitend, langsam aus dem Dunst auftauchen.
    Sie stellte sich vor, wie der Morgen verlaufen würde: die üblichen Worte, die üblichen Gesten, der übliche Rückweg zu den Stallungen und

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