Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
Kampfmontur anhatte, und das Nachthemd, das sie trug, fiel ihr bis auf die Knöchel. Lange stand sie so da und betrachtete sich verwundert. »Was ist los mit dir, Nihal?«
»Nichts, nichts, aber ...«, und Nihal errötete, als sie gestand: »... es ist das erste Mal, dass ich mich in einem Rock sehe ...«
Eleusi riss verwundert die Augen auf. »Ja, wie alt bist du denn?«
»Ich werde achtzehn«, murmelte Nihal.
»Und du hast dich nie wie eine Frau gekleidet?«
»Ehrlich gesagt ..., nein!«
Die beiden Frauen blickten sich einen Augenblick an und brachen dann in Gelächter aus.
Nihal bestand darauf, draußen ein wenig frische Luft zu schnappen. Die Erde lag noch unter einer dicken, weichen Schneedecke. Sie ließ sich in die Stiefel helfen, hüllte sich in ihren Mantel und verließ das Haus, während Eleusi und Jona sie von der Schwelle aus beobachteten.
Sie ging ein wenig hin und her und setzte dabei die Krücken übermütig im Schnee auf. Aber sie war immer noch schwach auf den Beinen, und so dauerte es nicht lange, bis sie mit dem Gesicht voran in den Schnee fiel. Die Kälte kniff ihr in die Haut und weckte sie aus der Trägheit der vergangenen, im Bett zugebrachten Tage. Lachend rappelte sie sich auf und steckte mit ihrer Fröhlichkeit auch Jona an, der sich sogleich auf sie stürzte und sie jauchzend mit Schnee bewarf.
Eleusi sah ihnen eine Weile lächelnd zu. »Jetzt reicht's aber, ihr beiden«, rief sie irgendwann, »Jona, komm rein. Und du auch, Nihal, sonst holst du dir noch eine Erkältung.«
Das Mädchen blickte hinauf zum kristallklaren Himmel. »Wo ich geboren wurde, gab es nie Schnee. Es ist einfach herrlich.«
Den ganzen Tag lang übte sich Nihal im Krückenlaufen.
Eleusi mahnte sie, langsam zu machen, doch sie dachte überhaupt nicht daran. Nach dem tagelangen Liegen begeisterte es sie geradezu, sich endlich wieder bewegen zu können. Sie fühlte sich herrlich lebendig.
Sie war jetzt auch in der Lage, in den großen Wohnraum des Hauses umzuziehen, damit Eleusi ihr Bett wieder in Besitz nehmen konnte. Die Frau füllte einen großen Jutesack mit Stroh, bezog ihn dann mit frisch gewaschenen Betttüchern, legte zwei dicke Wolldecken darüber und postierte das Ganze direkt vor dem Kamin: Für ein improvisiertes Lager war es außerordentlich bequem, und Nihal fühlte sich sogleich wohl darin.
Zu Abend aß sie mit ihren beiden Gastgebern am Tisch und nach dem Essen sah sie Eleusi beim Weben zu.
Sie hatte noch nie einen solchen Webrahmen gesehen. Er war riesengroß und ganz aus Holz, und gebannt verfolgte sie, wie Eleusi mit raschen, geübten Bewegungen das Schiffchen von einer Kettenseite zur anderen laufen ließ.
Später half ihr Eleusi, sich niederzulegen. »Du bist ein wirklich ungewöhnliches Mädchen. Du hast noch nie einen Rock getragen, hast keine Ahnung vom Weben, trägst dein Haar kurz und kannst mit einem Schwert umgehen. Es würde mich ja schon interessieren, woher du kommst ... einfach nur so, aus reiner Neugier ...« Eleusi bedachte sie mit einem aufrichtigen Lächeln. »Aber wenn du nicht darüber sprechen willst, kann ich das auch verstehen. Wirklich.«
Auf ihrem Lager sitzend, betrachtete Nihal die langsam erlöschende Glut im Kamin. Wie gern hätte sie sich noch länger diesem Frieden überlassen! Andererseits war diese Frau so nett zu ihr, dass sie auch ein Recht hatte zu erfahren, wen sie da überhaupt in ihrem Haus beherbergte. Sie atmete einmal tief durch und erklärte dann: »Ich bin ein Krieger, Eleusi. Ich komme aus dem großen Hauptlager hinter dem Bergkamm. Vielleicht hast du schon mal davon gehört.«
»Bist du desertiert?«, fragte Eleusi leise.
Nihal lachte auf. »Desertiert? Wie kommst du denn darauf?«
»Nun ..., es ist doch seltsam, dass man einen verwundeten Krieger ziehen lässt, ohne ihn zuvor gesund zu pflegen ...«
Mit einem Male wirkte Eleusi verunsichert.
»Nein, ich bin nicht desertiert«, antwortete Nihal. »Mein Vorgesetzter hat mir Urlaub gegeben, und ich bin dann kurz entschlossen aufgebrochen, ohne vollständig wiederhergestellt zu sein. So einfach ist das.«
Eleusi schien beruhigt. »Dann warst du wohl unterwegs zu deiner Familie, als du Jona trafst!«
»Nein«, antwortete Nihal in ruhigem Ton. »Ich habe keine Familie.«
Es entstand ein kurzes Schweigen. Nihal blickte Eleusi in die Augen. Ich muss es ihr sagen. Ich muss!
»Da ist noch etwas, was du wissen solltest.« Nihal fasste sich ein Herz. »Ich ... ich bin eine Halbelfe.«
Eleusi
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