Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
klarer machen soll, Nihal: Was du hier an den Tag legst, ist kein Mut, sondern Dummheit. Und bis morgen wirst du hier drinnen bleiben.«
Als er sie fertig versorgt hatte, ließ der Gnom sie allein und schlug die Tür hinter sich zu. Nihal blieb am Boden liegen. Sie war furchtbar wütend.
Auf sich selbst, denn sie wusste, dass sie im Unrecht war. Und auf Ido, weil er es ihr unter die Nase gerieben hatte.
Am folgenden Morgen holte Ido sie persönlich aus dem Kerker ab.
Nihal hatte eine entsetzliche Nacht hinter sich.
Sie hatte im Halbschlaf gelegen, in jenem Zustand also, da der Geist bereits wach ist, der Körper ihm aber noch nicht gehorcht, als sich ihre Zelle mit ätherischen Wesen bevölkerte.
Nihal war wie gelähmt und konnte den Blick nicht abwenden von diesen Gestalten, die voller Blut waren, von Pfeilen durchbohrt, verstümmelt, die sie flüsternd aufforderten, ihre Qualen zu rächen. Sie versuchte zu schreien, doch kein Laut entwich ihrer Kehle. Auch die Augen zu schließen, die weit aufgerissen ins Dunkel starrten, gelang ihr nicht. Und an allem war Ido schuld.
Er hatte sie dort drinnen eingesperrt, wo es nichts gab, kein normales Wesen, das sie aus ihren Albträumen hätte reißen können.
Er war es, der sie daran hinderte, ihren Racheschwur in die Tat umzusetzen, indem er ihr lange Vorträge hielt über die Liebe zum Leben, über Angst, über die Gründe, die einen Krieg rechtfertigen konnten.
Aber sie war nicht wie die anderen.
Sie war kein normales Mädchen.
Und sie war auch kein gewöhnlicher Krieger.
Nein, sie war eine Waffe in den Händen der Opfer.
Ido hielt ihrem Blick stand, der voller Groll war. »Du hast es nicht anders verdient, Nihal. Und das weißt du.«
Das waren die einzigen Worte, die sie an diesem Tag wechselten.
Nihal hatte sich um Vesa zu kümmern und die Waffen des Gnomen instand zu halten. Sie trainierten auch nicht, und es war ihr untersagt, Oarf aufzusuchen.
20. Kopflos
Im Versammlungssaal des Rates herrschte eine angespannte Atmosphäre. Mit ernsten Mienen lauschten die neun Magier auf ihren Steinsesseln Dagons Worten. »Die Lage entwickelt sich ganz und gar nicht in unserem Sinne, Sennar. Wie viele Geländeverluste haben wir in letzter Zeit hinnehmen müssen? Viel zu viele, und das weißt du: Unsere weiche Flanke ist das Land des Windes. Ich will dir keinen Vorwurf daraus machen, dein Auftreten ist aller Ehren wert, und du erweist dich durchaus auf der Höhe dessen, was ich dir beigebracht habe ...« Sennar wusste, dass der Ratsälteste als Einziger so dachte, und fühlte sich von feindseligen Blicken umgeben. »Doch die Heere des Tyrannen haben jetzt bereits fünf Länder der Aufgetauchten Welt in ihrer Gewalt, und in jedem einzelnen wird unaufhörlich neues Kriegsgerät und Nachschub an kriegswichtigem Material produziert. Unsere Truppen sind ihnen zahlenmäßig einfach unterlegen, vor allem an Drachenrittern herrscht in unseren Reihen akuter Mangel. Das heißt, es muss etwas geschehen. Wir müssen eine Lösung finden.« Dagon hatte zu Ende gesprochen und nahm wieder Platz.
Im Ratssaal machte sich Schweigen breit.
Nun war es an Sennar, auf diese Rede zu antworten. Er erhob sich. Was er zu sagen hatte, gefiel ihm selbst nicht. Und als er zu reden anhob, bebte seine Stimme. »Dagon, hohe Mitglieder dieses Rates ... Ja, es stimmt, die Lage ist dramatisch.
Die Werkstätten des Tyrannen liefern unausgesetzt neue Krieger, die in die Schlacht geworfen werden. Im Land des Windes haben wir bislang unbekannte Bestien im Einsatz gesehen, eine neue Art Feuervögel, die häufig von winzigen Fammin geritten werden. Dem haben wir nichts entgegenzusetzen, weder Männer noch Gnomen. Gerade in letzter Zeit sind unsere Verluste besonders hoch, die Moral der Truppen ist am Boden. Und ich muss zugeben: Auch ich selbst weiß mir oft keinen Rat mehr.« Hier und da begleitete ein gemeines Lächeln diese letzte Bemerkung, doch Sennar fuhr fort: »Immer mehr unserer Soldaten lassen auf den Schlachtfeldern ihr Leben, wie in einem Teufelskreis lichten sich die Reihen. Gewiss, ich könnte noch mehr Truppen verlangen, aber das wäre keine Lösung. Nein, wir haben es mit einem schier übermächtigen Feind zu tun. Ihr Feldherr, Dola, ist nicht nur ein kaum besiegbarer Krieger, sondern auch ein gerissener Stratege « Sennar rieb sich die Augen. In Erwartung dieser Versammlung hatte er in der letzten Nacht kaum Schlaf gefunden. »Mit seinen Angriffen geht es ihm im Moment darum, auch das Land
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