Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
zum Schluss die übliche Schubkarre mit dem frischen Fleisch.
Und wenn ich heute...
Oarf kam immer näher heran.
Nein, Nihal, vergiss es. Ido würde toben vor Wut.
Oarf war schon ganz nahe.
Andererseits . . .
Nihal spürte, dass ihr ganzer Körper danach verlangte, sich über diesen Nebel zu erheben und in die Ferne zu fliegen.
Nein, das geht nicht. Ich weiß ja gar nicht, wie ich es anstellen soll.
Doch schon flüsterte ihr ein Stimmchen ein, dass es so kompliziert nun auch wiederum nicht sein könne: Schließlich war sie schon mehrmals auf einem Drachen geritten. Nicht allein, gewiss, doch letztendlich mochte das kein so großer Unterschied sein. Oarf stand jetzt vor ihr und beugte sein mächtiges Haupt.
»Wie geht's heute?«, fragte Nihal, während sie ihm übers Maul strich. Der Atem des Drachen wärmte ihre eiskalten Hände.
Nihal begann, ihn zu streicheln. Nach zwei Monaten zähen Kampfes mit zahlreichen Anläufen und Fehlschlägen hatten Oarf und sie schließlich doch zueinander gefunden. Und nun waren sie beide bereit für den nächsten Schritt.
»Was hältst du davon, ein wenig zu fliegen?«
Der Drache blickte sie aus seinen roten Augen an und zog dann sein Maul aus ihren Händen zurück.
Vielleicht will er jetzt nicht, aber das ist ganz normal. Wenn ich erst mal auf seinem Rücken sitze, wird es ihm schon recht sein.
»Lass mich aufsteigen, Oarf.«
Oarf antwortete mit einem Grummeln und zog sich noch ein Stück weiter von ihr zurück.
Doch Nihals Entschluss stand nunmehr fest: Heute würde sie ihn reiten, komme, was wolle. Sie hob ihre Stimme: »Bleib stehen«, doch Oarf beschleunigte seine Schritte. Ohne lange zu überlegen, rannte Nihal ihm nach, erreichte ihn, sprang hoch, klammerte sich an seiner Flanke fest und kletterte behände auf seinen Rücken.
Es war schon unglaublich, dass es ihr, die noch nie allein einen Drachen bestiegen hatte, schon im ersten Anlauf geglückt war, auf seinen Rücken zu gelangen. Doch Oarf war es alles andere als recht. Er wurde zornig und begann, sich heftig aufzubäumen. Nihal ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und klammerte sich am Hals des Tieres fest, während Oarf immer heftiger reagierte und zu brüllen begann, um sie abzuschrecken. Doch das Mädchen ließ nicht locker.
Der Drache konnte es nicht fassen, was sich dieses Würmchen herausnahm, und war wütend und verwundert zugleich. Er wandte ihr das Maul zu und brüllte so laut er konnte, doch sie fühlte sich ganz in ihrem Element: »Tut mir Leid, mein Freund, aber du wirst wohl klein beigeben müssen.«
In diesem Moment geschah es: Oarf hob ab.
Seine weiten Flügel schwingend, begann er aufzusteigen, himmelwärts, immer höher, immer höher. Der heftige Wind, der Nihal ins Gesicht blies, war bald so stark, dass sie kaum noch atmen konnte. Sie schloss die Augen. Ja, sie hatte Angst. Und wie! Dann aber wurde sie gewahr, dass sie tatsächlich flog. Sie flog. Auf dem Rücken eines Drachen! Ihres Drachen.
Sie öffnete die Augen und begann vor Freude zu jauchzen. Nun, da sie wie ein Geschoss die Wolken durchflog und immer weiter aufstieg, fühlte sie sich so mächtig wie eine Gottheit.
Mit aller Kraft hielt sie sich fest und blickte hinunter.
Sie hatten bereits eine schwindelerregende Höhe erreicht: Die Kronen der Bäume um das Lager herum lagen weit, weit unter ihr und ragten wie Inseln in einem milchigen Meer aus dem Nebel heraus.
Es war wunderschön und furchterregend zugleich.
Und es dauerte nur einen Moment.
Plötzlich schien Oarf in der Luft anzuhalten. Seine Flügel erstarrten, und schon im nächsten Augenblick ließ er sich wie ein Stein in die Tiefe fallen.
Fielen sie zunächst noch langsam, ging es bald immer rasanter hinab, während Bäume, Gebäude, Wiesen und der Erdboden bedrohlich näher kamen.
Um dem Sog zu widerstehen, der sie fortreißen wollte, schlang Nihal die Arme noch fester um Oarfs Hals. Panik ergriff sie. »Ich vertraue dir! Ich vertraue dir«, schrie sie dem Drachen zu.
Tatsächlich aber vertraute sie ihm keineswegs. Der Erdboden war schon ganz nahe, der Aufprall scheinbar unvermeidlich.
Nihal schrie aus Leibeskräften.
Und als die Erde bereits nur noch darauf zu warten schien, dass sie an ihr zerschellten, erhob sich Oarf plötzlich wieder in die Lüfte, segelte dicht über das Hauptlager hinweg und streifte die Dächer, so dass die Menschen darunter erschrocken in alle Richtungen auseinander stoben.
Unter ihren Beinen, die sich krampfhaft in Oarfs Flanken
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