Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
festen Muskeln ihrer Beine, ihren flachen Bauch, die durch Training und Schlachten gestählten Arme. Und sie wunderte sich, dass ihr Körper so schnell gewachsen war, fast unbemerkt, und sie zu einer Frau gemacht hatte: Sie hatte schöne weibliche Rundungen, mit vielleicht ein wenig zu üppigen, aber wohlgeformten Brüsten. Sie trat näher an ihr Spiegelbild heran. Meine Augen sind tu groß. Doch die Farbe gefiel ihr, dieses intensive, dunkle Violett. Sie versuchte zu lächeln, doch die Spur von Traurigkeit in ihrem Blick wollte nicht weichen.
Sie streckte ein Bein aus und tauchte einen Zeh ins Wasser: Es war angenehm warm. So stieg sie in die Wanne und überließ sich dem wohligen Gefühl der Wärme, das sie langsam umfing. Zum Schluss tauchte sie auch den Kopf unter Wasser. Ihr blaues Haar trieb schaukelnd um ihr Gesicht. Vielleicht war dies das Leben.
Eleusi staunte, als sie Nihals Bitte vernahm. »Ich soll dir ein Kleid leihen? Natürlich, warum nicht? Aber deine eigenen Kleider sind auch gewaschen ...«
Nihal errötete bis zu ihren spitzen Ohren. »Nein ..., es ist nur, weil ..., ach, ich würde gern einmal ein richtiges Kleid tragen, wie eine Frau eben ...«
Eleusi bedachte sie mit einem begeisterten Lächeln. »Aber gewiss. Ein richtiges Frauenkleid!«
Sogleich trat sie zu einer Truhe und entnahm ihr eines ihrer besten Kleider, jenes, das sie immer trug, wenn sie mit ihrem Ehemann zum Dorffest ging. Sie half Nihal, es anzuziehen: Das Mädchen wusste noch nicht einmal, wie die Bänder des Mieders zu schnüren waren. Die Kampfmontur, die sie bis dahin getragen hatte, war sehr viel unkomplizierter: Da schlüpfte sie nur in das Leibchen, zog seitlich die Riemen ihres Beinkleides fest und war fertig. Zu diesem Kleid aber gehörten Korsett, Unterrock, Rock, Schürze die Teile, die da anzuziehen waren, schienen kein Ende nehmen zu wollen.
Als Nihal sich schließlich im Spiegel betrachtete, war ihr ganz eigenartig zumute: Sie hätte nicht sagen können, ob sie sich so gefiel.
»Nun, was ist?«, fragte Eleusi zufrieden.
»Mir ist ein wenig kalt an den Beinen. Und dieser Rock ist schon ziemlich schwer. Ich kann mich ja kaum darin bewegen.«
Eleusi lachte auf. »Ach, Nihal, das ist nur eine Frage der Gewohnheit. Glaub mir, daran gewöhnt man sich.«
An jenem Tag wollte Nihal Jona eine Freude machen.
Neben ihm auf der Bank vor dem Haus sitzend, mit dem Rücken an die Wand gelehnt und die bleiche Wintersonne genießend, zeigte sie ihm einige Zauberkunststücke,die sie in früheren Jahren gelernt hatte. Sie ließ ein paar hübsche bunte Blitze zucken, setzte mit einem Fingerschnipsen einen trockenen Zweig in Brand und ließ zum Schluss noch eine glitzernde Leuchtkugel entstehen. Sie hielt sie eine Weile in Händen und reichte sie dann an Jona weiter.
»ist die schön! Ist die schön!«, rief er immer wieder, außer sich vor Freude. Während sie so mit Jona spielte, verspürte Nihal plötzlich eine brennende Sehnsucht nach Sennar: Hätte er sie doch so sehen können, wie eine richtige Frau gekleidet und ins Spiel mit einem kleinen Jungen vertieft! Sicher hätte er sie ein wenig geneckt. Aber es hätte ihm auch gefallen. Aus tiefstem Herzen flehte sie, dass er heil und gesund zurückkehren möge. Nun, da er nicht mehr da war, wurde ihr erst bewusst, wie sehr sie ihn brauchte. Wie viel er ihr bedeutete.
Als Jona abends im Bett lag, saßen Nihal und Eleusi noch vor dem Feuer zusammen, das Mädchen auf dem Boden und in die Flammen blickend, die Frau in einem Schaukelstuhl und mit einer Stickarbeit beschäftigt.
Es war Eleusi, die irgendwann das Schweigen unterbrach. »Hast du dich entschieden, was du tun willst?«
»Ja«, antwortete Nihal, indem sie sich den Rock glatt strich und über den weichen, verglichen mit dem Leder ihrer Kampfmontur so leichten Stoff streichelte. »Und ...?«, fragte Eleusi zögernd.
»Ich bleibe noch ein wenig.«
Eleusi legte ihre Stickarbeit zur Seite, trat auf sie zu und drückte sie lächelnd an sich.
22. Abschied
Durch Eleusis Pflege und ihre eigenen Zauber war Nihal bald ganz wiederhergestellt und wollte sich endlich auch nützlich machen. Der Winter wurde immer härter, und um der Familie nicht zur Last zu fallen, bestand sie darauf, dass Eleusi irgendeine Aufgabe für sie fände, merkte aber schnell, dass sie eigentlich nichts so richtig konnte. Einmal zeigte ihr Eleusi, wie man einen Brotteig zubereitet.
»Du machst alles ganz allein, ich sage dir nur, wie du vorgehen
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