Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
Klingenspitze an die Kehle setzte, sah er seinen Tod besiegelt.
Aires blickte ihn lange, nach der Anstrengung keuchend, an und steckte dann ihr Schwert zurück. »Du bist zu schön, um dir die Kehle durchzuschneiden«, erklärte sie schlicht, kehrte ihm dann den Rücken zu und schwang sich auf ihr Schiff zurück. Benares sah den roten, sich entfernenden Segeln nach und wusste, dass er die Frau seines Lebens gefunden hatte.
Er nahm seinen Abschied und heuerte auf einem Piratenschiff an. Kühn und skrupellos, wie er war, machte er sich schnell einen Namen. In den Hafentavernen, wo die Seeräuber tranken, erzählte man sich von seinen Taten, und sein Ruf als gefürchteter Schwertfechter verbreitete sich rasch.
Aires hatte immer schon alle Herausforderungen geliebt. Mehr als einmal hatte sie ihren Vater dazu verleitet, Schiffe anzugreifen, auf die andere Piraten bereits ein Auge geworfen hatten, nur weil sie sich mit anderen Seeräubern messen wollte. So war es auch mit Benares. Nachdem sie sich über Monate verfolgt und voreinander Reißaus genommen hatten, trafen sie sich auf dem Deck einer Galeone wieder, die sie beide gleichzeitig angegriffen hatten.
Es kam zu einem bizarren Duell. Auf sein ganzes Repertoire als Verführer zurückgreifend, erklärte er ihr zwischen Paraden und Angriffen, wie sehr er sie begehrte. Sie antwortete mit all ihrem Spott, der noch schärfer war als ihr Schwert, und machte sich über sein romantisches Gesäusel lustig. Doch irgendwann stand sie mit dem Rücken zur Wand, und da halfen ihr auch Worte nicht mehr. Zum ersten Mal in ihrem Leben war es einem Mann gelungen, sie zu besiegen. »Sag mir, dass du mich liebst, und ich schenke dir das Leben«, raunte Benares, nur einen Hauch von ihrem Gesicht entfernt.
»Lieber lass ich mich abstechen«, erwiderte sie immer noch spöttisch.
»Wie du willst«, sagte Benares lächelnd, »aber erst hiernach ...«
Damit packte er sie im Nacken und küsste sie voller Leidenschaft. Und ganz unerwartet erwiderte sie den Kuss mit der gleichen Hingabe.
Seit diesem Zeitpunkt gehörten sie einander. Wären sie wieder in die Lage gekommen, sich eine Beute streitig zu machen, hätten sie wohl nicht gezögert, sich gegenseitig an die Kehle zu gehen. Und dennoch liebten sie sich. Es war eine Leidenschaft, die aus flüchtigen, zufälligen Begegnungen bestand, auf See oder in den Häfen, in denen sie vor Anker lagen. Rool aber ging die Sache gegen den Strich. Der Kapitän war ein blutrünstiger, erbarmungsloser Pirat, doch für sein »kleines Mädchen«, wie er Aires weiter beharrlich nannte, wollte er nur das Beste und erklärte immer wieder, nur ein Mann, der stärker sei als er selbst, sei seiner Tochter würdig. In seinen Augen war Benares ein eitler Tor, und die Leidenschaft seiner Tochter nicht mehr als eine kindliche Laune.
Irgendwann jedoch musste er seine Meinung ändern, und die ganze Besatzung ebenso.
Seit der König im Land des Meeres seinen Kreuzzug gegen das Piratenunwesen begonnen hatte, stand Rool ganz oben auf seiner schwarzen Liste. Auf den Kopf des Seeräubers war eine Belohnung ausgesetzt, nach der sich viele die Finger leckten.
Deswegen aber hatte sich der Kapitän nie graue Haare wachsen lassen. Aber so war er eben: stolz, unerschrocken und gleichgültig allem gegenüber, was nicht mit dem Meer, seinem geliebten Schiff oder Aires zu tun hatte.
Gefasst wurde er außerhalb seines Elements: auf dem Festland, wo er in einer Taverne gut gelaunt dem Schnaps zusprach. Bei dem Handgemenge wurde sein Zechkumpan getötet, während man ihn in Ketten aus der Hafenschenke schleifte. Man brachte ihn in ein geheimes Versteck im Hinterland, wo man ihn eine Weile festzuhalten gedachte, bis sich die Lage etwas beruhigt haben würde. Dann würde man Rool der Miliz des Königs ausliefern. Welches Schicksal ihn erwarten würde, war nicht schwer zu erraten: Mit einem Strick um den Hals sollte er auf dem zentralen Platz der Hauptstadt baumeln und der ganzen Freibeuterschar als abschreckende Warnung dienen.
Als die Nachricht von seiner Entführung das Schiff erreichte, war auch die so unbeirrbare Aires einen Moment lang erschüttert. Es war klar, dass dahinter ein bekannter Kopfgeldjäger, ein gewisser Mauthar, steckte. Dieser hatte seine Laufbahn als Meuchelmörder begonnen, für jedermann, der ihm genug für die Tat bezahlte. Bei der Erledigung eines Auftrags wurde er gefasst, und im Tausch für sein Leben bot man ihm an, umzusatteln und als Kopfgeldjäger
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